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Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Zenith , Fernando Pessoa
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Schule stummer Gewächse … dein Name klingt wie Mohn … die Teiche … meine Rückkehr … der verwirrte Priester, der während der Messe den Verstand verlor. Erinnerungen, die meinen Träumen angehören … Ich schließe die Augen nicht und sehe dennoch nichts … Sie sind nicht hier, die Dinge, die ich sehe … Wasser …

    In einer heillosen Verwirrung ist das Grün der Bäume Teil meines Blutes. Das Leben pocht in meinem fernen Herzen. Ich war nicht für die Wirklichkeit bestimmt, doch das Leben kam und fand mich.

    Eine Marter, das Schicksal! Vielleicht sterbe ich morgen! Vielleicht widerfährt meiner Seele heute Schreckliches! … Mitunter, wenn ich daran denke, erfaßt mich Angst vor dieser höchsten Tyrannei, die uns zwingt, voranzuschreiten, nicht wissend, wohin unsere ungewissen Wege führen.

323
    … der Regen fiel noch immer traurig, doch schwächer, wie in einer kosmischen Erschöpfung; es blitzte nicht, und nur ab und an war, fern schon, das rauhe Rollen eines kurzen Donners zu hören, bisweilen klang es, als setze er aus, als sei auch er erschöpft. Fast plötzlich wurde der Regen noch schwächer. Einer der Angestellten öffnete die Fenster zur Rua dos Douradores. Kühle Luft mit einem Hauch erloschener Hitze stahl sich in den großen Raum. Chef Vasques’ Stimme ertönte am Telefon in seinem Zimmer: »Na, immer noch besetzt?« Und man vernahm eine trockene, nicht für andere bestimmte Bemerkung, obszön (wahrscheinlich) und gerichtet an eine ferne Frau.

324
    Wer Träume will, darf sich nie und nimmer in Illusionen wiegen.
    Dann erreicht er träumend den Höhepunkt der Enthaltsamkeit, und die Sinne verschmelzen miteinander, die Gefühle schäumen über, und die Vorstellungen durchdringen einander. Farben und Töne schmecken gleich, Haß schmeckt nach Liebe, konkrete Dinge schmecken nach abstrakten und abstrakte nach konkreten. Es reißen die alles verbindenden Bande, die, jedes Element vereinzelnd, auch alles trennten. Alles schmilzt und verschmilzt.

326
    Im übrigen träume ich nicht mehr, als ich lebe: ich träume das Leben. Alle Schiffe sind Traumschiffe, sobald sie zu träumen in unserer Macht steht. Den Träumer tötet, daß er nicht lebt, wenn er träumt; den Handelnden hindert, daß er nicht träumt, wenn er lebt. Ich habe die Schönheit des Traums und die Wirklichkeit des Lebens zu einer einzigen Glücksfarbe verschmelzen lassen. Ein Traum mag noch so sehr der unsere sein, er ist es nie in dem Maße wie ein Tuch in unserer Tasche oder meinethalben unser eigenes Fleisch. Ein Leben mag noch so sehr bestimmt sein von fortwährendem, siegreichem Handeln, der [Schock] [56]   über die Berührung mit anderen, über Hindernisse, selbst kleinste, auf unserem Weg, und die spürbar verrinnende Zeit wird immer gegenwärtig bleiben.
    Den Traum töten heißt uns selbst töten; heißt unsere Seelen verstümmeln. Der Traum ist uns wahrhaftig eigen, unergründlich, uneinnehmbar.
    Das Universum, das Leben – sei es Illusion oder Wirklichkeit – ist allen eigen, alle können sehen, was ich sehe, und haben, was ich habe – oder können sich zumindest vorstellen, es zu sehen und zu haben, und das ist […]
    Was ich aber träume, kann nur ich sehen und niemand sonst, kann nur mein sein und niemandes sonst. Und wenn meine Sicht der Außenwelt anders ist als die anderer, dann weil ich unwillkürlich in meinen Traum aufnehme, was mir von ihm in Auge und Ohr haftenbleibt.

327
    In der großen Klarheit dieses Tages ist auch die Ruhe der Geräusche golden. In allem Geschehen liegt Milde. Sagte man mir, es herrsche Krieg, sagte ich, nein, unmöglich. An einem solchen Tag kann nichts geschehen, das die Milde alles Geschehenden mindert.

328
    Falte die Hände, lege sie zwischen die meinen, und höre mich an, Liebste.
    Sagen will ich dir mit der milden, einschläfernden Stimme eines Rat erteilenden Beichtvaters, wie weit, was wir erreichen wollen, zurückbleibt hinter dem, was wir erreichen.
    Beten will ich mit dir – meiner Stimme und deiner Aufmerksamkeit – die Litanei der Hoffnungslosigkeit.
    Keines Künstlers Werk, das nicht noch vollkommener hätte sein können. Vers für Vers gelesen, weist auch das größte Gedicht Verse auf, die noch besser, Passagen, die noch eindringlicher sein könnten, und niemals ist es als Ganzes so vollkommen, daß es nicht noch vollkommener hätte sein können.
    Wehe dem Künstler, der dies bemerkt!, der sich eines Tages dessen bewußt wird! Seine Arbeit ist ihm

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