Das Buch der Verdammnis (German Edition)
eine Schreibblockade gehabt. Aber es war durchaus wahrscheinlich, dass er jetzt dabei war, die Geschichte zu einem Ende zu bringen.
Dann dachte ich an Hank. Gonzo hatte gesagt, dass etwas nicht gestimmt hatte, als seine Frau ihn abgeholt hatte.
Ich suchte im Internet nach der Adresse von Hank und fand die Homepage seiner Kammerjägerfirma. Doch als ich ihn anrief, meldete sich niemand.
Und dann war da noch Helen. Wer war sie wirklich? Wenn ich die irrationale Variante ernst nahm, dann gab es darauf nur eine Antwort.
Es war später Nachmittag, als ich mich noch einmal schlafen legte. Ich hatte Träume, in denen ich von blutrünstigen Monstern angefallen wurde. Als ich nach Stunden aufwachte, fühlte ich mich wie nach einem Marathonlauf. Ich ging in die Küche. Vor der Spüle stand eine fremde Frau, die mir den Rücken zuwandte. Sie trug enge Jeans und hatte einen ausgesprochen sexy Hintern.
„Hey“, sagte ich.
Die Frau drehte sich um. Ich brauchte einige Zeit, um zu realisieren, dass es Meike war, die vor mir stand.
Sie sah anders aus, ganz anders als gestern. Die Brille war verschwunden, sie trug ihr Haar offen und hatte vor allem nicht mehr einen ihrer furchtbaren Röcke an. Zum ersten Mal sah ich, dass hinter der Kitschautorin im Biedermeierlook eine sehr attraktive Frau steckte.
„ Gonzo hat mich reingelassen. Ich wollte dich nicht wecken, deshalb habe ich gewartet.“
Ich konnte immer noch nicht fassen, dass die Frau vor mir Meike war.
Ich glotzte sie an, sie errötete leicht, beugte ihren Kopf nach rechts und links, eine völlig unsinnige Bewegung, aber das lag daran, dass sie verlegen war.
„ Du siehst ganz anders aus“, sagte ich.
„ Ja, ich weiß nicht. Das ist vielleicht ein bisschen eng. Die Hose und das Shirt.“
„ Oh nein, es ist genau richtig. Als ich reinkam, habe ich gedacht, mein Gott, wer ist die Frau mit dem geilen Arsch. Und jetzt stehe ich da und denke, das ist Wahnsinn, ich kenne diesen geilen Arsch.“
Ich hatte geredet, ohne viel nachzudenken. Meike sah mich an. Sie wirkte unsicher, als ob sie nicht wusste, ob sie verärgert über meine Worte war oder sich darüber freute.
„Ich wollte dich nicht beleidigen“, sagte ich schnell. „Wenn das jetzt sexistisch war, dann tut es mir leid. Ich wollte dich jetzt nicht auf einen Körperteil reduzieren.“
„ Ach“, sagte Meike. „Ist schon gut.“
Wir standen in der Küche und sahen uns an.
„Ich wollte mir nen Kaffee machen“, sagte ich. „Willst du auch einen.“
„ Ja.“
Dann saßen wir gemeinsam am Küchentisch. Ich sah auf die Uhr über der Spüle. Es war schon halb neun.
„Ich hab fast nicht geschlafen“, sagte Meike. „Ich hab die ganze Zeit überlegt, was da gestern eigentlich passiert ist.“
„ Ich hab heut den ganzen Vormittag alte Hank-Lester-Hefte gelesen. Ob da vielleicht irgendwas drin steht, was uns helfen könnte.“
„ Und?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Was war eigentlich mit diesen Frauen auf meiner Lesung? An die musste ich auch die ganze Zeit denken.“
„ Ja“, sagte ich. „Ich schätze, das waren alles Nachtmutanten.“
„ Und was sind Nachtmutanten?“, fragte sie. „Ich meine, du hast gestern was davon erzählt, aber wie hast du das in deinen Geschichten beschrieben? Wie wird man ein Nachtmutant?“
„ Nachtmutanten sind so was wie Zwischenwesen, die Stufe, in der man sich zu einem Schweinemonster entwickelt. Es ist so ähnlich wie bei den Werwölfen. Bis zum Vollmond verwandelt man sich jede Nacht in ein Schweinemonster. Und zu Vollmond geschieht dann die endgültige Verwandlung in ein Monster. Ich hatte dann noch die Idee, dass Nachtmutanten einen Heißhunger auf Süßes entwickeln, richtig fresssüchtig werden.“
„ Wie bist du bloß auf so was gekommen? Warum ausgerechnet Schweinemonster?“
„ Ich wollte damit zeigen“, versuchte ich zu erklären. „dass im Grunde in jedem von uns ein Schwein steckt. Und dass die Nachtmutanten dann dauernd Süßigkeiten essen, das soll so etwas wie eine Kritik daran sein, wie die Süßwarenhersteller versuchen, uns von ihren Produkten abhängig zu machen.“
„ Verstehe, du hast nicht einfach eine Horrorgeschichte geschrieben, sondern im Grunde eine tiefsinnige Parabel über die gesellschaftlichen Zustände.“
Ich hörte Ironie aus ihren Worten. Warum musste nur immer jeder auf meinen Geschichten herumhacken?
Meike nahm einen Schluck von ihrem Kaffee.
„ Die weiblichen Nachtmutanten scheinen deine Bücher zu
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