Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
Max und ich, und ja, er ist mein entfernter Cousin - erfahren hatten, dass es dort zu einem Übergriff kommen sollte. Ich wollte dafür sorgen, dass dir nichts geschieht.«
» Du wolltest dafür sorgen, dass mir nichts geschieht?« Blitzschnell drehte er sich vom Fenster weg, und das gelbe Sonnenlicht
warf einen goldenen Schimmer auf sein Gesicht und sein Haar. Leider war sie gerade nicht in der Verfassung, sich daran zu ergötzen. »Was für einen Unsinn redest du da, Victoria? Was hättest du tun können, außer dich selbst auch noch in Gefahr zu bringen?« Er zeigte auf ihren Arm. »Wie es scheint, hast du das auch getan!«
Sie ärgerte sich über den Hohn in seiner Stimme, fühlte sich ausgelaugt und überanstrengt von all dem Druck. Sie hätte das Gespräch an dieser Stelle beenden, ihm nichts weiter sagen sollen. Ihn einfach zornig sein lassen.
Aber das tat sie nicht.
»Ich arbeite mit Max. Das Ganze ist Teil unseres Familienerbes.«
»Du arbeitest mit Max? Eine Marquise arbeitet nicht!«
»Ich schon.« Sie schluckte schwer. »Ich jage Vampire.«
Er starrte sie an. Unbewegt.
Und dann sagte er mit leiser, schrecklicher Stimme: »Du bist verrückt.«
»Ich bin nicht verrückt, Phillip. Es ist die Wahrheit.«
»Du bist verrückt.«
Da ging das Temperament mit ihr durch. Sie sprang aus dem Bett, lief zu ihm und blieb so dicht vor ihm stehen, dass der Saum ihres Nachthemds gegen seine nackten Beine strich. »Gib mir deine Hände.«
Als er sie ihr widerwillig entgegenstreckte, umfasste sie seine Handgelenke und verlangte: »Versuch, sie aus meinem Griff zu befreien.«
Er versuchte es, doch es gelang ihm nicht. Sie zwang seine Arme nach unten und beobachtete, wie der Ausdruck auf seinem
Gesicht sich von zornig zu entsetzt und schließlich verständnislos verwandelte.
Sie ließ ihn frei. »Ich bin ein Vampirjäger. Es ist das Vermächtnis meiner Familie. Ich habe keine andere Wahl; es ist meine Pflicht, meine Berufung.«
Phillip machte einen Schritt nach hinten und prallte gegen das Fenster in seinem Rücken. »Ich glaube nicht an Vampire.«
»Das ist ziemlich töricht von dir, nachdem du letzte Nacht um ein Haar von einem gebissen worden wärst, kurz bevor du mich sahst. Max tötete ihn, während du mit mir gesprochen hast.«
Er schüttelte den Kopf. »Ganz gleich, ob sie nun existieren oder nicht, du kannst keine Vampire jagen, Victoria. Du bist eine Marquise. Du bist eine Stütze der Gesellschaft. Ich verbiete es. Als dein Ehemann verbiete ich es dir.«
»Phillip, es ist nichts, das du verbieten könntest. Es ist in mir, in meinem Blut. Es ist mein Schicksal.«
»Du magst das glauben. Du magst glauben, dass du keine Wahl hast, aber wenn du nicht das Haus verlässt, um Vampire zu jagen, triffst du damit die Wahl, deinem Schicksal nicht zu gehorchen.«
»Also soll ich es einfach ignorieren, wenn ich erfahre, dass Vampirangriffe bevorstehen, an Orten wie dem Bridge and Stokes? Und Menschen sterben lassen? Du bist entkommen, Phillip, weil Max dir eine Lüge erzählt hat, um dich zum Gehen zu bewegen. Aber du hast das Massaker nicht gesehen, das sie angerichtet haben, an etlichen deiner Freunde. Es war so entsetzlich, dass ich es nicht beschreiben kann.«
»Ich verbiete es, Victoria.«
»Ich werde nicht einfach tatenlos zusehen, wie Menschen auf diese Weise umkommen.«
Er stieß sich vom Fenster ab und marschierte an ihr vorbei zu seinem Ankleidezimmer, wobei er barsch nach seinem Kammerdiener rief. »Franks!« Er verharrte in dem Durchgang, der die beiden Zimmer verband, hielt sich am Türrahmen fest und blickte zu Boden. »Du hättest mir das vor unserer Hochzeit erzählen müssen, Victoria. Es ist unverzeihlich, dass du es nicht getan hast.«
Dann schloss er die Tür. Leise. Und dabei doch so laut.
»Sie sind zwar erst seit zwei Tagen von ihrer Hochzeitsreise zurück, Nilly«, meinte Melly wohlwollend, »aber ich bin sicher, dass ich das neue Vorzeigepaar der Londoner Gesellschaft dazu überreden kann, den Ball deiner Nichte zu besuchen.«
»Das wäre einfach himmlisch«, hauchte Petronilla, die gerade das Tablett mit den Orangen-Zimt-Hörnchen beäugte. Sie rochen wirklich köstlich, aber ihr seltsam rötlicher Farbton ließ sie zögern. Vielleicht sollte sie Freda darum bitten, die Farbe in Zukunft etwas gedämpfter zu halten.Aber zumindest hatten die Zitronenküchlein nicht diese abscheulich grüne Tönung wie beim letzten Mal, als Freda sie gebacken hatte. Jetzt sahen sie selbst mit der
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