Das Buch der Toten
Kuckuck…«
»Vielleicht sollten wir mal die Zulassung überprüfen lassen«, schlug ich vor.
»Das ist illegal, solange ich im Urlaub bin. polizeiliche Privilegien zu privaten Zwecken nutzen ist ganz, ganz böse.«
»John G. wäre gar nicht begeistert.«
»Absolut nicht.« Er rief die Zulassungsstelle an, gab die Nummer durch, wartete einen Moment und schrieb dann etwas auf. »Die Nummernschilder gehören zu einem zwei Jahre alten Jeep, so weit ist also alles koscher. Zugelassen auf die Playa del Sol Corporation. Die Adresse ist hier in West Hollywood und ich weiß auch, wo. Der Parkplatz von dem Bio-Supermarkt am Santa Monica. Da gibt es eine Postfach-Stelle. Ich weiß das, weil ich selbst dort mal ein Fach hatte.«
»Wann?«
»Ist lange her.«
Ein Safe. Ein Postfach. Allerhand Neues, was ich da über meinen Freund erfuhr.
»Ungültige Nummer, Deckadresse«, sagte ich. »Playa del Sol ist vielleicht nicht mehr als ein Pappkarton in irgendeiner Privatwohnung, aber es klingt irgendwie nach einer Immobilienfirma.«
»So wie Cossack Development.« Er nahm die Karte noch einmal in Augenschein. »Und dann noch der Anruf wegen meines Urlaubs. Unmittelbar nach unserem Gespräch mit Mariene Baldassar. Vielleicht kann man ihr doch nicht vertrauen.«
Oder vielleicht hatte er ja seine Spuren nicht gründlich genug verwischt. Ich sagte: »Es könnte auch bloß ein Aufreißversuch gewesen sein.« Aber ich wusste, dass das nicht stimmte. Paris Bartlett war mit einer ganz bestimmten Absicht aus seinem Wagen gestiegen.
Er steckte die Karte in seine Jackentasche. »Alex, ich bin in einer großen Familie aufgewachsen, habe nie sehr viel Aufmerksamkeit genossen und ich mag es noch immer nicht, wenn ich zu viel davon kriege. Ich brauche ein bisschen Zeit mit mir allein.«
Ich fuhr ihn nach Hause. Er stieg sofort aus, brummte noch irgendetwas, das vielleicht »danke« heißen sollte, schlug die Tür zu und eilte mit Riesenschritten auf den Eingang zu.
Ich brauc hte fünfunddreißig Minuten bis zu meiner eigenen Haustür. Dort angekommen, wollte ich mir einreden, ich könnte geradewegs am Telefon vorbeigehen, doch das rote Blinklicht des Anrufbeantworters hielt mich fest, und ich drückte die Abspieltaste. Robins Stimme: »Scheint, als hätte ich dich wieder mal verpasst, Alex. Es gibt schon wieder eine Änderung, wir hängen noch einen Tag in Vancouver dran, und in Denver machen wir's vielleicht genauso. Hier ist die Hölle los. Ich werde immer mal wieder im Zimmer sein.« Eine Pause von zwei Sekunden, dann einige Dezibel leiser: »Ich liebe dich.« Das obligatorische Anhängsel? Anders als Pierce Schwinn brauchte ich keine Drogen, um die Paranoia in Gang zu bringen.
Ich rief wieder das Four Seasons in Seattle an und ließ mich zum Zimmer von Ms. Castagna durchstellen. Sollten sie mich erneut mit der Voicemail abspeisen, dann würde ich eine Nachricht hinterlassen. Doch es meldete sich ein Mann. Jung, eine dieser permanent fröhlichen Stimmen. Irgendwie kam sie mir bekannt vor.
Sheridan. Der mit dem Pferdeschwanz, der optimistischen Einstellung und dem Hundekuchen für Spike.
»Robin? Ach so, ja, hallo. Klar, kein Problem.« Sekunden später: »Hier spricht Robin.«
»Und hier ist Alex.«
»Oh… hallo. Na endlich.«
»Endlich?«
»Endlich erwischen wir uns mal. Ist alles in Ordnung?«
»Alles bestens«, antwortete ich. »Störe ich bei irgendwas?«
»Was? Ach so, wegen Sheridan? Nein, wir sind gerade fertig mit unserer Besprechung. Das ganze Team.«
»Fleißig, fleißig.«
»Jetzt habe ich Zeit. Also, wie geht's dir denn? Bist du auch fleißig?«
Das klang mir zu sehr nach belanglosem Smalltalk, es deprimierte mich. »Ich kämpfe mich so durch. Was macht Spike?«
»Der blüht richtig auf. Es sind noch ein paar andere Hunde mit im Tross, die teilen sich einen netten Zwinger. Spike ist richtig gesellig geworden. Da ist auch eine Schäferhündin drunter, die knapp vierzig Kilo auf die Waage bringt, auf die scheint er ein Auge geworfen zu haben.«
»Gib es auch eine Leiter, damit er an sie rankommen kann?« Sie lachte, aber es klang müde. »Also…«
Ich sagte: »Und du, kommst du dazu, dich auch mal ein bisschen zu amüsieren?«
»Ich arbeite, Alex. Wir sind hier zwölf, dreizehn Stunden am Tag im Einsatz.«
»Klingt anstrengend. Du fehlst mir.«
»Du fehlst mir auch. Wir wussten beide, dass das nicht einfach sein würde.«
»Dann haben wir beide richtig gelegen.«
»Schatz… wart mal, Alex, da ist
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