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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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Flüche gegen die Orks, forderte sie auf, zu kommen und ihn zu töten oder sich mit seinem Schwert zu messen, denn er glaubte sich inmitten ihres Lagers und dachte nicht an Flucht, sondern nur daran, sein Leben teuer zu verkaufen. Er hätte nun Flinding angegriffen, wäre der Gnom nicht zurückgewichen und hätte die Lampe fallen lassen, so dass ihre Hülle abfiel und das Licht aufschien; und er rief in der Sprache der Gnomen, Túrin solle einhalten und nicht seine Freunde töten – da ließ Túrin, als er diese Worte hörte, von ihm ab, und als er dastand, erblickte er im Schein der Lampe das weiße Gesicht Belegs, der mit durchbohrter Kehle zu seinen Füßen lag, und er stand wie versteinert, und seine Miene war so furchtbar, dass Flinding lange Zeit nicht zu sprechen wagte. In Wahrheit war ihm nach Worten nicht zumute, denn im Lampenlicht hatte er auch gesehen, was mit Beleg geschehen war, und er fühlte Bitterkeit im Herzen. Gleichwohl wollte es ihm schließlich scheinen, als regten sich die Orks, und so war es in der Tat, denn Túrins Rufe waren zu ihnen gedrungen; darum sagte er zu Túrin: ›Die Orks gehen auf uns los, lass uns fliehen‹, doch Túrin antwortete nicht, und Flinding rüttelte ihn und beschwor ihn, zu Verstand zu kommen oder zugrunde zu gehen. Und dann tat Túrin wie geheißen, doch noch immer wie ein Betäubter, und er beugte sich nieder, hob Beleg hoch und küsste ihn auf den Mund.
    Dann führte Flinding Túrin, so rasch es ging, aus dieser Gegend fort, und Túrin ging mit ihm und überließ sich seiner Führung, und nach einer Weile hatten sie endlich ihre Verfolger abgeschüttelt und konnten Atem schöpfen. Nun hatte Flinding Zeit, Túrin alles zu erzählen, was er wusste und wie er Beleg begegnet war, und Túrins Tränen begannen zu fließen, und er weinte bitterlich, denn bei vielen Taten war Beleg seinKampfgefährte gewesen; und dieses war die dritte Qual, die Túrin befiel, und niemals in seinem Leben wurde er ganz frei von diesem Kummer; und lange wanderte er mit Flinding, sich wenig daran kehrend, wohin sie gingen, und ohne diesen Gnom wäre er rasch wieder in Gefangenschaft geraten oder in die Irre gegangen, denn er dachte nur an das starre Gesicht von Beleg, dem Jäger, der im dunklen Forst lag, getötet von seiner Hand in dem Augenblick, da er ihn von den Fesseln der Knechtschaft befreite.
    In jener Zeit kam ein Anflug von Grau in Túrins Haar, obgleich er noch jung an Jahren war. Indessen wanderten Túrin und der Noldo lange Zeit zusammen, und weil sie die Zauberlampe mit sich führten, gingen sie nachts und verbargen sich tags und verschwanden in den Bergen, und die Orks fanden sie nicht.
    Nun gab es in den Bergen über einem Fluss eine Anzahl von Höhlen, und dieser Fluss strömte hinab, den Sirion zu speisen, vor den Eingängen der Höhlen jedoch spross Gras, und sie waren listenreich verborgen durch Bäume und mancherlei Zauber, über welche jene versprengten Scharen, die in den Höhlen hausten, noch immer verfügten. Tatsächlich war dieser Ort zu dieser Zeit eine mächtige Wohnstätte des Volkes geworden, und manch ein Flüchtling vermehrte es, und die alten Künste und Handwerke der Noldoli erwachten dort wieder zum Leben, wenngleich in einer unbeholfenen, groben Weise.
    Dort wurden insgeheim gute Waffen geschmiedet und außerdem sogar einige schöne Dinge hergestellt, und die Frauen webten und spannen wieder, und zuweilen wurde in der Nähe heimlich Gold geschürft, so dass in den Tiefen dieser Höhlen im Flammenschein verborgener Lichter schöne Gefäße zu sehen waren und alte Lieder leise gesungen wurden. Doch dieseHöhlenbewohner flohen stets vor den Orks und vermieden jeden Kampf, es sei denn, sie wurden durch ein Missgeschick dazu genötigt oder es war ihnen möglich, sie in eine Falle zu locken, in der alle umkamen und keiner lebend entfliehen konnte; und dies taten sie mit Absicht, denn sie wollten nicht, dass Melko von ihren Behausungen Nachricht erhielt oder sich ein Verdacht in ihm regte, in diesen Landstrichen könne es eine größere Ansammlung Volks geben.
    Indessen war dieser Ort dem Noldo Flinding bekannt, der mit Túrin unterwegs war; in Wirklichkeit hatte er vor langer, langer Zeit diesem Volke angehört, bevor die Orks ihn fingen und er in Knechtschaft geriet. Hierher wandte er sich nun, nachdem er sicher war, dass die Verfolger ihnen nicht mehr auf den Fersen waren, nicht ohne indes über geheime Pfade zu wandern, so dass es lange währte, bis sie sich

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