Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
Pflock.
Die Wucht ihrer Bewegung brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und sie sprang mit dem Pflock in der Hand auf. Sich das Kraftmoment ihrer Beine zunutze machend, kreiselte sie um die eigene Achse, dann verlagerte sie das Gewicht und stieß ihm den Pflock mitten in die Brust. Sie zog ihn wieder heraus und trat zurück, um zuzusehen, wie er zerfiel.
Nichts geschah.
Stattdessen kam er erneut auf sie zu, die Zähne zu einem Furcht einflößenden, tödlichen Grinsen gebleckt.
Völlig außer sich taumelte Victoria nach hinten und strauchelte dabei über eine umgeschlagene Ecke des dicken Perserteppichs. Sie stürzte zu Boden und schlug sich beim Fallen den Kopf an der Wand an; dann stierte sie voller Entsetzen zu dem rotäugigen Mann hoch.
Er näherte sich ihr mit langsamen Schritten, während Victoria noch immer zu begreifen versuchte, dass sie auf ihn eingestochen, ihren Pflock in seiner Brust versenkt hatte, und nichts passiert war .
Er hatte weder geblutet, noch war er zu einem Aschehäuflein geworden... Er griff einfach von Neuem an.
Während sie ihn gegen die Wand gekauert beobachtete - den Pflock gezückt, um einen weiteren Versuch zu wagen -, wandte er ihr wieder das Gesicht zu.
»Phillip?«, wisperte sie.
»Venator.« Er beugte sich geschmeidig zu ihr herunter. »Komm jetzt... ganz ruhig... Ich werde dir nicht wehtun.«
»Nein!« Mit aller Kraft stieß sie den Pflock nach oben.
Sie stoppte ihn, pfählte seinen Körper auf das Eschenholz, aber er zersetzte sich nicht. Seine Bewegungen wurden langsamer... Doch er starb nicht. Mit einem Schrei der Verzweiflung und des Entsetzens benutzte sie den Pflock und ihre Hand, um ihn wegzustoßen. Der Pflock kam frei, und sie sprang mit einem Satz auf die Füße.
Sie brauchte eine andere Waffe. Die Pistole in ihrer Tasche … Sie zog sie heraus und richtete sie auf die Kreatur, dann betätigte sie den Abzug. Mit einem heftigen Rückstoß löste sich die Kugel und durchschlug die Brust ihres Angreifers.
Der konzentrierte Teil ihres Selbst war nicht überrascht, als er kaum innehielt... sich wieder hochrappelte und erneut auf sie zukam.
Victoria warf sich rücklings über das Sofa und suchte verzweifelt nach irgendetwas, das sie als Waffe benutzen konnte … aber was?
Er war so schnell, so kräftig... Sie hatte keine Chance.
Er jagte hinter ihr her, war auf ihr, und sie wälzten sich auf dem Boden, krachten gegen Möbelstücke. Das scharfkantige Silbertablett mit dem Kognak und dem Sherry polterte herunter, und die penetrant riechenden Spirituosen ergossen sich auf den Teppich.
Von Panik und Schock umnebelt, tastete sich Victorias Geist durch ein Wirrwarr von Möglichkeiten, von Gedanken, die um ihren Überlebenswillen und den Zorn darüber, überrumpelt worden zu sein, kreisten. Sie fühlte das schwere Tablett hinter sich und legte die Finger um seinen scharfen Rand. Ohne sich ganz sicher zu sein, was sie da eigentlich tat, riss Victoria es hoch und nach vorn, dann schlug sie es dem Mann, der sich gerade wieder zu ihr beugte, gegen den Kopf.
Er wankte, verlor den Halt, und sie sprang, noch immer das Tablett im Griff, auf die Füße. Die Hände aufs Sofa gestützt, fand er sein Gleichgewicht wieder. Dann drehte er sich zu ihr um, die Augen flammend rot, der Mund grimmig. Victoria sprach ein Gebet, dann rammte sie das Tablett mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung in und durch seinen Hals und schlug ihm mit diesem einen mächtigen Hieb den Kopf ab.
Seine Augen rollten nach hinten, sein Kopf polterte zu Boden, und Victoria blieb auf das Schlimmste gefasst abwartend stehen, zitterte und keuchte dabei, als ob sie gegen zehn Vampire gekämpft hätte.
Während sie zusah, veränderte sich das Gesicht… Es schrumpfte und fiel in sich zusammen, wurde ledrig braun mit eingesunkenen Augen und runzligen Lippen, dann pechschwarz... bevor es schließlich im Fußboden verschwand.
Kapitel 2
In welchem Lady Rockley ein Gespräch über Mode verschmäht
E s muss irgendeine Art von Dämon gewesen sein«, folgerte Victoria am Ende ihres Berichts. Es war der Morgen nach ihrem Besuch im Silberkelch, und sie hatte sich, lange bevor der Rest der feinen Gesellschaft sich auch nur in den Betten zu regen begann, aus St. Heath’s Row davongestohlen. »Auch wenn ich noch nie einem begegnet bin und schon seit Jahrhunderten keine mehr in England gesichtet wurden; es kann kein Vampir gewesen sein. Ich konnte ihn nicht mit dem Pflock töten. Und er hat seine Gestalt
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