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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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    Da erzählte ihr Eriol von seiner Heimat, einer alten Stadt der Menschen, umgürtet mit einer Mauer, die nun zerbröckelt und verfallen war, vom nahen Fluss, über dem eine Burg mit einem großen Turm thronte. »Ein sehr hoher Turm, wahrlich«, sagte er, »und der Mond musste hoch klettern, ehe sich sein Antlitz über ihn erhob.« – »War er denn so hoch wie Ingils Tirin?«, fragte Veanne, doch Eriol antwortete, das könne er nicht sagen, denn viele, viele Jahre seien verflossen, seit er die Burg und ihren Turm zum letzten Mal gesehen habe. »Ich habe nämlich, o Veanne«, sagte er, »nur kurze Zeit dort gewohnt, nur bis zum Knabenalter. Mein Vater entstammte einem Küstenvolk, und die Liebe zum Meer, das ich nie gesehen hatte, lag mir im Blut, und mein Vater nährte diese Sehnsucht, denn er erzählte mir Geschichten, die sein Vater ihm einst erzählt hatte. Nun fügte es sich, dass meine Mutter bei einer grausamen Belagerung jener alten Stadt Hungers starb und mein Vater im bitteren Kampf auf den Mauern fiel, und ich, Eriol, am Ende zu den Gestaden des Westlichen Meeres entkam; und so habe ich seit jenen fernen Tagen meist auf den Wellen des Meeres oder an seinem Rande gelebt.«
    Trauer erfüllte nun die Kinder ringsum wegen des Leides, das die Bewohner der Großen Lande befiel, und wegen Krieg und Tod, und Veanne, sich an Eriol klammernd, sagte: »O Melinon, zieh niemals in einen Krieg – oder hast du es schon einmal getan?«
    »Ja, oft genug«, erwiderte Eriol, »doch waren es nicht die großen Kriege irdischer Könige und mächtiger Staaten, die grausam und bitter sind und die viele schöne Länder und liebliche Dinge, selbst Frauen und unschuldige kleine Mädchenwie dich, Veanne Melinir, zugrunde richten; doch ritterliche Kämpfe habe ich gesehen, bei denen kleine Scharen tapferer Männer zuweilen aufeinandertreffen und die Klingen kreuzen. Aber, ach, warum sprechen wir von diesen Dingen, meine Kleine; möchtest du nicht lieber etwas über meine ersten Abenteuer auf dem Meer erfahren?«
    Da wurden sie alle sehr neugierig auf seine Geschichte, und er erzählte ihnen von seinen Streifzügen durch die westlichen Häfen, von den Gefährten, die er gefunden hatte, von den Ankerplätzen, die er kannte, von seinem Schiffbruch auf fernen westlichen Inseln, wo er schließlich auf einer einsamen Insel einem uralten Seemann begegnete, der ihm Obdach gab und ihm am Feuer in seiner abgelegenen Hütte sonderbare Geschichten erzählte von Dingen jenseits der Westlichen Meere, von den Zauberinseln und von jener einen, die in letzter Einsamkeit hinter ihnen lag. Vor langer Zeit habe er sie einmal in weiter Ferne aufschimmern sehen und sie später lange, lange vergeblich gesucht.
    »Danach«, fuhr Eriol fort, »war meine Neugier nach den westlichen Inseln geweckt, und umso unermüdlicher befuhr ich das Meer auf der Suche nach mehr Geschichten dieser Art, und so fügte es sich tatsächlich, dass ich am Ende nach vielen großen Reisen, dank des Segens der Götter, nach Tol Eressea gelangte – und darum sitze ich nun hier und spreche zu dir, Veanne, bis mir die Kehle trocken geworden ist.«
    Trotzdem bat ihn ein Junge, Ausir, mehr von Schiffen und von dem Meer zu erzählen, aber Eriol sagte: »Nein – jedoch es bleibt noch Zeit, bevor Ilfiniol den Gong zum Abendessen schlägt. So soll denn eines von euch Kindern mir eine Geschichte erzählen, die ihr gehört habt.« Da setzte sich Veanne auf, klatschte in die Hände und sagte: »Ich werde dir die Geschichte von Tinúviel erzählen.«
    Die Typoskript-Fassung dieser Passage lautet wie folgt:
    Da erzählte Eriol von seiner einstigen Heimat, einer uralten Stadt der Menschen, umgürtet von einer Mauer, die nun zerbröckelt und verfallen war, denn das Volk, das dort wohnte, hatte lange Zeit Reichtum und unbeschwerten Frieden gekannt. Ein Fluss strömte dort vorbei, über dem eine Burg mit einem gewaltigen Turm thronte. »Dort wohnte ein mächtiger Herzog«, sagte er, »und wenn er von seinen höchsten Zinnen Ausschau hielt, konnte er doch nie die Grenzen seines ausgedehnten Besitzes erkennen, ausgenommen im Osten, wo in der Ferne die blauen Schemen der großen Gebirge lagen – dieser Turm indes galt als der höchste, den es in den Ländern der Menschen gab.« – »War er so hoch wie der Tirin des mächtigen Ingil?«, fragte Veanne. Doch Eriol sagte: »Es war wahrlich ein sehr hoher Turm, und der Mond musste hoch klettern, ehe sein Antlitz sich über ihn erhob,

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