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Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Titel: Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prevost
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Chef Ärger.«
    Im Sturmschritt führte er sie an das hintere Ende des Wagens zu einer kleinen Abstellkammer, in der sich Tischdecken und Handtücher stapelten.
    »Ich bin hier im Zug für die Bett- und Tischwäsche zuständig. Hier wird euch niemand stören. Es ist zwar ein bisschen eng, aber ... Ich lasse euch meinen Zweitschlüssel hier. Ach ja, und wenn euch zu warm wird, macht die Luke auf!«
    Er schloss hinter sich ab, und es vergingen mehrere Stunden, ohne dass sie ihn zu Gesicht bekamen. Lili und Sam machten es sich in der Zeit zwischen den Wäschesäcken gemütlich und beendeten ihr Picknick, das so jäh unterbrochen worden war. Außerdem stellten sie zahlreiche Theorien über die tatsächlichen Absichten des Mannes mit der Melone auf, ohne jedoch zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen. Wer war er? Ein Handlanger der Mafia? Ein Komplize des Tätowierten? Der Tätowierte höchstpersönlich?
    Als sich der Tag zu Ende neigte, klopfte es leise an der Tür:
    »Macht auf, ich bin's, Matthew . . .«
    Er schlüpfte mit einem Stapel schmutziger Wäsche herein.
    »Ganz schön hartnäckig, euer Freund! Er lässt nicht locker. Ich weiß nicht, wie oft der heute Nachmittag noch aufgetaucht ist! Wollte sogar in den Toiletten nachsehen! Und seine Laune scheint sich nicht gerade zu verbessern . . .«
    »Und wenn wir es dem Kontrolleur melden?«, schlug Lili vor.
    »Mason? Das ist ein absoluter Feigling! Glaubt ja nicht, dass der euch helfen würde. Fahrt ihr bis nach Toronto?«
    Samuel nickte.
    »Ich werde euch auf den Gleisen aussteigen lassen. Niemand wird euch sehen.«
    »Granny Lucy kann wirklich stolz auf Sie sein«, meinte Lili dankbar. »Sie schlagen ganz nach ihr!«
    »Ach, mein kleines Fräulein, lassen Sie sich nicht täuschen: Ich helfe euch nur aus Liebe zur Politik! Ich habe keine Ahnung, woher ihr diesen Tipp hattet, aber die Demokraten haben Roosevelt und Garner für die Präsidentschaftswahlen aufgestellt, genau, wie ihr es vorhergesagt hattet! Und ich habe mal eben so nebenbei tausend Dollar eingestrichen! Wenn ihr also noch mehr solche Tipps
    habt...«
    »Das war reiner Zufall«, wehrte Lili ab. »Ich hatte da nur so einen Zeitungsartikel gelesen.«
    »Sag mir, welche Zeitung, und ich abonniere sie sofort!«
    Als er die verlegenen Gesichter seiner Schützlinge sah, lachte Matthew laut los:
    »Ihr seid wirklich zwei komische Vögel! Aber das gefällt mir! Gebt mal den Sack dahinten her, ich brauch saubere Laken für den Schlafwagen. Und wenn wir ankommen, rührt euch nicht von der Stelle, bis ich euch hole.«
    Matthew hielt sein Versprechen. Sobald sie den Bahnhof von Toronto erreicht hatten, ließ er sie auf der Gleisseite aussteigen, außer Sichtweite der anderen Reisenden. Es war noch mitten in der Nacht, und er zeigte ihnen eine Ecke in einer Werkstatt, in der sie schlafen konnten. Dann gab er ihnen noch ein Tischtuch als Zudecke mit und ging zurück an seine Arbeit – er musste die Fahrgäste für die Rückfahrt in Empfang nehmen.
    Endlich, gegen fünf Uhr morgens, als sie sicher waren, dass ihnen niemand mehr folgte, bestiegen Sam und Lili den ersten Zug in Richtung Saint Mary. Jetzt konnte ihnen der Mann mit der Melone nichts mehr anhaben . . .
     
    XVI
    Alte Bekannte
     
    Das erste Mal, seit er durch die Zeit reiste, wurde Sam tatsächlich bewusst, was der Lauf der Zeit bedeuten konnte. Sich nur kurz an einem unbekannten Ort in einer fremden Zeit aufzuhalten, war eine Sache. Etwas ganz anderes jedoch war es, einen vertrauten Ort etwa ein Jahrhundert früher zu erleben. Das war wirklich ein Schock . . . Wenn nicht auf einem Holzschild in Großbuchstaben SAINT MARY gestanden hätte, hätten Lili und er schon beim Verlassen des Bahnhofs ernsthafte Zweifel bekommen. Was hatte man mit ihrer Stadt gemacht? Welche launenhafte Fee war dort am Werk gewesen und hatte die ihnen so vertraute Stadtlandschaft aus Stein und Glas in dieses .. . dieses Kaff verwandelt?
    »Und wo ist das Rathaus?«, rief Lili entgeistert aus. »Brauchen die hier kein Rathaus? Und wo der Park?«
    Saint Mary war keine Stadt mehr, sondern höchstens ein großes Dorf... Die Breite der Straßen, die Größe und Anzahl der Gebäude, alles sah aus, als wäre es geschrumpft. Drei jämmerliche Automobile – Kastenform, Reserverad hintendrauf, wahlweise mit Trompetenhupe – kreuzten sich auf der Hauptstraße, an der all die modernen Hochhäuser verschwunden waren. An deren Stelle waren nur zweistöckige Gebäude zu sehen, im

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