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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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hatte. Und so waren sie allesamt in den „Hirsch“ aufgebrochen.
    Und Ryss? Hedwig schmunzelte in sich hinein.
    Ihre Vermieterin hatte nicht nur Wasser für Hedwigs Badezuber erwärmt, auch Ryss war in den Genuss eines heißen Bades gekommen. Wittib Ringeler nahm ihn in Beschlag, duldete keinen Widerspruch, warme Tücher, warmes Essen, es sei das Mindeste, was man einem derart tapferen jungen Mann angedeihen lassen müsse. Und selbstverständlich rücke man enger zusammen, das sei ja gar keine Frage, der Mittlere schliefe dann eben bei ihr und den Kleinen in der Kammer, dem edlen Retter gebühre der Platz neben Lutz im Bett.
    Und so wusste Hedwig Ryss zum einen wohlversorgt, seine Wunden eingesalbt, das verdrehte Knie, das angeschwollen war, umwickelt und seine Kleidung im Waschtrog.
    Und zum anderen wusste sie ihn nah.
    Die Vorstellung, er läge irgendwo fern, hätte ihr nicht gefallen. So aber war er unterm gleichen Dach. Und das war gut.
    „Komm.“ Mutters Stimme klang fürsorglich, „wir geben auch ein Tuch auf die andere Brust. Musst sie ja nicht abwechselnd bedecken, geht ja auch gleichzeitig.“ Ein Lächeln umspielte ihren Mund, Fältchen gruben sich seitlich der Mundwinkel ein. Sie erhob sich, holte vom Bord den zweiten Leinenfetzen und tunkte ihn in die Paste.
    Hedwig stand auf und legte ein Holzscheit in den Gluttiegel. Sie öffnete das Hemd, Mutter reichte ihr das Läppchen und bemerkte: „Der Arzt sagt, Philipp sei sicherlich morgen nicht imstande, einer Hofgerichtsverhandlung beizuwohnen. Doch wenn es wirklich unablässig wäre, dass er dabei sei, wie der Botenmeister meinte, so solle man ihn in einer Sänfte hinbringen lassen und schauen, dass er nach kurzer Zeit wieder in sein Bett käme.“ Sie blieb dicht bei Hedwig stehen und sah ihr zu, wie sie das pappige Tuch auf ihre Brust legte. „Was meinst du?“, setzte sie nach.
    Hedwig legte die Hände über Kreuz auf die Brüste, damit die Tücher nicht herunterfielen, zuckte die Schultern. „Das sehen wir morgen früh. Ist er wach und fühlt sich kräftig, lassen wir ihn gehen.“
    Schweigend standen sie da, versunken in den Nachhall des Gesagten. Noch war die Sache nicht zu Ende. Hedwig war zu Hause, ihre Familie war da, die Kanzlei in Kenntnis gesetzt, das Buch nicht mehr in ihrer Obhut. Sie war sauber, und ihr Kind war satt und im Warmen. Doch was war mit ihren Peinigern? Jäh wurde ihr bewusst, dass sie ja wussten, wo sie wohnten. Lauerten sie in der Nähe? Würden sie erneut versuchen, sie zum Schweigen zu bringen? Und selbst wenn nicht, selbst, wenn sie ihre Sache verloren gaben und auf und davon waren – was würde geschehen? Sie konnten doch nicht ernsthaft glauben, mit ihrer Geschichte durchzukommen? Das Buch war zurück und legte Zeugnis ab. Man kannte ihre Namen und Gesichter!
    Mutter trat nahe vor sie hin, berührte ihre Hände. Sie schaute kummervoll drein, zog Hedwig schließlich in eine Umarmung. „Kind“, raunte sie zärtlich an ihrem Hals, „dass du unauffindbar warst, hat mir die schwersten Stunden meines Lebens beschert. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was du durchleiden musstet. Ein solches Glück, dich wiederzuhaben!“ Sie löste sich und sah Hedwig an. „Nur Mut!“, nickte sie aufmunternd. „Auch wenn noch nicht alles ausgestanden ist.“

Fünfzig
    Philipp fror trotz der Decke, die er mit zum Abtritt genommen hatte. Er hatte sie um die Schultern geschlagen, hielt sie vor der Brust zusammen, das Flackern der Kerze, die er mit heruntergetragen hatte, zuckte jenseits seiner geschlossenen Augenlider. Er hing seinen Gedanken nach. Montagmorgen. Regulärer wöchentlicher Verhör- und Verhandlungstag des Hofgerichts. Tag der Wahrheit. Doch noch hatte der Tag nicht die Oberhand. Noch umfing ihn zärtlich samtig die Nacht. Hedwigs heimelige Laute im Schutze der Dunkelheit. Glücksgeflüster an seinem Ohr, sein Name gewispert, sanft und voll Liebe. Hände, die sich unter sein Hemd schoben und streichelten. Der Schmerz, der durch die linke Hand zuckte, als er aus Versehen auf ihr zu liegen kam, weggedrängt von der Lust, abgetan, weil seine Finger ihr weiches Gesicht ertasteten, um ihre Lippen spielten und sie Küsse auf seine Hand hauchte. Er spürte jenem Augenblick nach, da ihre Lippen sich öffneten und ihre Zunge kleine Kringel auf seinen Handballen leckte. Er befühlte, streichelte tiefer, der warme Leib neben dem seinen wand sich wohlig, er rollte auf sie und zum ersten Mal seit seiner Verstümmelung hatte er seinem

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