Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
Vampir den Arm nach ihr aus und verschaffte ihrem Pflock damit unbeabsichtigt Zugang zu seiner Brust.Victoria stieß ihn hinein, fühlte das vertraute Plopp und trat zurück, als er zu Staub zerfiel.
Mit angehaltenem Atem sah sie zu dem anderen Mann, der sich nicht gerührt hatte. Er beobachtete sie mit funkelnden, schwarzen Augen und dem Anflug eines Grinsens, dann rückte er seine Jacke zurecht.
»Sie sind gut vorbereitet, stimmt’s?« Er kam gelassen um den Schreibtisch herum auf sie zu. Nicht bedrohlich, nicht bedroht.
»Was tun Sie hier?« Victoria wollte ein paar Antworten, bevor sie ihn ebenfalls pfählte. Es konnte kein Zufall sein, dass die beiden ausgerechnet diese Nacht gewählt hatten, um Sebastians ehemaligem Lokal einen Besuch abzustatten; und der Menge an Staub sowie der Ordnung in dem Zimmer nach zu urteilen, war dies das erste Mal, dass jemand hier eindrang.
»Reine Neugier.« Er stand so, dass das Sofa zwischen ihnen war. »Das ist also alles, was von dem berüchtigten Silberkelch noch übrig ist; es hat mich interessiert, Sebastian Viogets Schänke mit eigenen Augen zu sehen.«
Seine Fangzähne waren nicht ausgefahren; seine Iris blieb ungewöhnlich dunkel.
»Kennen Sie ihn?«
Der Vampir, der nicht größer war als die meisten Männer Londons, trug sein unscheinbar braunes Haar nach hinten gekämmt. Die Nase, die ein bisschen zu groß war, als dass sein Gesicht hätte attraktiv wirken können, war an der Spitze gerundet wie eine Knoblauchknolle. Die Brauen bildeten gerade, dünne Streifen über den Augen. Er schüttelte als Antwort auf ihre Frage den Kopf. »Ich bedaure, aber ich hatte nicht das Vergnügen, Monsieur Vioget kennen zu lernen. Und nach allem, was ich gehört habe, bin ich mir keineswegs sicher, dass ich noch Gelegenheit haben werde, das nachzuholen.«
»Ich habe seit Monaten keinen Vampir mehr in London gesehen.« Victoria ließ ihn nicht aus den Augen. »Seit Lilith zusammen mit ihren Anhängern das Weite gesucht hat. Hat sie Sie geschickt, damit Sie feststellen, ob es für sie sicher wäre zurückzukehren?«
Er musterte sie einen Moment lang, dann dämmerte Erkenntnis in seinen schwarzen Augen. Nicht rot, noch nicht. Sie waren
vollkommen normal. Er unterschied sich durch nichts als seine schlecht sitzende Kleidung von einem durchschnittlichen englischen Gentleman. »Sie sind der weibliche Venator.«
Victoria nickte.
Er blickte sie nachdenklich, mit schmalen Augen an. »Was für ein gelungener Streich es doch wäre, wenn ich Sie zu Nedas brächte. Er würde mich großzügig entlohnen.«
Freudige Erwartung durchzuckte sie. »Warum versuchen Sie es nicht? Ich bin sicher, dass, wer auch immer Nedas ist, er Ihren Märtyrertod zu schätzen wüsste.«
»Ich bin nicht ganz so unbedacht wie mein lieber verschiedener Gefährte«, erwiderte er. »Dafür bin ich umso stärker und schneller.«
Und schon war er bei ihr, mit einem Satz direkt neben ihr, und griff nach ihrem Hals. Victoria wollte ausweichen, aber er packte sie am Arm, und er war tatsächlich sehr kräftig.
Gebannt von seinen nun glimmend roten Augen, versuchte sie ihn abzuschütteln; dann fühlte sie das Sofa an ihren Beinen. Sie täuschte vor zu stolpern, sprang zur Seite und versetzte ihm einen Stoß, sodass er aus dem Gleichgewicht geriet. Ohne ihr die Chance zu geben, auch nur Luft zu holen, folgte er ihr auf den Fersen; doch dann drehte sie sich blitzschnell wieder um.
Sie hob den Pflock auf Schulterhöhe und sah den Vampir an, bereit ihm die Waffe ins Herz zu stoßen, als sie plötzlich zurücktaumelte. Phillip .
Es war Phillip.
Ihr kam es vor, als würde ihr Körper zu Eis. Dann zu Feuer. Der Pflock fiel ihr aus den tauben Fingern, doch ihr Schrei wurde erstickt, als der Vampir sie zur Seite stieß, sodass sie zu Boden stürzte.
Victoria lag auf dem Teppich, atmete Staub und Fusseln in ihre panischen Lungen, und starrte zu der Gestalt hoch.Wie war das möglich?
Aber es war nicht Phillip, der da über ihr aufragte. Es war derselbe unscheinbare Mann wie zuvor, nur dass seine Augen jetzt glühten und sein Mund ein grimmiger Strich war.
Sie tastete nach ihrem Pflock... Gewiss war er auf dem Teppich nicht weit gerollt. Als die Kreatur sich auf sie stürzte, drehte Victoria sich zur Seite und saß damit zwischen dem Vampir und der Ecke des Sofas in der Falle. Sie fühlte etwas unter ihrer Hüfte, etwas Rundes, Hartes, Langes; unvermittelt warf sie sich nach links auf seine Füße zu und grabschte nach dem
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