Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Titel: Das Buch der Verdammnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Schuberth
Vom Netzwerk:
verging, und schon im nächsten Moment tauchten Fragen und Zweifel auf.
    "Ich freue mich, Sie kennenzulernen."
    Die Stimme des Fremden war tief und melodisch und hatte diesen leichten, osteuropäischen Akzent, den ich Hank Lester in meinen Geschichten angedichtet hatte. 
    "Ich freue mich, Sie kennenzulernen", äffte ihn Gonzo nach. "Der Kerl redet vielleicht. Mann Junge, hast du einen Joint intus, dass du so redest."
    Während Gonzo noch lachte, überlegte ich fieberhaft, was hier eigentlich los war. Ich sah mich um, um mich zu vergewissern, dass ich nicht träumte. Doch ich stand tatsächlich neben einem Mann, der aussah, sprach und hieß wie Hank Lester.
    Der Fremde wandte sich an Charlie, die ihn schon die ganze Zeit angestarrt hatte.
    "Könnten Sie mir einen Caipirinha machen, Baby.“
    Gonzo und ich waren wie erstarrt. Er hatte Baby zu Charlie gesagt. Zu einer Frau wie Charlie, der unfreundlichsten Bedienung der Stadt. Gleich würde sie ihm an die Gurgel gehen oder wenigstens ein leeres Weizenglas nach ihm werfen. Aber Charlie sah mich nur fragend an. "Was will er?"
    "Er will nen Caipirinha, nen Cocktail, steht auf eurer Karte."
    Charlie überlegte kurz, dann verzog sie sich. Wahrscheinlich hatte seit Jahren kein Gast mehr einen Cocktail bestellt. Hier gab es nur zwei Arten von Trinkern. Die erste Gruppe stand auf helles Weizenbier, die zweite Gruppe auf dunkles Weizenbier. Manchmal wechselte ein Trinker von hellem zu dunklem Weizenbier, aber das war schon ein großer Schritt.
    Ich musterte den Fremden unauffällig von der Seite. Irgendein Spiel fand hier statt, ein Spiel, das ich noch nicht durchschaute.
    Gonzo schien sich überhaupt nicht zu wundern. Nach drei Weizenbieren redete er ohne Punkt und Komma auf den Fremden ein, egal ob er zuhörte oder nicht.
    Charlie kam und stellte einen Caipirinha vor Hank Lester.
    "Ein Caipirinha", sagte sie. "Und lassen Sie es sich gut schmecken."
    Sie schenkte ihm ein etwas unsicheres Lächeln.
    Gonzo und ich sahen uns verblüfft und sprachlos an.
    Es waren zwei für uns völlig unfassbare Dinge passiert. Charlie hatte gelächelt, es war das erste Mal, dass ich ein Lächeln auf ihrem Gesicht gesehen hatte. Und sie hatte einen freundlichen Satz zu dem Fremden gesagt. Noch nie hatten wir gehört, dass Charlie zu irgendeinem Gast mehr gesagt hatte als "Sauf bloß nicht so viel" oder "Wenn du hier einen auf Macker machst, tret ich dir in den Arsch" und jetzt das. Und dass sie einen der Kneipengänger hier gesiezt hatte, war auch nie vorgekommen.
    Charlie stand noch immer da, mit diesem neuen, unsicheren Lächeln und sah auf den Fremden.
    Gonzo hatte seine Sprache wieder gefunden. "Was ist mit meinem Weizen?", fragte er. Sein Glas war schon wieder leer.
    "Braucht noch etwas", sagte sie, ohne den Blick von dem Fremden zu lassen.
    Dieser nahm einen Schluck von dem Caipirinha. Er wartete ein wenig, prüfte den Geschmack. Dann nickte er.
    "Das ist ein ausgezeichneter Caipirinha", sagte er. "Sie sind eine Könnerin. Darf ich vielleicht Ihren Namen erfahren?"
    Charlie wurde rot. Auch das war nie vorher geschehen. Sogar in der dämmrigen Beleuchtung der Kneipe konnte man sehen, dass sie knallrot wurde.
    "Charlotte Broder", sagte sie. "Ich arbeite nur manchmal hier. Privat hab ich mit so Suffköpfen nichts zu tun."
    Bei dem Wort Suffköpfen deutete sie mit dem Kopf auf uns.
    "Hey", sagte Gonzo, "das ist ne Beleidigung. Und wo bleibt mein Weizen?"
    "Halt die Klappe", sagte Charlie. Sie lächelte den Fremden wieder an. "Bis bald also." Dann verzog sie sich zum Ausschank.
    Gonzo und ich sahen uns wieder an. Warum benahm sich die unfreundlichste Bedienung der Stadt gegenüber diesem Mann namens Hank Lester, als wäre sie ein zahmes Kätzchen.
    Kurze Zeit später kam Charlie zurück. "Sauf nicht so viel", sagte sie zu Gonzo. Sie knallte sein Weizen vor ihn auf den Tresen. Es schwappte leicht über und versaute Gonzos Shirt.
    "Eine ganz außergewöhnliche Frau", sagte der Fremde.
    "Na ja", meinte Gonzo.
     
    Nach einem weiteren Weizenbier hörte ich auf, über den Fremden an meiner Seite nachzudenken. Der Alkohol hatte alles in meiner Umgebung mit einem wohligen Schleier überzogen. Charlie hatte uns zwei Runden Jägermeister ausgegeben, ich muss nicht erwähnen, dass es auch das nie zuvor gegeben hatte.
    Wir hatten die Gläser in einem Zug gekippt. Ich fing an, die Dinge so zu nehmen, wie sie waren und ich fand es auch nicht mehr seltsam, den Fremden Hank zu nennen.
    Es war Gonzo, der auf

Weitere Kostenlose Bücher