Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
Flurs, der an die Galerie grenzte, ging auf, und Phillip kam heraus - und zugleich legte sich eine Eisschicht über Victorias Nacken.
Sie sah Max an, dann bewegten sich beide gleichzeitig - Victoria drehte sich um und lief den Flur in die entgegengesetzte Richtung hinunter, während Max sich Rockley zuwandte, der stehen blieb, sobald er ihn erkannte. Er war in Begleitung eines anderen Mannes, der verärgert wirkte.
»Pesaro? Ich wusste gar nicht, dass Sie hier Mitglied sind.« Da war keine Wärme in seiner Stimme oder seinem Gesicht; zweifellos war er nicht der Meinung, dass Max hierhergehörte.
»Das bin ich auch nicht. Ich kam auf Victorias Geheiß her. Sie bat mich, Sie zu suchen und Ihnen auszurichten, dass Sie nach Hause kommen möchten.«
Victoria, die ein paar Meter entfernt in einer offenen Tür kauerte, schnappte nach Luft wegen seiner Unverfrorenheit.
Es war für Max nicht unbefriedigend, die Panik in der Stimme des Ehemanns zu hören, als er erwiderte: »Ist sie krank? Ist sie verletzt?«
»Ich denke, es geht ihr gut, aber sie sagte, sie müsse Sie dringend sprechen.«
Es hätte funktioniert. Es hätte funktionieren können, um Phillip aus dem Club zu bringen, bevor die Vampire zuschlugen; aber sie kamen schlichtweg zu spät.
Victoria fühlte, wie sich die Kälte in ihrem Nacken so plötzlich verschärfte, dass sie überrascht zusammenzuckte. Noch immer in der dunklen Türöffnung stehend, zog sie einen Pflock aus der Tasche, als genau im selben Moment der Begleiter ihres Mannes den Mund öffnete.
Sie sah das Aufblitzen weißer Reißzähne und das plötzliche Glimmen in seinen Augen. Zum Glück zog sie mit dem Laut, den sie von sich gab, Phillips Aufmerksamkeit auf sich, sodass Max die Chance bekam, dem Vampir seinen Pflock in die Brust zu schlagen.
Phillip blinzelte in Victorias Richtung, dann machte er mehrere Schritte auf sie zu und schien deshalb das Fft! nicht zu hören. »Kenne ich Sie?«, fragte er unsicher.
Victoria, die darauf achtete, den Kopf gesenkt und das Gesicht unter ihrem Hut verborgen zu halten, spürte die Gegenwart eines weiteren Vampirs.
»Rockley, hauen Sie von hier ab«, befahl Max zornig. »Kehren Sie heim zu Victoria. Sie wartet auf Sie!«
Sie war dankbar, dass er Phillips Aufmerksamkeit von ihr ablenkte, als ein lauter Schrei von unten und irgendein Tumult das Chaos vervollständigten.
»Was zur Hölle?« Phillip drehte sich um und begann, die Treppe hinunterzulaufen, gefolgt von Max, der kaum die Stufen berührte.
Victoria sah den beiden Männern hinterher; sie wusste, dass Max Phillip in Sicherheit bringen würde. Damit konnte sie sich den ersten Stock vornehmen.
Sie rannte den Flur hinunter und stieß auf der Suche nach den drei Vampiren, die sie witterte, sämtliche Türen auf. Sie fand einen, der gerade dabei war, sein auserwähltes Opfer durch ein Kartenspiel zu verführen, aber als sie in das Zimmer stürzte, blieb ihm kaum noch die Zeit, sein Blatt aus der Hand zu legen, bevor sie ihn durchbohrte.
Die Kampfgeräusche und Schreie von unten trieben sie zu noch größerer Eile an. Max war zweifellos zahlenmäßig unterlegen, falls die Empfindung in ihrem Genick akkurat war - und das war sie immer. Sie musste noch zwei hier oben aufspüren, dann konnte sie nach unten gehen, um ihm zu helfen.
Wie sich herausstellte, fanden sie sie zuerst. Zwei Vampire, die Schulter an Schulter den Gang hinunterkamen. Sie schienen sie zu erkennen.
»Da ist sie!«, knurrte einer der beiden. Dann war er plötzlich neben ihr und griff nach ihren Armen. Victoria duckte sich weg und warf sich gegen seine Beine, sodass er zu Boden stürzte, als im selben Moment der andere angriff.
Mit der ganzen Kraft ihrer Beine katapultierte Victoria den zweiten Vampir auf den ersten, dann sprang sie wieder auf die Füße. In jeder Hand einen Pflock haltend, wirbelte sie herum und trieb sie ihnen, eins, zwei, in die Brust.
Sie lief in Richtung Treppe, dann blieb sie stehen und betrachtete den Aufruhr unter ihr. Max stand in der Mitte des Foyers und wehrte mit einem Schürhaken seine Gegner ab, bei denen es sich um zwei Wächter und einen Imperialvampir zu
handeln schien. Drei weitere Vampire warteten darauf, ebenfalls an die Reihe zu kommen, schafften es jedoch nicht nahe genug an das Kampfgeschehen heran, um sich daran zu beteiligen. Dunkle Blutstropfen flogen mit jeder von Max’ Bewegungen durch die Luft; offensichtlich war er irgendwo verletzt.
Es waren keine anderen Sterblichen zu sehen.
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