Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
Dass ich meinen Vater und meine Schwester den Vampiren zum Fraß vorwarf? Auch mit sechzehn wusste ich schon, was falsch und was richtig ist. Und doch habe ich mich von der Aussicht auf Macht, Reichtum und Unsterblichkeit blenden lassen.«
»Und dann hast du während der folgenden siebzehn Jahre dein Leben riskiert und eine vis bulla getragen. Du hast deine Strafe mehr als verbüßt.«
Max verstummte abrupt und starrte Wayren finster an. Wayren, die ihm ebenso nahe stand wie einst Eustacia. Wayren, die mit ihrer Weisheit, ihrer Ruhe und ihrer Sanftmut mehr Mutterfigur für ihn gewesen war als Eustacia. Eustacia hatte den Kämpfer in ihm geweckt und gefördert; Wayren hatte den jungen Mann in ihm getröstet und unterrichtet.
Sie war es gewesen, die ihm durch die lebensgefährliche Prüfung geholfen hatte, deren Belohnung die vis bulla darstellte. Sie war bei ihm gewesen, als man sie durch sein Fleisch gestochen hatte und damit für ihn der Moment gekommen war, entweder zu leben und das Amulett der Venatoren zu tragen oder aber zu sterben.
»Warum willst du, dass ich die Salbe benutze?«, fragte er plötzlich. »Denkst du, dass ich nicht länger zum Venator tauge?
Wegen dem, was mit Eustacia passiert ist?« Seine Kehle war trocken, seine Hand verkrampft.
»Nein, Max. Nein.« Wayren stand auf, trat zu ihm und legte ihre schlanken Finger auf seinen Arm. Wie stets, wenn sie ihn berührte, fiel augenblicklich ein Teil seiner Anspannung von ihm ab. »Ich fürchte nur, dass Liliths Macht über dich eines Tages so groß werden könnte, dass selbst du nicht mehr dagegen ankommst. Immerhin hat sie dich schon dazu gebracht, ihr die Arbeit abzunehmen und Akvans Obelisken zu zerstören, was zum Tod ihres Sohnes und Rivalen führte. Du warst zwar erfolgreich, aber ebenso gut hättest du scheitern können. Was wird sie nächstes Mal von dir verlangen? Oder übernächstes Mal?«
Die in ihm angestaute Wut und Frustration ließen nach, während er ihren Argumenten lauschte. »Ich weiß es nicht. Aber noch besitzt sie nicht die Kontrolle über mich, die sie gerne hätte.« Max stand auf und durchquerte das winzige Zimmer. Auf einem kleinen Tisch neben dem schmalen Bett lag sein schwarz bemalter Lieblingspflock. Er war glatt und schwer und schmiegte sich perfekt in seine Hand. In sein stumpfes Ende war ein mit Silber intarsiertes Kreuz geschnitzt. »Victoria hat mir von dem Alchimistischen Portal erzählt. Ihr werdet mich brauchen, falls es den Untoten gelingt, die Schlüssel an sich zu bringen.«
»Du hast mit Victoria gesprochen?«
»Ja, letzte Nacht. Aber nur kurz.«
»Ich bin sicher, sie ist froh über deine Rückkehr. Es waren keine leichten Monate für sie - erst ihren Ehemann zu verlieren, dann Eustacia und schließlich auch noch dich. So, wie
du im Anschluss an Phillips Tod verschwunden bist, hast du es auch nach Eustacias getan. Diese Unbeständigkeit scheint dir langsam zur Gewohnheit zu werden.« Sie legte wie ein kleiner Zaunkönig den Kopf zur Seite und fixierte ihn mit ihren hellen Augen.
Max legte den Pflock mit einem leisen Poltern zurück auf den Tisch, dann warf er Wayren einen grimmigen Blick zu. »Ich war nicht in der Verfassung, hier in Rom zu bleiben oder eine vis bulla zu tragen.«
»Es war sehr schwer für sie, dich, den sie kennt und dem sie vertraut, in einer Zeit solchen Kummers und solcher Veränderungen zu verlieren.«
»Vertraut? Ich denke kaum, dass sie so unklug wäre, mir immer noch zu vertrauen. Außerdem war sie nicht auf sich allein gestellt. Du warst hier, und Ilias und auch noch andere.«
»Das stimmt, Max. Du hast Recht. Sie hat ihre Rolle als Illa Gardella ohne größere Schwierigkeiten übernommen. Ein bisschen Trauer vielleicht, ein paar schmerzvolle Momente … aber alles in allem leistet sie als Venator Erstaunliches. Es ist ihr Leben geworden. Und sie hat ein paar schwierige Entscheidungen getroffen. So besteht sie zum Beispiel darauf, dass niemand erfährt, wie Eustacia gestorben ist - um dich und deinen guten Ruf zu schützen. Sie macht weiter, als müsste sie nicht die Bürde ihrer Trauer tragen. Es ist wirklich bemerkenswert, wie gut sie inzwischen mit den Opfern und Umstellungen zurechtkommt, die dieses Leben ihr abverlangt.«
Wayrens Blick glitt zu dem kleinen Tiegel, und sie streckte ihren Finger aus, um ihn zu berühren. »Ich würde das hier gern an mich nehmen, falls du keine Verwendung dafür hast, Max.
Vielleicht kann ich herausfinden, was genau es ist, wodurch du
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