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Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Titel: Das Buch der Verdammnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Schuberth
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umgeschlagen, eine dichte Wolkendecke stand am Himmel.
    Ich war nicht weit von der Stelle, an der ich gestürzt war. Einen Moment blieb ich unschlüssig stehen. Dann stellte ich mein Rad ab und ging auf die Stelle zu. Hier war es gewesen. Ich stand direkt vor einer Wurzel, die aus der Erde ragte. Das musste das Hindernis gewesen sein, über das ich gestolpert war. Ungefähr zehn Meter weiter ging die Wiese in dichtes Gebüsch über.
    Davor stand ein Schild, das darauf hinwies, dass hier Naturschutzgebiet war. Ich ging einige Meter im Kreis. Was war in der Nacht passiert? Tatsache war, dass ich nicht weit von hier im Gebüsch geschlafen hatte. Wie ich dorthin gekommen war, wusste ich nicht. Vielleicht hatte mich ja wirklich etwas verfolgt, ein harmloser Hund und durch das Gesöff von Hank war es mir wie ein riesiges Monster erschienen.
    Dann bemerkte ich etwas. An einer Stelle, wo das Gras verschwunden und nackte Erde sichtbar war, erblickte ich eine Spur. Der Abdruck eines riesigen, menschlichen Fußes.
    Ich ging auf die Knie und sah mir die Sache genauer an. Ich musste an die Geschichten von Karl May denken. Die Szenen, in denen Winnetou seinen überragenden Scharfsinn unter Beweis stellte, indem er aus kleinen Spuren messerscharfe Folgerungen zog. Was hätte ein erfahrener Spurenleser wie er aus einer solchen Spur herausgelesen. Wann jemand hier vorbeigekommen war, in welche Richtung er gegangen war und wann er sich das letzte Mal die Füße gewaschen hatte.
    Aber ich sah nur einen riesigen Fußabdruck. Viel zu groß, ungefähr der doppelte Umfang, den mein Fuß hier hinterlassen hätte. Ich beugte mich nach unten, roch an dem Abdruck. Ich glaubte, eine Spur des ekelerregenden Geruchs zu erschnüffeln, der mich vor zwei Tagen fast betäubt hatte.
    Langsam richtete ich mich wieder auf.
    Es lag eine seltsame Stille über der Umgebung. Ich sah mich noch einmal um, dann ging ich wieder zurück zu meinem Fahrrad und fuhr zu der Cafébar am Fluss. Sie hatte tatsächlich offen, ich sah von Weitem, wie zwei Männer die Eingangstür öffneten und eintraten.
    In der Nähe des Lokals stoppte ich, stieg von meinem Fahrrad und schloss es ab.
    Hier hatten wir gestanden, Helen und ich. Etwa 30 Meter von dem Café Fanal entfernt. Ich hatte hier gewartet, aber Helen war nicht zurückgekommen. Vor dem Café standen ein paar Stühle, doch sie waren leer. Es war zu kühl. Ich sah zum Himmel, die Wolken hatten sich wie ein grauer Schirm über der Umgebung ausgebreitet.
    Auf einmal öffnete sich die Eingangstür der Bar und ein Mann kam heraus. Er war jung, wahrscheinlich ein Student der nahe gelegenen Universität, schlank, mit einer Hornbrille und langen Haaren. Als er mich sah, blieb er stehen. Er sah zurück zur Tür, die sich mit einem knarzenden Geräusch hinter ihm schloss. Dann blickte er wieder nach vorne. Er war auffällig blass, sein Gesicht war regungslos, wie eingefroren. Dann setzte sich der Mann in Bewegung, lief an mir vorbei, ohne mich anzusehen.
    Ich ging zur Eingangstür des Cafés und trat ein.
    Der Raum war nur spärlich eingerichtet. Um einfache, schwarze Tische saßen die Gäste. Weit mehr, als ich von außen vermutet hatte. An der linken Seite war eine Theke, auch sie aus schwarzem Holz, und dahinter stand eine ältere Frau mit dicken, blonden Zöpfen, die Jeans und ein schwarzes T-Shirt trug, auf dem etwas in chinesischen Schriftzeichen stand.
    An der anderen Seite war eine alte Jukebox und an den Wänden entdeckte ich gerahmte Drucke von Dali.
    Dies alles registrierte ich in Sekundenbruchteilen, es drang für kurze Zeit in mein Bewusstsein, um gleich wieder zu verschwinden. Denn beim Eintreten in das Café geschah noch etwas anderes, etwas was sich hinter den vordergründigen Eindrücken abspielte, die in mein Bewusstsein stürmten.
    Was ich in diesem Moment des Eintretens erlebte, ließ sich nicht in Worte fassen, es war als würden für einen Moment die Dinge ohne mich ablaufen und ich in einem geschützten Kokon stehen, wo ich alles von außen sah und nicht einmal mehr Betrachter war.
    Die Gespräche waren mit einem Schlag verstummt. In der gespenstischen Stille konnte man das Knarzen der Tür, die hinter mir ins Schloss schwang, überdeutlich hören, es schmerzte geradezu in den Ohren. Die Blicke der Gäste richteten sich auf mich und die Bedienung hinter dem Tresen sah mich erwartungsvoll an.
    In der oberen hinteren Ecke des Raums hing ein kleiner Fernseher, der ohne Ton lief. Eine alte Folge von 'Friends'

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