Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
erwiderte Verbena, während sie sich vorsichtig durch den Berg von Kleidern grub, um sie nicht zu zerknittern. »Aber dieser Butler von ihr, dieser Charley, der versteht es wirklich, den Mund zu halten. Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht versucht hätte, ihm was zu entlocken, was da bei ihnen so vor sich geht, aber der ist verschwiegen wie ein Grab. Und dann dieser Freund von ihr, Mr. Maximilian Pesaro. Der ist schon ein faszinierender Geselle, wenn ich mal so sagen darf. Entsetzlich gut aussehend, auf eine düstere Art und Weise.« Sie erbebte. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich fast glauben, dass er ein Vampir ist; er hat das elegante, gefährliche Aussehen von einem.«
»Du bist nicht die Erste, die das von ihm denkt«, erwiderte Victoria trocken. Sie stand auf, stieß sich von dem hell gebeizten Frisiertisch ab und bereitete sich seelisch auf die schwierige Aufgabe vor, sich Verbena zu widersetzen, die sie für ihr erstes Abendessen auf Claythorne vermutlich in helles Narzissengelb oder kräftiges Karmesinrot kleiden wollte. »Er ist ein hervorragender Venator, so viel steht fest. Ich verstehe zwar nicht, warum er schon so kurz nach Phillips Tod abgereist ist, aber meiner Tante zufolge wurde er in Rom gebraucht. Obwohl es natürlich nicht so war, als ob er hier nicht gebraucht worden wäre. Ich denke, ich werde heute Abend das marineblaue Kleid anziehen, Verbena.«
» Marineblau? Mylady, das ist fast so schlimm wie Schwarz! Wäre das hübsche maulbeerfarbene nicht besser? Sehen Sie nur, wie es Ihre Wangen rosa schimmern lässt. Und dazu Ihr schwarzes Haar. Und es macht Ihre Wimpern dunkler als Wildschweinborsten.
« Sie hielt ihrer Herrin das favorisierte Kleid entgegen. »Also, dieser Mr. Pesaro hat Ihnen letzten Sommer ohne Frage geholfen, als Sie Lilith daran hindern wollten, sich dieses besondere Buch zu schnappen, auf das sie es abgesehen hatte.Vielleicht hat er gemeint, dass er schon zu lange hier war und besser heimfahren sollte.«
»Vielleicht«, stimmte Victoria zu, während sie gleichzeitig überlegte, wie es wohl sein würde, wenn sie Max das nächste Mal begegnete. Sie hatte das Gefühl, dass die Feindseligkeit, die aller höflichen Nähe zum Trotz immer unterschwellig da gewesen war, durch all die Geschehnisse möglicherweise ein wenig nachgelassen hatte, auch wenn sie noch immer verärgert war, dass er London so plötzlich verlassen hatte.
Immerhin hatte sie miterlebt, wie der eindrucksvolle Max unter Liliths hypnotischer Ausstrahlung in ihren Bann geraten war und dabei eine Schwäche gezeigt hatte, die sie nie bei ihm vermutet hätte... Und er wiederum hatte gesehen, wie Victoria zu kämpfen gelernt und sich von einer durchschnittlichen Debütantin zu einem erbitterten, mutigen Vampirjäger entwickelt hatte.
Noch bevor sie es realisierte, flatterte das von Verbena bevorzugte Kleid schon über Victorias Schultern, und der Moment, in dem sie es noch hätte verhindern können, war verstrichen. »Nicht das maulbeerfarbene!«, rief sie vergeblich aus. »Das ist zu hell!«
Aber das Kleid war schon übergezogen und wurde nun flink am Rücken zugeknöpft, während Victoria sich im Spiegel musterte. Sie sah tatsächlich gut darin aus. Himmel noch mal, es war schon mehr als ein Jahr her, dass sie sich auf diese Weise gekleidet hatte, und Verbena hatte Recht: Die Farbe zauberte einen zarten
rosa Schimmer auf ihre Wangen. Sie biss sich auf die Lippen, erst oben, dann unten, und sie wurden so voll und rot, als wären sie geküsst worden.
»Sehr hübsch, Mylady«, befand Verbena, die aus einer Locke von Victorias Deckhaar gerade einen schmalen Zopf flocht. »Sie brauchen sich wegen rein gar nichts schuldig zu fühlen. Sie ham Ihren Ehemann betrauert, wie es sich gehört, und auch wenn Sie ihn auf ewig lieben werden, müssen Sie sich an eins erinnern: Sie sind noch hier und müssen Ihr Leben weiterleben.« Sie war nun mit dem Zopf fertig und wand ihn um Victorias restliches Haar, das am Hinterkopf hochgesteckt war.
»Ja, ich habe ein Leben. Und eine Verpflichtung.« Victorias grünbraune Augen glänzten über ihren geröteten Wangen.
Verbenas blaue Augen suchten wieder ihren Blick. »Eine Verpflichtung, für die Sie bestens gerüstet sind.« Sie schob die letzte Nadel in ihr Haar und lächelte zufrieden. »Aber das heißt nicht, dass Sie wie eine Nonne leben müssen.«
Victoria nickte ihrem Spiegelbild zu, dann erhob sie sich vom Stuhl. »Zeit, zum Abendessen hinunterzugehen.Vielleicht
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