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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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gerade jemand an der Tür.« Ihre Stimme klang plötzlich gedämpft und weit weg, sie hatte die Hand über die Muschel gelegt. »Ich sehe mal, was ich tun kann; lasst mir ein bisschen Zeit, okay? Wann ist der Soundcheck? So früh? Okay, klar.« Dann wieder zu mir: »Wie du merkst, habe ich hier nicht viel Privatsphäre.«
    »Davon habe ich reichlich in letzter Zeit.«
    »Ich bin richtig neidisch.«
    »Wirklich?«
    »Ja«, sagte sie. »Wir sind beide gerne allein, nicht wahr?«
    »Das kannst du jederzeit wieder haben.«
    »Ich kann die Leute ja nicht einfach im Stich lassen.«
    »Nein«, sagte ich. »Wie Richard Nixon sagte: Das wäre nicht recht.«
    »Ich meine, ich, wenn es irgendwie problemlos, wenn es dich wirklich glücklich machen würde, dann würde ich es tun.«
    »Das würde deinen Ruf ruinieren.«
    »Gut war's sicher nicht.«
    »Du hast doch deine Pflichten«, sagte ich. »Nun mach dir mal keine Gedanken.« Warum ist Sheridan so fröhlich, verdammt noch mal?
    »Alex, wenn ich mal eine Minute lang durchatmen kann, denke ich immer an dich, und ich frage mich, ob ich das Richtige getan habe. Und dann überlege ich mir tausend Dinge, die ich dir sagen will, und wenn wir dann endlich reden können… dann läuft es scheinbar nie so, wie ich es mir gedacht habe.«
    »Der Stress wächst mit der Entfernung, wie?«
    »Nicht bei mir.«
    »Dann liegt es wohl an mir«, sagte ich. »Ich kann wahrscheinlich nicht so toll mit der Trennung umgehen. Hab mich nie daran gewöhnen könne n.«
    »Gewöhnen?«, fragte sie. »Redest du von deinen Eltern?« Meine Eltern waren das Letzte, woran ich in diesem Moment gedacht hätte. Jetzt kamen die bösen alten Erinnerungen hoch:
    das langsame Dahinsiechen der beiden Menschen, die mich in diese Welt gebracht hatten, das Wachen am Krankenbett, dann die zwei Beerdigungen innerhalb von zwei Jahren.
    »Alex?«
    »Nein«, sagte ich. »Das war ganz allgemein gesprochen.«
    »Du klingst, als hättest du was«, sagte sie. »Ich wollte dich nicht…«
    »Du hast doch gar nichts getan.«
    »Was hast du damit gemeint, dass du dich nie an die Trennung gewöhnt hast?«
    »Das war nur so dahergesagt.«
    »Willst du sagen, dass du dich auch dann im Stich gelassen gefühlt hast, als wir zusammen waren? Dass ich dich vernachlässigt habe? Ich habe nämlich…«
    »Nein«, sagte ich. »Du warst immer für mich da.« Außer in der Zeit, als du wegwarst. Außer in der Zeit, als du dir einen anderen Mann gesucht hattest und »Es war wirklich nur so dahergeredet, Rob. Daran kannst du nur sehen, wie sehr du mir fehlst.«
    »Alex, wenn es wirklich so schlimm für dich ist, komme ich heim.«
    »Nein«, sagte ich. »Ich bin ein großer Junge. Es wäre nicht gut für dich. Weder für dich noch für mich.«
    Und ich habe auch alle Hände voll zu tun. Diverse kleine Nebenjobs von der Art, die du so hasst.
    »Das stimmt«, sagte sie. »Aber du musst nur ein Wort sagen, und ich…«
    »Das Wort heißt: Ich liebe dich.«
    »Das sind drei Wörter.«
    »Ganz schön pingelig.«
    Sie lachte. Endlich. Ich ließ noch ein paar Nettigkeiten vom Stapel, und sie revanchierte sich. Bevor wir auflegten, klang sie schon wieder ganz okay, und ich hatte wohl auch eine überzeugende Show abgezogen.
    Milo hatte behauptet, Zeit für sich zu brauchen, doch ich hatte eher den Verdacht, dass er ein wenig in den dunkleren Ecken des Polizeiapparats von L. A. herumschnüffeln wollte. Falls der angebliche Anruf aus der Personalabteilung und/oder die Begegnung mit dem Strahlemann Paris Bartlett etwas damit zu tun hatte, dass Milo begonnen hatte, den Ingalls-Fall wieder aufzuwärmen, dann bedeutete das, dass jemand ihm -unsgefolgt war, dass wir beobachtet wurden.
    Mit dem Gedanken, dass Marlene Baldassar die undichte Stelle war, konnte ich mich nicht so recht anfreunden, und ich dachte darüber nach, welche Spuren wir bislang hinterlassen hatten. Meine Soloaktivitäten hatten in dem Anruf bei Larry Daschoff, dem Essen mit Allison Gwynn und der Arbeit am Computer der Forschungsbibliothek bestanden. Es war unwahrscheinlich, dass irgendetwas davon unerwünschte Aufmerksamkeit erregt hatte. Gemeinsam hatten Milo und ich Marge Schwinn, Baldassar und Georgie Nemerov befragt. Ich hielt es für denkbar, dass eine der beiden Frauen das Gespräch mit uns gemeldet hatte; aber keine der beiden schien uns feindlich gesinnt, warum hätten sie sich also die Mühe machen sollen?
    Nemerov dagegen war ziemlich unruhig geworden, als er über den Mord an seinem

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