Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
und Stärke. Nur eine Hülle.«
»Du wirst nicht allein gehen.«
Er verzog seinen schönen Mund. »Ich mag zwar kein Venator mehr sein, aber ich bin nicht hilflos. Ich habe schon Vampire und wenigstens einen Dämon getötet, bevor ich meine vis bulla erhielt, Wayren. Du weißt das.«
»Erinnerst du dich noch, worum du mich bitten wolltest, kurz bevor du eingeschlafen bist? Ich sollte Victoria etwas ausrichten.«
Er erstarrte, und sein Gesicht wurde ausdruckslos. »Du hast sie doch nicht hierher gebracht?«
Wayren schüttelte den Kopf. Er hatte ihr das Versprechen abgenommen, dass niemand ihn sehen würde - vor allem nicht Victoria. »Nein, nur Ylito war hier.«
»Was habe ich gesagt? Hast du es an sie weitergegeben?«
Sie fühlte seine Anspannung; es war, als würde sie wie eine schwere Decke über ihnen in der Luft schweben. Sie wusste viel, doch jetzt wusste sie sogar noch mehr. »Ich sollte ihr von dir ausrichten, dass es dir leidtäte.«
Da sie entblößt waren, konnte sie sehen, wie sich seine breiten Schultern fast unmerklich bewegten, während er sich ein Stück weit entspannte. »Ich kann mir gut vorstellen, wie sie diese Worte aufgenommen hat.«
Wayren schaffte es nicht, ein Lächeln zu unterdrücken.
Nichts an dieser Situation war komisch - weder jetzt noch irgendwann. Aber sein Gesichtsausdruck gehörte zu dem Max, den sie kannte. Gott sei Dank . »Nun, sie fand eine entsprechende Erwiderung.«
Als er nun wieder aufstand, konnte Wayren die Energie in seinen Muskeln förmlich sirren hören, sie spürte seinen übermächtigen Drang, sich zu bewegen, etwas zu tun, diesen Raum zu verlassen; es war fast so, als steckte sie selbst in seinem Körper. »Ich werde nur eine einzige Person mitnehmen«, verkündete er, während er nach den Kleidungsstücken griff, die gefaltet auf einem Stuhl lagen. »Weiß? Das ist bei Nacht viel zu auffällig.« Er betrachtete stirnrunzelnd das Hemd. »Es wird geradezu leuchten. Zavier. Ich entscheide mich für Zavier.«
»Briyani und Michalas werden dich begleiten.«
Er musste ihre Miene richtig gedeutet haben, denn er beharrte nicht auf seinem Wunsch. Es würde später noch Zeit genug sein, ihm alles zu erzählen. Doch für den Moment … »Sobald du dich umgezogen hast, werden wir unseren genauen Schlachtplan besprechen. Keine Sorge, Max; du wirst dich schon bald auf den Weg machen können.«
»Heute Nachmittag. Ich will es so schnell wie möglich hinter mich bringen.«
Um sein Leben weiterleben zu können. Er wollte es hinter sich bringen und sein Leben leben.
Er sprach es nicht aus, aber das musste er auch nicht. Wayren verstand ihn auch so.
Max begriff erst jetzt, wie sehr er die Gesellschaft Briyanis vermisst hatte. Der junge Mann war nicht nur sein eigener Komitator,
sondern auch Kritanus Neffe. Kritanu hatte sie beide zusammen trainiert und, während er Max in die Grundtechniken eingewiesen hatte, Briyanis Kampfkünste so weit perfektioniert, dass dieser Max’ weitere Ausbildung übernehmen konnte, als sein Onkel älter wurde.
Zwar hatte Kritanu Victorias Training trotz seines Alters und seiner angeblich zunehmenden Gebrechlichkeit nicht aufgegeben, doch Max verübelte ihm das nicht. Es war gut, dass er Eustacias Nichte, die gleichzeitig die nächste Illa Gardella sein sollte, persönlich unterrichtete.
Briyani nun an seiner Seite zu haben rief Max jene frühen Jahre in Erinnerung, als er noch ein Einzelgänger gewesen war und sich vom Konsilium ferngehalten hatte, während er seine Kämpfe gegen die Untoten - und gegen sich selbst - austrug. Mit knapp dreißig war Kritanus Neffe, der dieselbe drahtige Statur besaß wie sein Onkel und ihm auch wegen seines bronzefarbenen Gesichts mit dem eckigen Unterkiefer stark ähnelte, ein paar Jahre jünger als Max. Er trug das glatte, schwarze Haar zu einem einzelnen Zopf geflochten, der ihm bis zur Taille reichte; und sein Talent im Umgang mit einem kadhara -Schwert suchte seinesgleichen. Als sich die beiden nun über den rückwärtigen Teil des Anwesens der Villa Palombara näherten, brauchten sie keine Worte, um sich zu verständigen.
Michalas folgte ihnen still, schlank und schnell wie eine Nebelschwade und bildete die Nachhut. Wayren hatte ein gutes Team zusammengestellt, doch die Verantwortung lag allein bei Max. Er führte seine Gefährten durch den verwilderten Garten mit seinen unbeschnittenen Bäumen, dann passierte er die
Mauer, vor der er Victoria geküsst hatte, ohne sie auch nur eines Blickes zu
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