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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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anvertraute!“
    „Schwach? Au, lass das …“
    „Und außerdem kommen sie erst morgen, zusammen mit drei Pferdehändlern – und dem Hofmarschall. Der wird den Pferdekauf begutachten und prüfen, wie die Pferde der Diener ausgerüstet sind, damit bei der Reise des Kurfürsten auf sie zurückgegriffen werden kann. So, jetzt weißt du’s. Bleibst du jetzt noch?“
    „Nein.“
    „Du brichst mir das Herz!“
    „Ach Kilian!“, lachte Appel. „Lieber!“
    „Was sagst du da?“
    „Nichts.“
    „Sag das noch mal!“
    „Nein!“
    „Unartiges Mädchen!“
    „Au! Hör auf!“
    Gekicher und Geküsse, Philipp nahm all seine Kraft zusammen, stöhnte so laut er konnte „Kilian!“ – und da wurde die Tür endlich aufgerissen.
    „Philipp!“, rief Kilian überrascht und erschrocken, dann trappelte er laut die Stufen herunter.

Fünfundvierzig
    Sie hatten das Speyerer Tor durchschritten und stiefelten linksseitig der breiten Straße durch die Vorstadt gen Mitteltor.
    Jetzt, da sie in Heidelberg waren, hielt Hedwig es kaum mehr aus. Sie wollte zu Philipp. Sie wollte nach Hause. Räte und Kanzleiverwandte waren verpflichtet, auch sonntags in der Kanzlei zu erscheinen, wenn wichtige Sachen vorlagen – und derzeit lagen wichtige Sachen vor –, dennoch vermutete sie, dass Philipp zu Hause war. Sie wollte zuerst mit ihm sprechen, das Buch
ihm
geben. Sollte er nicht zu Hause sein, konnte sie immer noch zur Kanzlei, um ihn dort zu treffen. Ryss ging neben ihr durch den zertrampelten Schnee und sah sich immer wieder verhalten um. Leute strömten stadtein- und -auswärts. Ein Sänger in pelzverbrämtem Mantel, violetten Kniehosen und gelben Strümpfen zupfte die Laute beim Gehen und lächelte heiter umher. Ein Weib in seinem Alter und ein Jüngling, beide nicht minder bunt gekleidet, zogen einen Karren, dessen Ladung mit Decken und Fellen abgedeckt war. Zwei graubärtige ältere Herren in schwarzen Mänteln, die sich glichen wie ein Ei dem anderen, ritten stadtauswärts. Heidelberg, bunt und belebt: Sie war zurück.
    Hedwig wich einem Hundehaufen aus und sagte zu Ryss: „Ist das Buch wieder in der Kanzlei, wird der Lehenprobst der Sache auf den Grund gehen. Zudem gibt es einen Sekretär, der für die Wappenverleihung zuständig ist. Die finden die Missetäter, da bin ich sicher.“
    „So wir wenden uns an die Kanzlei zuerst?“, fragte Ryss und rückte einmal mehr den Rucksack zurecht. Um seinem Körper Abwechslung zu verschaffen, trug er die Last inzwischen vorne, was ihn nun nicht mehr wie einen Buckligen, sondern wie einen Mann mit aufgequollenem Bauch aussehen ließ.
    „Ich möchte zuerst zu meinem Mann.“ Sie spürte Ryss’ Blick von der Seite.
    „Ihr wollt ihm geben das Buch.“
    „Jedenfalls will ich es ihm nicht vor den anderen Bediensteten aushändigen. Es bringt ihn vielleicht in Verlegenheit.“ Sie blieb stehen. „Es bringt ihn mit Sicherheit in Verlegenheit“, sagte sie und sah Ryss an.
    Der nickte nachdenklich, fragte: „Und ich? Wohin soll ich?“
    „Aber Ihr kommt mit, natürlich!“, rief sie. „Ihr könnt doch Zeugnis ablegen. Habt Ihr denn etwas anderes gedacht?“
    Er bedeutete ihr weiterzugehen. „Nein“, antwortete er dann. „Auch ich denke, es ist gut, zuerst zu sprechen mit Eurem Mann. Dann der nächste Schritt folgt daraus.“
    Nachdenklich sah Hedwig auf Juli hinab, die das beständige, gemächliche Gehen in Schlaf gewiegt hatte. Ryss klang besorgt. Oder meinte sie das bloß? Nein. Der Ton in seiner Stimme, seine wachsame Haltung – sie drückten aus, was auch in ihr umging: Es war zutiefst schleierhaft, was seit ihrem Verschwinden aus Heidelberg geschehen war. Wie würde Philipp ihr begegnen, wenn sie ihm gleich gegenüberstand? Aufgeregt pochte ihr Herz. In den vergangenen Stunden hatte sie sich ein ums andere Mal ausgemalt, was sie bei ihrem Wiedersehen sagen würde. Doch immer wieder hatte ihr die Fülle dessen, was geschehen war, dessen Ungeheuerlichkeit, die Worte geraubt. Ihre Unsicherheit nahm zu, und sie merkte, sie baute auf Ryss. Sicher konnte er besser zusammenfassen, was sie durchlitten hatten, wie ihre Rettung erfolgt war. Und zu viel blieb undurchsichtig, nebelhaft. Da waren Fragen. Und die Antworten? Würden sie wirklich Licht ins Dunkel bringen? Und was, wenn Philipp sie schalt? Wenn er böse auf sie war? Böse war auf Ryss? Sie musste sich eingestehen, dass sie diese Sorge gleichwohl hegte und dass sie zunahm mit jedem weiteren Schritt. Obschon sie es nicht

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