Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
sein, um sicherzustellen, dass alles gut geht. Vielleicht werde ich den Schlüssel ja selbst finden -«
»In Begleitung unseres fähigen Zavier«, fiel Max ihr ins Wort.
»Es ist tatsächlich ein guter Plan, deine Mutter von jemandem beschützen zu lassen. Allerdings nicht der beste.«
Victoria holte tief Luft, um die Wut, die sich in ihr zusammenbraute, zu besänftigen. Sie war nun die Illa Gardella, nicht mehr der frischgebackene Venator, den Max noch ein Jahr zuvor so mühelos hatte zur Weißglut treiben können. Sie war die Auserwählte; sie hatte ihr Können unter Beweis gestellt; sie besaß das Blut, die Fähigkeiten - und die beiden vis bullae .
Dies war nun ihr Leben.
Er mochte mehr Erfahrung haben als sie, und das war durchaus wertvoll. Trotzdem hatte auch sie Erfolge vorzuweisen. Warum also sollte sie sich seine Vorschläge nicht anhören können, ohne sich provoziert zu fühlen?
Auch wenn es sie ärgerte. Doch während sie langsam, so wie Kritanu es sie gelehrt hatte, wieder ausatmete, hob sie lediglich wortlos die Brauen - und zwar beide, als Antwort auf Max’ eine hochgezogene - und wartete, dass er fortfuhr.
»Wir wissen, dass Sara Regalado versucht hat, dich entführen zu lassen. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass sie, ihr Vater oder sonst jemand, der mit der Villa in Verbindung steht, Interesse an dem Schlüssel hat. Zwar leben keine Palombaras in Rom, aber trotzdem nehmen wir an, dass es hier Vampire gibt, die versuchen, die Schlüssel in ihren Besitz zu bringen, um das Alchimistische Portal zu öffnen. Hältst du es nicht auch für denkbar, dass irgendjemand sich als ein Palombara ausgibt und heute Nacht in der verlassenen Villa diese seltsame Party veranstaltet, in der Hoffnung, dabei auf einen der Schlüssel zu stoßen?«
»Und dass es in Wirklichkeit Vampire oder Tutela-Mitglieder sind?«, folgerte Victoria weiter. »Doch. Und aus ebendiesem
Grund habe ich Zavier gebeten, mich zu begleiten. Als Leibwache meiner Mutter.«
Nun lehnte auch sie sich bequem in ihrem Stuhl zurück. »Ich werde ebenfalls daran teilnehmen, Max, allerdings anonym. Ich lege nämlich keinen gesteigerten Wert darauf, von einem der vermutlich anwesenden Vampire erkannt zu werden. Und da meine Mutter ausgerechnet von den Tarruscelli-Zwillingen eingeladen wurde, die schließlich Freunde der Regalados sind, bin ich mir des Risikos durchaus bewusst, das ich eingehe, wenn ich die Ahnungslose spiele und einfach in die Villa spaziere.«
»Also planst du, dich heimlich in das Gebäude zu schleichen?«
Victoria nickte. »Ich werde mir irgendeine Ausrede einfallen lassen, die es mir erlaubt, Zavier als Begleiter meiner Mutter und ihrer Freundinnen zurückzulassen, während ich vorgebe, nach Hause zurückzukehren.«
»Ein brillanter Plan, Victoria. Du hast das Ganze wirklich durchdacht.« Max nickte, so als würde er ihr eine außerordentliche Ehre erweisen. »Ich werde dich dort treffen, dann können wir uns gemeinsam einen Weg nach drinnen suchen.«
Sie erwiderte nichts, weil sie ihm diese Genugtuung nicht gönnen wollte.
Außerdem hatte sie nichts anderes von ihm erwartet.
Kapitel 8
In welchem unsere Heldin in ein Abendkleid samt Accessoires gezwungen wird
N achdem sie am Eingang der Villa Palombara aus der
Kutsche gestiegen waren, ließ Victoria die Hand in Zaviers Ellbogenbeuge gleiten.
Sie trug ein Abendkleid, so als wollte sie einen Ball im Almacks’s besuchen, und war damit feiner und formeller gekleidet als seit Monaten. Trotz des Risikos, dass sie eventuell in eine Situation geriet, in der sich eine derartige Robe als eher unpraktisch erweisen konnte, hatte es sich dennoch gelohnt. Im tiefsten Innern hatte sie es genossen, den Ausdruck auf Zaviers Gesicht zu sehen, als sie fertig angekleidet in den Salon getreten war. Sie hatte beinahe schon vergessen gehabt, wie es sich anfühlte, sich für einen gesellschaftlichen Anlass in Schale zu werfen.
Dieser Teil ihres Lebens lag inzwischen so weit hinter ihr, dass er ihr wie ein Traum vorkam.
Lady Winnie hatte tatsächlich mit ihrer Zofe Rudgers gesprochen, die sich anschließend ungerechtfertigterweise die arme Verbena zur Brust genommen hatte. Aber zumindest war dieser damit das letzte Argument zugespielt worden, ihre Herrin so zu kleiden, wie es sich ihrer Meinung nach für eine Marquise ziemte. Victorias Seidenrobe schimmerte in einem roséfarbenen Perlmutt und war an den gerüschten Rocksäumen mit zweireihigen, dunkelvioletten Rosetten besetzt. Die
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