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Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Titel: Das Buch der Verdammnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Schuberth
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Kerl? Ich wechselte einen kurzen Seitenblick mit Meike. Bevor ich den Mund aufmachen konnte, antwortete sie:
    „Wenn Sie mit deswegen das meinen, weswegen wir hier sind, dann sind wir deswegen hier.“
    Der Mann glotzte sie an. Unter seiner Gesichtshaut schien sich etwas zu bewegen, als würde ein zweites Gesicht unter der Haut zucken.
    Endlich nickte er.
    „ Ich glaube, wir haben uns verstanden.“
    „ Ganz bestimmt“, sagte ich.
    „ In zwei Minuten geht es los.“
    Mit diesen Worten ging er zurück zu seinem Tisch. Bevor er sich setzte, sah er noch einmal zu uns. Sein Blick hatte etwas Bedrohliches.
    „Das war richtig gut, deine Antwort“, sagte ich leise.
    Meike blickte starr vor sich auf den Tresen.
    „Das ist verdammt unheimlich hier“, sagte sie. „Vielleicht sollten wir einfach gehen.“
    Ich nahm einen Schluck von meinem Bier.
    „Ich glaub, das geht nicht. Die beobachten uns. Und wir können Gonzo nicht im Stich lassen.“
    Meike nickte. „Du hast recht.“
    In diesem Moment brach die Musik ab. Wie auf ein Zeichen erhoben sich alle Gäste im Raum. Die Bedienung an der Theke legte ihr Wischtuch beiseite, einen Moment herrschte eine gespenstische Stille, alle standen regungslos da mit starrem Blick. Dann bewegte sich der Mann, der uns angesprochen hatte. Er ging zu dem Durchgang, der zu den Toiletten führte. Wie Roboter trotteten die anderen Gäste hinter ihm her. Alles geschah, ohne dass irgendeiner ein Wort sagte, wir saßen immer noch auf unseren Hockern, als ich plötzlich bemerkte, dass einer der Rocker neben uns stand. Er sah uns mit starrem Blick an. Hinter ihm warteten noch drei Männer.
    „ Geht schon“, zischte er.
    Wir stiegen wie automatisch von unseren Hockern und folgten einem Liebespärchen vor uns. In Zweierreihen, wie im Kindergarten, gingen wir zu dem Gang.
    Dann sah ich es. Es gab eine Tür an der Wand. Sie war offen, und wir marschierten hindurch. Diese Tür hatte es vorher nicht gegeben. Mein Herz raste auf einmal. Eine Schockstarre legte sich auf alle meine Glieder, ich funktionierte wie ferngesteuert, lief einfach mit.
    Ich ging durch einen weißen Flur, dann wurde der Gang breiter, es wurde mit einem Mal dunkel, einige der Nachtmutanten um uns hatten Taschenlampen in der Hand, mit der sie den Weg beleuchteten. Wir liefen immer geradeaus. Rechts und links waren dunkle Felsen, der Boden unter uns war fest getretener Lehm und das Ganze sah aus wie ein in die Erde gehauener Gang. Ein Luftzug kam uns entgegen. Der eklige, schweflige Gestank, den ich schon in der Bar bemerkt hatte, wurde stärker.
    Ich weiß nicht, wie lange wir durch diesen Gang liefen. Ich sah vor und neben mir nur Leiber und Köpfe, die sich in einem gleichmäßigen Trott nach vorne bewegten. Im Halbdunkel erkannte ich die Umgebung nur schemenhaft, manchmal hingen kleine Leuchten an den Wänden, die ein schwaches Licht gaben. Immer wieder gab es links und rechts Abzweigungen, aus denen weitere Nachtmutanten zu unserer Gruppe stießen, sodass unser Zug immer größer wurde und die Luft immer stickiger. Meike hatte meine Hand gefasst, wir hielten uns, um uns nicht zu verlieren und wurden weiter geschoben von einer immer größer werdenden Masse.
    Wir trotteten mit, es gab keine andere Möglichkeit, an eine Flucht war nicht zu denken, wir waren eingekeilt in einem Gewimmel von Leibern, ich spürte heißen Atem neben mir, hinter mir, und der Geruch nahm mir die Luft.
    Warum waren wir nicht einfach gegangen? Nachdem uns der Alte angesprochen, hätten wir einfach verschwinden sollen, aber jetzt war es zu spät.
    Dann weitete sich der Gang und von ferne hörten wir Geräusche. Es klang, wie wenn Wasser hart auf Felsen prasselte. Wie ein Applaus, aber härter, stärker. Das Geräusch ebbte ab, ich vernahm eine Stimme, Fetzen einer Rede, die durch die Dunkelheit zu uns drang.
    Dann bemerkte ich einen schwachen Lichtschein, der immer stärker wurde. Der Stollen machte eine scharfe Biegung. Als wir das Ende der Kurve erreicht hatten, bot sich uns ein fantastischer Ausblick.
    Vor uns war ein riesiges Plateau, an dessen Ende eine Bühne aufgebaut war. Davor standen Tausende von Nachtmutanten, die ihre Hälse nach vorne reckten, wo auf der Bühne ein kleiner Mann aufgeregt hüpfte und etwas in die Versammlung schrie. Die riesige Leinwand hinter ihm war mindestens 20 Meter hoch und zeigte den Redner so deutlich, dass man sogar von unserem Platz aus die kleinen Härchen erkennen konnten, die aus den Nasenlöchern spitzten.

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