Das Buch des Todes: Roman (German Edition)
hatte nichts als einen dreckigen Wischmopp, um sich zu verteidigen. Weil die Zeit gegen ihn arbeitete, sprang Sanchez im Keller sofort aus dem Fahrstuhl, als er hielt. Dort erwartete ihn eine alte Umkleidekabine, die genau wie der Aufzug voller Blut war. Es hatte sich nicht nur auf dem Boden verteilt, sondern war auch an die Wände und die Spinde gespritzt.
Die Türen des Fahrstuhls schlossen sich hinter Sanchez. Er marschierte geradeaus durch die Spindreihen und wartete, ob der Aufzug wieder nach oben fahren würde. Hier saß er in der Falle und hatte lediglich einen Mopp voller Scheiße, Blut und ein bisschen Seifenwasser, um sich zu verteidigen.
Nach ein paar Sekunden quietschten die Ketten des Aufzugs, und er fuhr nach oben. Sanchez wich immer weiter zurück, behielt dabei aber die Tür neben dem Fahrstuhl im Auge, für den Fall, dass Ulrika gleich hindurchstürmen würde. Nirgendwo hier unten gab es auch nur ein einziges brauchbares Versteck. Nur Spinde und Bänke. Beides kam angesichts von Sanchez’ ausladender Figur absolut nicht infrage. Er spähte rückwärts über seine Schulter. Am anderen Ende der Umkleidekabine schloss sich eine Gemeinschaftsdusche an. Okay, schon besser. Wenn er überall das heiße Wasser anstellte, konnte er damit vielleicht so viel Dampf erzeugen, dass Ulrika ihn nicht mehr sah. Sobald sie hereinkam, um ihn zu suchen, würde er sie mit dem Mopp niederstrecken und dann abhauen. Zugegeben, das war kein großer Geniestreich, aber was blieb ihm sonst übrig? Wo steckte eigentlich diese Ulrika? Warum dauerte es so lange, bis sie hier auftauchte? War sie vielleicht damit beschäftigt, Flake zu ermorden?
Verdammt! Bei seiner überstürzten Flucht hatte Sanchez Flake ganz vergessen. Wenn sie sich jetzt von dieser Welt verabschiedete, musste er sich jemand anderen suchen, der ihn vom Polizeirevier nach Hause fuhr. Sofern er es selbst mit heiler Haut hier herausschaffte. Außerdem machte Flake wirklich ein super Frühstück. Sanchez hatte nicht die geringste Lust, morgens irgendwo anders hinzugehen als ins Olé Au Lait.
Während er noch über diese ganzen eher irrelevanten Probleme nachdachte, ging er weiter rückwärts und prallte gegen eine der Duscharmaturen. Es knarzte und knarrte laut. Sanchez wirbelte herum. Hinter ihm hatte sich die Tür zu einem Geheimzimmer geöffnet. Was für ein unfassbares Glück! Das war der eindeutige Beweis dafür, dass sich Sanchez’ unregelmäßige Kirchgänge doch auszahlten.
Der geheime Raum war sogar ziemlich geräumig. In seiner Mitte stand ein großer Tisch, allerdings ohne Stühle. Sanchez wollte sich schon zu seinem ungeheuerlichen Glück gratulieren, als ihm auffiel, dass er nirgendwo einen Schalter sah, mit dem er die Wand wieder hätte ausfahren können. Der Aufenthalt in einem Geheimraum hatte wenig Sinn, solange er voll zu überblicken war. Panisch schaute Sanchez sich nach einem Schalter um. Doch es war absolut nichts zu entdecken, das auch nur entfernt daran erinnert hätte. Vielleicht musste man den Tisch verschieben? Sanchez drückte leicht mit dem Rücken dagegen. Der Tisch ließ sich problemlos bewegen. Im gleichen Moment verkündete ein Ping , dass der Fahrstuhl wieder im Keller angekommen war. Die Aufzugtüren öffneten sich, dann stürmte Ulrika Price heraus. Sofort hatte sie Sanchez im Blick.
»Wo ist mein Buch, du Dieb?«, kreischte sie.
Sanchez presste sich gegen den Tisch und schob ihn an die Wand. Doch damit hatte er noch nichts wirklich erreicht. Die Geheimtür blieb offen. Panisch beobachtete Sanchez, wie Ulrika wieder abhob und mit ausgebreiteten Armen auf ihn zugeflogen kam. Er hatte in seinem Leben schon einiges mitgemacht, aber das hier war wohl der schrecklichste Moment seines Lebens. Sanchez umklammerte seinen Mopp fester und hievte seinen Arsch auf den Tisch. Dann kletterte er mühsam darauf, stellte sich gerade hin und brachte den Mopp gegen die Vampirattacke in Stellung.
Am Eingang zum Geheimraum landete Ulrika wieder und grinste Sanchez hämisch an. »Der Mopp wird dich nicht retten!«, zischte sie.
»Der ist voller Scheiße!«, warnte Sanchez. »Wenn du herkommst, drück ich ihn dir ins Gesicht. Bleib also besser, wo du bist!«
Das beeindruckte Ulrika offenbar nicht weiter, denn sie erhob sich erneut in die Luft und flog direkt auf Sanchez zu. Der stieß entschlossen mit dem Mopp nach ihr, und weil er sich mit der Handhabung von Putzgerät wirklich auskannte, landete er einen Volltreffer in ihrem Gesicht.
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