Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
/ einen dünnen schweifenden Rauch zieht, / mit seinem kaum sichtbaren Schleier verhüllend / die große bodenlose stumme Majestät. // Eine Kugel aus dunklem Glas, facettiert von Licht, / in welche die glänzenden Winde düster geflogen sind; / unbetretene Räume einer duftenden Ebene, / die auf den Mond wartet, der lange gelegen / und den feurigen Regen der Meteore gefangen hat –/ so ist dort die Nacht. //
Dort erkannte mein Herz plötzlich, / dass die, welche am Abend sangen, / den hell erstrahlenden Sternen / mit der schimmernden Musik ihrer zagen Gitarren antworteten-/ diese waren Seine wandernden glücklichen Söhne, / gelagert auf diesen luftigen Gefilden, / wo Gottes unbeflecktes Gewand / in Glorie über Seine mächtigen Knie fällt.
Einen letzten Beweis bietet das frühe Quenya-Wörterverzeichnis. Die ersten Eintragungen in dieses Verzeichnis datieren (meiner Meinung nach; vgl. Namenverzeichnis im Anhang) von 1915, und darunter befindet sich unter der Wurzel mana (von der Manwe angeleitet ist) das Wort manimo, womit eine Seele gemeint ist, die sich in manimuine, ›Fegefeuer‹, befindet.
Dieses Gedicht und der Eintrag im Wörterverzeichnis eröffnen einen seltenen und sehr eindrucksvollen Einblick in die mythische Konzeption dieser frühesten Phase; denn hier sind eindeutig Vorstellungen vorhanden, die aus der christlichen Theologie abgeleitet wurden. Es ist irritierend, dass sie sich noch in dieser Erzählung finden, denn dort gibt es einen Bericht über die Schicksale der toten Menschen nach ihrer Verurteilung in der schwarzen Halle Fui Niennas. Kann es sich hier um etwas anderes handeln als um eine Reflexion über das Fegefeuer, die Hölle und den Himmel?
Und dies wird noch bedeutsamer, wenn wir uns dem Schluss der Musik der Ainur zuwenden, wo Ilúvatar sagt: »Den Menschen will ich ein neues und größeres Geschenk machen«, das Geschenk, »ihr Leben frei zu gestalten und zu bestimmen, und sei es gar jenseits der Musik der Ainur, die dem Schicksal aller anderen Lebewesen zugrunde liegt.« Und weiter heißt es: »Gleichwohl verhält es sich mit diesem Geschenk der Macht so, dass die Kinder der Menschen nur kurze Zeit auf der Welt leben, jedoch nicht auf immer untergehen …« In der endgültigen Fassung des Silmarillion (S. 50f.) ist diese Passage nicht entscheidend verändert worden. Gewiss, in der frühen Fassung fehlen die Sätze: »Die Söhne der Menschen aber sterben wahrhaftig und verlassen die Welt; weshalb sie auch die Gäste oder die Fremden genannt werden. Tod ist ihr Schicksal, die Gabe Ilúvatars, die mit der Ermüdung der Zeit selbst die Mächte ihnen neiden werden« (S. 51). Trotzdem scheint klar, dass der zentrale Gedanke vom Tod als Geschenk bereits vorhanden war.
Diesen Widerspruch, den ich nicht erklären kann, muss ich auf sich beruhen lassen. Die nächstliegende Erklärung wäre, anzunehmen, dass Die Musik der Ainur später entstanden ist als Die Ankunft der Valar und die Gründung Valinors; aber wie ich bereits ausgeführt habe (S. 111f.), steht die Textsituation dazu im Gegensatz.
Zum Schluss sei auf die Vorliebe meines Vaters hingewiesen, mit Wortelementen zu spielen: aus Eruman wurde schließlich Araman. Denn Arvalin bedeutete schlicht »nahe Valinor«, und es war der Name Eruman, der mit den Geistern der Toten in Verbindung gebracht wurde; doch Araman bedeutet fast sicher »neben Aman«. Und doch blieb dasselbe Element man-, ›gut‹, erhalten, denn davon wurde Aman abgeleitet (»das unversehrte Reich«).
Noch zwei Details vom Schluss der Erzählung sind zu erwähnen. Hier ist Nornore der Herold der Götter; später war dies Fionwe (später Eonwe); vgl. S. 113. Und jene »flache Stelle inmitten der Berge, wo vielleicht auf der Ebene in weiter Ferne Valinor zu ahnen ist«, bedeutet die erste Erwähnung der Öffnung in den Bergen von Valinor, wo sich der Hügel mit der Stadt der Elben befand.
Am Ende dieser Erzählung hat mein Vater auf leeren Seiten eine Liste von Beinamen der Valar (wie Manwe Súlimo, etc.) niedergeschrieben. Einige dieser Namen erscheinen im Text, die anderen finden sich unter den Hauptnamen im Namenverzeichnis im Anhang.Aus dieser Liste geht hervor, dass Ómar-Amillo der Zwillingsbruder Salmar-Noldorins ist (auf S. 133 werden sie Brüder genannt); dass Nielíqui (S. 133) die Tochter Oromes und Vánas ist; und dass Melko einen Sohn hat (geboren »von Ulbandi«), genannt Kosomot: Dieser war, wie sich später zeigen wird, Gothmog, Herr der Balrogs, der
Weitere Kostenlose Bücher