Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
Regalado und die beiden anderen Vampire standen außerhalb des Kreises und beobachteten das Geschehen.
Victoria sah, wie unter ihr die Flammen anfingen, auf den Obelisken zuzustreben. Umringt von blauen und schwarzen Feuersäulen, die die Farbe des bösen Objekts nachahmten, setzte Nedas seinen Sprechgesang fort, während sich die Flammen immer enger zusammendrängten.
Am Ende verschmolzen die fünf Feuerstränge an der Spitze des Obelisken zu einer einzigen, riesigen Stichflamme, die fast bis zum höchsten Punkt der gewölbten Decke reichte.
Das Feuer tobte, und direkt auf Augenhöhe konnte Victoria sehen, wie das Schwarz und das Blau sich wütenden Schlangen gleich zischend und züngelnd ineinanderwanden, während sie noch aus Metern Entfernung die sengende Hitze auf ihrem Gesicht spürte.
Akvans Obelisk begann zu glühen und zu schwitzen. Grüne und blaue Funken stoben in einem willkürlichen Muster aus ihm hervor. Nedas streckte die Hand aus, um einen zu berühren, dann lachte er, als der Funke nach seinem Finger schnappte. Er intonierte weiter und weiter, und das Feuer loderte heißer und heißer; immer tiefer wurde das grüne und blaue Leuchten des Obelisken. Kleine Tropfen glitzerten auf dem Obsidian, rannen nach unten und fielen zu Boden.
Der ganze Opernsaal wurde von den merkwürdigen blauen und schwarzen Flammen erhellt, die überall seltsam farbige Schatten und Lichtspiele erzeugten. Die Vampire auf den Stühlen
hatten aufgehört zu singen und starrten nun in die Flammen, als wollten sie ihre Energie in sich selbst aufsaugen.
Dann veränderten sie sich, und mit der Heftigkeit eines Platzregens ergossen sich große, schwarze Tropfen aus dem Feuer. Immer neue Tropfen strömten den glimmenden Obelisken hinab und verschmolzen mit ihm.
Victoria registrierte unter sich eine plötzliche Bewegung; etwas Ungewöhnliches. Sie sah an dem Feuer, das ihre Aufmerksamkeit gebannt hatte, vorbei nach unten und beobachtete fassungslos, wie Max mit etwas Langem, Glänzendem in der Hand durch die Flammenwand hindurchstürzte.
Er stolperte in den Kreis hinein, sprang wieder auf die Füße und hieb das Schwert in einem weiten Bogen durch den Obsidianturm.
Der Obelisk zischte, dann explodierte er. Die Flammen erloschen, und Nedas’ Zorngebrüll hallte in dem plötzlich stillen Theater wider.
Kapitel 25
In welchem alles klar wird
A ls Max spürte, wie die Klinge auf Akvans Obelisken traf, erfasste ihn eine Woge der Erleichterung.
Es war vollbracht.
Die mächtige Ausholbewegung mit dem Schwert hatte ihn aus der Balance gebracht, und als er wieder sicheren Stand unter den Füßen hatte, stürmten bereits die Vampire auf ihn zu.
Max erhaschte einen flüchtigen Blick auf den fassungslosen, den Mund zu einer wilden Fratze verzogenen Nedas, und Zorn übermannte ihn; Zorn über das, was er getan hatte, was zu tun ihn diese Kreatur gezwungen hatte. Er wirbelte mit dem Schwert, das aus purem Silber gefertigt war, um die eigene Achse und köpfte einen der Vampire, die ihn zu attackieren versuchten.
Ein weiterer kam auf ihn zu, und er begegnete ihm auf dieselbe Weise, dann noch einer und noch einer.Auf Nedas’ zornentbrannten Befehl hin kletterten sie aus dem Zuschauerraum auf die Bühne. Es waren zu viele, um gegen sie alle zu kämpfen, und Max wusste, dass es nicht lange dauern würde, bevor sie ihn überwältigten, aber bis dahin würde er seine reuevolle, wahnsinnige Verbitterung nutzen und seinen Rachedurst stillen, solange er konnte.
Er würde das tun, was er sich seit fast einem Jahr hatte versagen müssen.
Ein Jahr lang - eine ganze Ewigkeit - hatte er diese verdorbenen Kreaturen, diese Vampire verehrenden Mitglieder der Tutela beobachten, mit ihnen leben, mit ihnen scherzen, vortäuschen, einen gemeinsamen Plan zu verfolgen, sogar Liebe zu einem von ihnen vorgaukeln müssen. Er hatte seine Verachtung, seinen Abscheu unterdrücken müssen, und an manchen Tagen war er kurz davor gewesen, zu explodieren.
Nun hatte er seinen Plan erfolgreich zu Ende gebracht und würde reinen Gewissens sterben. Sollten Beauregard und Nedas den Rest unter sich ausmachen.
Aber Victoria würde die Venatoren zum Sieg über beide führen.
Das Schwert vibrierte in seiner Hand, doch selbst mit dieser gesegneten Waffe, die eigens dafür geschmiedet war, das Böse zu unterwerfen, und in deren Griff sich eine Phiole mit Weihwasser befand, konnte er sie nicht alle zurückschlagen. Er war sowohl geistig als auch körperlich zu erschöpft,
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