Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
Halstuch. Es war mehr denn offensichtlich, was du gerade getan hattest. Und würdest du dich bitte hinsetzen«, fuhr Victoria ihn an. »Dein Herumgestehe ist ziemlich nervig. Wenn du dich nicht setzt, sehe ich mich gezwungen aufzustehen – und ich wage zu behaupten, dass du nicht mit dem kompletten Anblick meines durchsichtigen Nachthemds konfrontiert werden möchtest.«
Er gab einen Laut von sich, der entweder ein unterdrücktes Lachen oder ein erstickter Hustenanfall war; aber wie auch immer, er leistete ihrer Aufforderung Folge und setzte sich hin – auf einen Stuhl, der am weitesten vom Bett entfernt und wo er wieder vollkommen im Schatten war. »Damit könntest du R echt haben.«
»So, und jetzt erzähl mir, warum du in London bist, wo du doch eigentlich auf der Flucht vor Lilith sein solltest.«
Sie konnte förmlich spüren, wie die Anspannung im Raum wieder wuchs. Alle Leichtigkeit des vorangegangenen Geplänkels erstarrte in Kälte. »Ah ja … die unglückselige Lage, in der ich mich befinde. Wir brauchen nicht über die banalen Begleitumstände zu sprechen, die mich wieder in dieses nasse, zugige Land zurückgeführt haben – eher sollten wir uns darüber unterhalten, wie ich dir bei deinem derzeitigen Problem helfen kann. Dem Vampirangriff am helllichten Tage.«
Victoria nickte und richtete ihre Aufmerksamkeit auf das von ihm vorgebrachte Thema, statt sich weiter einen verbalen Schlagabtausch mit ihm zu liefern. Das wurde nach einer Weile meist ohnehin langweilig, und um die Wahrheit zu sagen, war sie eigentlich froh, Max zu sehen. Wenn er nur nicht so kompliziert wäre. Und arrogant. Und grob. »Heute hat es wieder einen gegeben.«
Sie erzählte ihm von dem Vorfall und schloss mit ihren Vermutungen bezüglich Sara und George. »Aber es scheint mir sehr plump von ihnen, mich so offenkundig zu verhöhnen, wenn tatsächlich einer von den beiden der Vampir ist, der bei Tage umgeht.«
»Ich neige dazu, dir R echt zu geben. Obwohl Sara nicht unbedingt für ihre subtile Art bekannt ist.«
»Es kann kein reiner Zufall sein, dass ich diejenige war, die beide Opfer innerhalb eines Zeitraumes von zwei Tagen entdeckt hat.«
»Genau. Und wir müssen davon ausgehen, dass sie den Trank haben, der in dem Schriftstück beschrieben wird, das wir hinter der Magischen Tür in R om gefunden haben.« Er bewegte sich. Sie hörte es eher, als dass sie es sah. »Die Formel, die Vioget aus dem Konsilium stahl.«
Victoria strich eine lange Locke zurück. »Das habe ich nicht vergessen, Max. Aber er hat mich auch in die geheimen Räume einer Abtei unter London geführt, wo er einen der Ringe von Jubai zurückholte.«
»Doch er hat dir den Ring nicht gegeben, oder?«
»Nein. Aber er machte auch keinen Versuch, ihn vor mir zu verbergen.«
Max schnaubte. »Tja, man findet immer einen Strohhalm, nach dem man greifen kann, wenn man nur lange genug sucht.«
»Er hat Beauregard getötet. Das hat viel dazu beigetragen, dass ich Vertrauen zu ihm gefasst habe«, erklärte Victoria und verschwieg dabei die Tatsache, dass sie Sebastian eigentlich überhaupt nicht traute.
»Ihm blieb keine andere Wahl«, erwiderte Max mit ausdrucksloser Stimme. »Nachdem er zugelassen hat, was dir widerfahren ist.«
»Zugelassen hat?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Max. Es lag nicht an Sebastian – es war mein Fehler. Ich folgte ihm in Beauregards Höhle, ich ging ihm hinterher. Sebastian hat versucht, mich aufzuhalten – so kam er zu seiner Verletzung, durch meinen Pflock und dann durch die Vampire. Er wusste, was Beauregard wollte. Er wollte mich. Und nur durch das kupferne Armband ist es ihm gelungen, mich zu unterwerfen.«
Kupfer war das einzige Material, das nicht zerfiel, wenn ein Vampir getötet wurde. Alles andere, was das Geschöpf am Körper trug, löste sich in Asche und Staub auf … bis auf die Dinge, die aus Kupfer bestanden. Aus diesem Grunde hatte Lilith ihre fünf Ringe von Jubai aus dem weichen Material hergestellt und deshalb besaß Beauregards Armband auch die Fähigkeit, Sterbliche ihrer Kraft zu berauben. Auch wenn der Vampir getötet wurde … das Metall würde erhalten bleiben und mit ihm alle Kräfte, die damit verbunden waren.
»Und warum wollte Beauregard dich umwandeln, Victoria? Wegen Vioget. Er gab seinem Großvater zu viel – zu viel Freiheit, zu viel Loyalität, zu viel Unterstützung.« Wieder bewegte er sich, und sie sah, dass er jetzt abermals stand. »Ich hätte ihn getötet, wenn es notwendig
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