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Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Titel: Das Buch der Verdammnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Schuberth
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meiner Bewegungen aus den Augenwinkeln beobachtete.
    Hank hatte eine graue Trainingsjacke an und seine Kapuze übergezogen. So wie er stumm neben mir lief, sah er aus wie ein dunkler Mönch.
    Er antwortete nicht auf meine Frage. Wir waren aus dem Haus in Richtung Dianapark gegangen. Von unserem Haus bis zur Wohnung waren es vielleicht dreißig Minuten zu Fuß.
    Manchmal erschienen die Scheinwerfer eines Autos, wurden größer und verschwanden wieder in der Dunkelheit. Fußgängern begegneten wir nicht.
    Dichter Regennebel hüllte uns ein wie eine graue Milchsuppe.
    „Verdammt noch mal, wohin gehen wir?“, wiederholte ich meine Frage.
    Hank warf mir einen kurzen Seitenblick zu.
    „Wir sind gleich da“, sagte er.
    Er lief schneller, ich hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
    Wir liefen über eine Straße und erreichten den Dianapark. Der Nebel war nicht mehr so stark, in der Ferne sah ich das Verlagsgebäude. Davor reckten sich Bäume wie graue Riesen in den Himmel.
    Kein Mensch war zu sehen, es war auf einmal still, als wären wir in einen abgeschlossenen Raum eingetreten, der allen Lärm von außen filterte.
    Hank hatte mich zu dem Eingang des Parks geführt, der dem Verlagsgebäude direkt gegenüberlag. In der Mitte an dem Fluss war die kleine Cafébar Fanal, in der Helen Zigaretten hatte kaufen wollen.
    Sie war vielleicht zweihundert Meter von uns entfernt.
    Wir liefen mitten durch eine Wiese, plötzlich bog Hank nach links ab, wo es nichts gab außer dichtem Gestrüpp. Hank bahnte sich einen Weg durch die Büsche.
    „ Was soll das? Ich möchte jetzt endlich wissen, wohin wir gehen?“
    Hank antwortete nicht. Er ging stumm, weiter, schob Äste und Büsche zur Seite, kleine Äste schnellten gegen mein Gesicht.
    Warum drehte ich nicht einfach um und rannte zurück? Ich tat es nicht, weil ich Angst hatte. Hank hatte mich mit einem Blick angesehen, als würde er mir bei einem Fluchtversuch sofort die Kehle aufschlitzen.
    Doch das war nicht die ganze Wahrheit. Ich wollte es wissen. Der blaue Schleier war verflogen, in meinem Kopf war ein dumpfer Schmerz, etwas schrie danach, wieder in die dämmernde Müdigkeit zu versinken, die mir die Pillen schenkte. Doch da war noch etwas anderes in mir, das endlich wissen wollte, was los war.
    Ich wollte wissen, ob ich mir die Ereignisse der Verlagsparty nur eingebildet hatte, ich wollte wissen, was Realität und Traum war und ich ahnte, dass ich es nur erfahren würde, wenn ich Hank folgen würde. Also sagte ich nichts und ging ihm nach.
    Wir kamen zu einem Zaun, hinter dem ich den Schatten eines zerfallenen Hauses wahrnahm. Hank stieg durch ein Loch und ich folgte ihm.
    Ich wusste, wo wir waren. Ich war oft mit meinem Fahrrad an diesem baufälligen Haus vorbeigefahren. Einmal war ich genau wie heute durch die Büsche zu dem Zaun gelaufen. Alles wirkte verlassen, trostlos und kaputt. Es hatte mich gereizt, den alten, baufälligen Zaun zu überwinden. Doch ich hatte damals zu wenig Zeit und war wieder umgekehrt.
    Als wir uns jetzt durch die Büsche schlugen, fühlte ich mich auf einmal wie in eine andere Zeit versetzt.
    Als wäre dieser Ort verwunschen, als würden alle Lebewesen hier ihren hundertjährigen Schlaf schlafen, und auf den einen warteten, der sie daraus befreien würde.
    Doch das war kein Märchen, in dem wir uns befanden. Es regnete stärker, die Feuchtigkeit kroch unter meine Jacke, ein struppiger Dorn schnellte in mein Gesicht.
    „Kannst du nicht aufpassen?“, schrie ich nach vorne, doch Hank schien mich nicht zu hören.
    Dann kamen wir an das Haus. Es stand stumm und grau vor uns. Die Wände waren verwittert, die Fenster zerbrochen und es war, als würde ein Luftsog aus dem Innern strömen, der versuchte, einen in das Haus zu ziehen.
    Hank stand vor einer schweren Holztür, in der graue Risse klafften.
    Er trat mit seinem Fuß mehrmals gegen das Schloss, das Holz um das schwere Eisen splitterte, und schließlich öffnete sich die Tür einen Spalt.
    Hank machte sie auf. Dahinter führte eine Holztreppe nach unten. Eine dunkle Schwärze starrte uns an.
    Hank leuchtete mit der Taschenlampe über die Stufen. Der Strahl verscheuchte eine Ratte auf dem Steinboden am Ende der Treppe.
    „Da müssen wir runter“, sagte Hank.
    Ohne sich nach mir umzudrehen, ging er voran und ich folgte ihm.
    Die Treppen knarzten unter unseren Schritten, die Luft war eisig, das Licht der Taschenlampe flackerte über den Boden, irgendwo hörte ich ein Rascheln.
    Am Ende der Treppe

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