Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen

Titel: Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
Vom Netzwerk:
wurde und zunehmend flach atmete, bestand er darauf, dass sie Victoria zuerst in St. Heath’s Row absetzten, bevor er selbst heimfuhr. Und er wollte noch nicht einmal in Erwägung ziehen, mit ihr ins Haus zu kommen und dort seine Wunden - wie auch immer sie aussehen mochten - versorgen zu lassen. Deshalb instruierte sie, sobald sie aus der Droschke gestiegen war, den Kutscher, wohin er Max fahren sollte - nicht zu dessen eigenem Haus, sondern zu Eustacias -, und gab ihm einen extra Shilling, um sicherzustellen, dass er ihn auch wirklich in die Obhut ihrer Tante brachte.
    Erst als sie die Stufen zum Eingang von St. Heath’s Row hochlief, wurde Victoria bewusst, dass sie noch immer Herrenkleidung trug und ihr Abendkleid nach wie vor in Max’ Kutsche lag. Es würde Lettender zwar nicht allzu merkwürdig erscheinen, dass sie bei Morgengrauen in einer Mietdroschke heimkäme, aber dass sie dabei wie ein Mann gekleidet war, würde gewiss für einiges Getuschel und neugierige Blicke sorgen.
    Trotzdem, sie war die Marquise, und auch wenn der gestrenge Butler sie vielleicht schief ansehen mochte, würde er es bestimmt nicht wagen, irgendwelche Fragen zu stellen.
    Victorias größte Sorge war im Moment, ob sie Phillip zu Hause antreffen würde. Sie klopfte an die Tür. Das Personal war schon auf den Beinen, wenngleich Lettender vielleicht noch in
seinem Hinterzimmer schnarchte. Einer der Hilfsbutler öffnete, und an seiner gelangweilten Miene erkannte Victoria, dass sie vor Phillip eingetroffen war.
    Gott sei Dank.
    Sie ging an dem jungen Mann vorbei, als wäre es vollkommen alltäglich, dass sie in einer Ballrobe aus dem Haus ging und in Herrenkleidung zurückkehrte, dann lief sie rasch die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Verbena kam schwankend auf die Füße, ihr widerspenstiges Haar flach an die Seite ihres Gesichts gedrückt, das vom Schlaf zerknittert war.
    »Mylady! Sie sind zu Hause! Wie geht es Ihrem Arm?«
    »Bestens. Danke, dass du mir diese Kleidungsstücke geschickt hast. Aber rasch jetzt, ich muss mein Nachthemd anziehen. Der Marquis wird bald heimkommen, und ich möchte nicht, dass er mich so sieht.«
    Sie machten sich schnell ans Werk, und das nicht zu früh, denn gerade als die Sonne ihre ersten Strahlen auf die Dächer Londons warf, hielt Max’ Kutsche vor dem Haus.
    Victoria warf einen Morgenmantel über und lief mit gerafften Säumen die Treppe hinunter.
    Kritanus Neffe Briyani, ein kleiner, schmalgesichtiger Mann mit kräftigen Muskeln und demselben bronzefarbenen Teint wie sein Onkel, half Phillip gerade aus der Kutsche.
    »Vielen Dank, dass Sie sich um ihn gekümmert haben«, begrüßte Victoria Max’Assistenten leise. »Ist er schon lange wach?«
    »Erst seit kurz vor unserer Ankunft.« Er übergab Victoria ein bauschiges Stoffbündel - ihr Ballkleid, das nun hoffnungslos zerknittert und schmutzig war, aber zumindest würde es nicht länger in der Kutsche liegen.

    »Max befindet sich im Haus Ihres Onkels, und er ist ziemlich stark verletzt«, ließ Victoria ihn wissen.
    Briyani nickte, dann kletterte er wieder auf den Kutschbock und griff nach den Zügeln. »Ich werde hinfahren und nach ihm sehen.«
    »Victoria!«
    Phillip stand an der Haustür, er sah mitgenommen und entkräftet aus. Seine Augen, die wie stets halb geschlossen waren, wirkten besonders erschöpft.
    »Liebling! Du bist endlich zu Hause«, trällerte Victoria fröhlich und hakte sich bei ihm unter.
    »Max ist zu mir in den Club gekommen; er sagte, du hättest ihn geschickt, damit ich heimkomme. Und dann gab es da irgendeine heftige Auseinandersetzung - ich bin inmitten des ganzen Durcheinanders gegangen.« Er schüttelte den Kopf, als müsste er seine Gedanken ordnen, und Victoria fühlte erneut diesen Stachel des schlechten Gewissens. »Ich muss wohl auf dem Heimweg eingeschlafen sein.«
    Lügen und noch mehr Lügen. List und Täuschung. Phillip war ein unschuldiger Zaungast, der einfach nur ein normales, glückliches Leben an der Seite der Frau, die er liebte, führen wollte - doch er war in einen Schlamassel hineingeraten, den er nicht verstand, und war sich dessen noch nicht einmal bewusst.
    Wie lange würde sie noch die Kraft haben, dafür zu sorgen, dass er ahnungslos blieb? Dafür zu sorgen, dass er in Sicherheit war? Ein Doppelleben zu führen?
    Victoria zog ihn gleich dort auf der Eingangsveranda von St. Heath’s Row in die Arme, nicht weit von den Steinmauern entfernt, die ihr Anwesen von den Straßen Londons

Weitere Kostenlose Bücher