Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
Vorhersage erzählen. Sie würde eine Möglichkeit finden, es zu verhindern.
»Und aus welchem Grund sind Sie nach London gekommen? Erinnern Sie sich nicht mehr daran, wie Sie das letzte Mal geflohen sind – dabei dachten Sie, Sie hätten mich in Ihrer Gewalt«, fragte Victoria herablassend.
Das Gesicht der Kreatur bekam blaue und graue Flecken, aber sie erwiderte gelassen: »Ach, glauben Sie ja nicht, dass nur Sie oder Maximilian mich in diese kalte Stadt geführt hätten. Ich war noch nicht einmal sicher, dass er hier ist, bis Sara ihn bei diesem Maskenball entdeckte. Ihr beiden seid nur Beiwerk bei dieser Sache.« Ihre Miene brachte Victoria dazu, weiterzufragen.
»Waren Sie diejenige, die Bemis Goodwin auf mich angesetzt hat?«
»Gebeten habe ich ihn nicht gerade darum, aber aufgehalten habe ich ihn auch nicht. Er ist ein wertvolles Mitglied der Tutela, und obwohl ich keinen großen Nutzen davon habe – Sterbliche sind, wie ich ärgerlicherweise erkennen musste, nicht so zuverlässig wie Untote –, sah ich keinen Grund, es ihm zu verbieten. Er hat dafür gesorgt, dass Sie beschäftigt und abgelenkt waren … und fast eingekerkert worden wären«, erklärte sie mit einem blassen Lächeln. »Dadurch hatte ich freie Hand, meine Pläne in die Tat umzusetzen.«
»Sie wagen es nicht, mir davon zu erzählen, weil Sie Angst haben, dass Ihre Vorhersage nicht wahr wird«, meinte Victoria herausfordernd.
Lilith kniff die Augen zusammen, dann leuchteten sie auf. Ein bösartiges Lächeln lag auf ihrem Gesicht. »Sie spüren bereits den Sog der Gewissenlosigkeit, Venator. Die Saat alles Bösen beginnt im Ich. Wenn jemand sich über alles und jeden setzt, gedeiht das Böse, breitet sich aus und verschlingt alles. Und Sie haben bereits Dinge getan … obwohl Sie wussten, dass es falsch war. Nicht wahr?«
Plötzlich öffnete sich hinter Victoria die Tür. Sie drehte sich um und sah, dass zwei Vampire ein Pärchen sich wehrender, kreischender junger Frauen hereinzerrte.
Ihr Herz fing an zu rasen, und ihr Griff um den Pflock verstärkte sich, als Lilith aufstand.
»Ach, wie hübsch«, sagte die Vampirkönigin. Sie neigte den Kopf hoheitsvoll, und einer der Untoten stieß seine Beute nach vorn.
Victoria wusste, was passieren würde, und wappnete sich innerlich. Es gab nichts, das sie hätte tun können, um die beiden Frauen zu retten … sie hatte das Gefühl, wieder bei der schrecklichen Tutela-Zusammenkunft in Venedig zu sein, wo sie beobachtet hatte, wie ausgehungerte, durstige Untote über mehrere junge Frauen hergefallen waren. Sie packte ihren Pflock fester … sie könnte einen Vampir niederstrecken, vielleicht auch zwei, aber was dann? Es waren insgesamt fünf, mit Lilith.
Der Geruch von Blut erfüllte den Raum, und Victoria merkte, dass sich in ihrem Kopf alles zu drehen begann, als der schwere, metallische Odem ihre Sinne überflutete. Speichel sammelte sich in ihrem Mund, sie schluckte, schüttelte den Kopf und spürte, wie ihre Glieder ganz schlaff und schwer wurden.
Die Schreie des Mädchens gingen in leise Gurgellaute über, während es nach Luft schnappte. Victoria merkte, dass sie sich zusammenreißen musste, um auf ihrem Stuhl sitzen zu bleiben. Lilith hob den Kopf von der aufgetriebenen Vene am Hals ihres Opfers und sah Victoria an. Sie aß geziert; sogar wenn sie lächelte, dieses schreckliche, wissende Lächeln, schimmerten ihre Zähne schneeweiß.
»Sie kämpfen sogar jetzt dagegen an«, sagte Lilith zu Victoria, dann winkte sie ab, und der Vampir, ihr Lakai, schaffte das bewusstlose Mädchen weg, um es gleich durch das andere zu ersetzen. Wie schon zuvor hielt der Diener das Mahl seiner Herrin auch diesmal fest, während sie von ihrem Opfer trank. Dieses Mal konnte Victoria den Blick nicht von den langen, schmalen Zähnen losreißen, die in den Hals des wimmernden Mädchens glitten.
Sie spürte den Pflock in ihrer Hand nicht mehr. Ihr ganzes Denken drehte sich nur noch um den Geruch von Blut und ihr Verlangen. Das Blut raste durch ihre Adern … vor ihre Augen legte sich ein roter Schleier … ihre Finger zitterten, als sie sie um die Kanten ihres Stuhles legte. Nur dieser Klammergriff hielt sie auf ihrem Stuhl.
Lilith beendete ihr Mahl, und die unglücklichen Mädchen wurden weggebracht. Jetzt sah die Vampirkönigin ihre verbliebene Gefangene voller Appetit an. »Vielleicht sollte ich doch noch einmal von Ihnen kosten, meine Liebe. Ich sehe, dass der Blutgeruch Ihre Venen zum Singen gebracht
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