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Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Titel: Das Buch der Verdammnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Schuberth
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flimmerte über den Schirm. Die bewegten Bilder auf dem Fernseher waren ein scharfer Kontrast zu der wie von Geisterhand eingefrorenen Szene im Café.
    In diesen kurzen Sekunden, in der die ganze Szenerie auf Pause stand, glaubte ich die Empfindungen und Gefühle im Raum überdeutlich wahrzunehmen. Als hätte sich die Stimmung, die von den mich anstarrenden Gästen ausging, materialisiert, sie stand mitten im Raum und ich spürte ihre Präsenz. Feindseligkeit und Hass spürte ich, sodass sich die Härchen auf meinem Arm aufrichteten. Eine unangenehme Kühle wie aus Eisen umfasste meine Gelenke.
    Dann löste sich die Starre, die Leute im Café wandten sich wieder ihren Gesprächen zu, die Empfindung der Kälte in den Gelenken verschwand und die Bedienung starrte auf den Fernseher, als hätte sie mich nicht bemerkt.
    Ich ging zu dem einzigen freien Hocker an der Bar und setzte mich. Ich hatte erwartet, dass in dem Café vor allem Gäste aus der nahe gelegenen Universität waren, aber die Frauen und Männer an den Tischen sahen nicht aus wie Studenten.
    Links am großen Fenster gab es einen Tisch mit vier Männern, die Karten spielten. Sie waren alle übergewichtig, ihre großen Hintern quollen über die Stühle und jeder hatte ein Bier vor sich stehen.
    Daneben saß eine schlanke, blonde Frau, die ein enges Top anhatte.
    "Möchten Sie etwas?" Die Bedienung war wie aus dem Nichts vor mir aufgetaucht und sah mich aus ihren kleinen Äuglein an.
    Ich bestellte einen Cappuccino und die Frau ging zu der überdimensionierten Kaffeemaschine.
    Auf dem Fernseher lief jetzt Werbung für eine Automarke. Zwei alte Frauen in bizarr aussehenden Kostümen, die direkt unter dem Gerät saßen, blickten mit regloser Miene auf den Schirm.
    Die Bedienung brachte mir den Cappuccino. Sie stellte ihn vor mich, ohne etwas zu sagen. Ich schüttete etwas Zucker in die Tasse und rührte mit dem Löffel um.
    Ich nahm einen Schluck. Dann stand ich auf und ging zu dem Durchgang, der zu den zwei Toilettentüren führte. Die Wände waren dunkelrot, an einigen Stellen blätterte der Putz ab. Ich ging auf die Männertoilette, wusch mir die Hände. Ich blickte auf mein Gesicht im Spiegel über dem Waschbecken. Meine Augen sahen müde aus. Unter ihnen hatten sich tiefe Ringe in die Haut gegraben.
    Mit einem Papier trocknete ich meine Hände ab, ich blickte auf und sah ihn plötzlich im Spiegel. November stand in der Ecke hinter mir, sein Gesicht seltsam vergrößert, zu einer Fratze entstellt, die mich höhnisch angrinste. Auf einmal verzerrten sich seine Züge, sein Antlitz erschien wie eine flüssige Maske, die in Sekundenschnelle verschwamm und sich neu formte und ein neues Gesicht erschien unter der flüssigen Haut. Baretta starrte mich jetzt an.
    Mit einem Ruck drehte ich mich um, doch der Platz hinter mir war leer. Ich blickte wieder in den Spiegel. Das Gesicht in der Ecke war verschwunden. Mein Herz schlug laut und hämmernd gegen meine Kopfhaut, das Pochen schien aus meinem Schädelinnern zu kommen, mein Hals war trocken. Hastig stürzte ich aus der Toilette.
    Ich blieb nicht mehr lange. Die ganze Zeit hatte ich das Gefühl, als würde man jede meiner Bewegungen beobachten. Manchmal drehte ich mich um, weil ich glaubte, hinter mir wäre Baretta. Doch jedes Mal sah ich nur in die leeren Gesichter der Kneipengäste.
    Als ich gezahlt hatte und die Kneipe verließ, hatte ich ein Gefühl der Erleichterung.
     
    Die nächsten Tage verbrachte ich wie in Trance. Die Geschehnisse um mich her liefen ab wie ein Film, in dem ich nur eine Statistenrolle hatte.
    In den Nächten lag ich wach. Wenn ich doch einschlief, hatte ich Albträume. Riesige Monster mit Schweinsgesichtern verfolgten mich, bis ich schweißüberströmt erwachte.
    Am Morgen nach diesen Nächten ging ich zuerst zu unserem Medikamentenschrank im Bad. Ich schluckte zwei der blauen Pillen, die mir Gonzo besorgt hatte, als ich nach der Trennung von Eva an Schlaflosigkeit litt.
    Über seinen Vater, der Chefarzt einer Privatklinik war, hatte sich Gonzo eine ganze Sammlung von Betablockern und Beruhigungspillen zugelegt. Er warf sie zu bestimmten Zeiten ein wie Vitamintabletten, um sich einen Kick zu geben.
    Die Pillen ließen mich die Tage überstehen. Ich spürte eine wohlige Wärme, alles erschien wie hinter einem bläulichen Schleier, und wenn ich an den Abend der Verlagsparty dachte, wirkte die Erinnerung blass und weit entfernt.
    Jeden Tag setzte ich mich gleich nach dem Frühstück an den

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