Das Buch des Todes: Roman (German Edition)
dass er sie verletzt hatte. »Es ist bloß eine Narbe«, sagte sie.
»Ja, aber diese Narbe repräsentiert den Kampf, den Ihre Stiefmutter führte, als sie versuchte, sich zu verteidigen, während Sie sie erstochen haben, oder nicht? Schrecklich, wirklich schrecklich. Ich weiß nicht, wie Sie es schaffen, damit herumzulaufen.«
Darauf wusste Beth keine Antwort. Eine Träne kullerte ihre rechte Wange hinab, glitt in die Narbe und lief daran entlang in ihren Mundwinkel. Simmonds gestikulierte Richtung Tür und blickte anschließend demonstrativ auf einige Papiere auf seinem Schreibtisch, um zu signalisieren, dass ihr Treffen beendet war.
»Nun machen Sie schon und verschwinden Sie endlich«, sagte er. »Wir sind hier fertig.«
Beths Unterlippe zitterte. Gefeuert zu werden, war ohnehin schon demütigend genug, aber dabei auch noch so beleidigt zu werden, war einfach zu viel.
»Was soll ich mit meiner Uniform machen?«
Simmonds schaute auf. »Sind Sie etwa immer noch da?«
»Ja, ich wollte nur …«
»Mein Gott, Sie werden mir doch jetzt wohl keine Szene machen, oder? Das kann ich nämlich auf den Tod nicht ausstehen. Wenn Ihnen theatralische Darbietungen Freude bereiten, sollten Sie es mal bei einer Laienspieltruppe probieren, aber hier in meinem Büro beherrschen Sie sich gefälligst.«
Beth drehte sich um und griff nach dem Türknauf, brauchte aber wieder ein paar Sekunden, bis die Tür sich öffnete. Glücklicherweise schaffte sie es, erst draußen auf dem Flur in Tränen auszubrechen. Mobbing wurde auch nicht besser, wenn man bereits erwachsen war, und schon gar nicht, wenn man es dabei mit Simmonds zu tun bekam. Doch zumindest war sie jetzt nicht mehr allein, sondern hatte JD , der sie gleich trösten würde. Sie marschierte die Treppe runter, wischte sich übers Gesicht und hoffte, dass sie nicht zu furchtbar aussah.
Was sie unten am Empfang erwartete, ließ Beth ihre Tränen schnell vergessen. JD war noch da und lächelte sie an. Vor ihm auf dem Boden lag der bewusstlose Wachmann James.
Verblüfft schaute Beth auf ihn hinunter, dann sah sie JD an.
»Was ist denn hier passiert?«, fragte sie besorgt.
»Ich glaub, er ist ohnmächtig geworden.« JD zuckte mit den Schultern. »Wie ist dein Gespräch gelaufen?«
»Sein Gesicht ist voller Blut«, sagte Beth und beugte sich zu James hinunter. »Ist er wirklich einfach so umgefallen?«
»Er hatte Nasenbluten, und weil er wohl kein Blut sehen kann, ist er umgekippt.«
Beth runzelte die Stirn. »Aber seine Nase sieht gebrochen aus, und seine Augen sind geschwollen.«
»Ja, echt seltsam. Also, was wollte dein Chef?«
»Ich bin gefeuert.«
JD strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Man konnte sehen, dass Beth geweint hatte. »Hey, das war nur ein Job, wein dem nicht hinterher. Sieh es mal positiv – jetzt hält uns nichts mehr in diesem Scheißloch von einer Stadt.«
»Ich bin auch nicht so fertig wegen der Kündigung, sondern weil Simmonds mich so mies behandelt hat.«
»Inwiefern denn? Was hat er gesagt?«
Beth schluchzte und war wieder kurz davor zu heulen. »Er meinte, dass sich alle hier vor meiner Narbe ekeln und ich sie verstecken soll.«
»Dieser Wichser!«
JD stürmte an ihr vorbei und dann weiter Richtung Büro.
Simmonds war froh, dass er diese Lansbury nie mehr wiedersehen musste. Im Gegensatz zu Cromwell war er nicht gewillt, eine entstellte Frau im Museum zu beschäftigen. Es hatte ihn damals schockiert, als Cromwell dieser verurteilten Mörderin einen Job gegeben hatte. Wie konnte man nur so naiv sein? Scarface war wirklich kein Aushängeschild für das Museum. Aber damit war es nun ein für alle Mal vorbei! Es hatte richtig Spaß gemacht, diese Lansbury an die Luft zu setzen. Simmonds freute sich noch immer, dass er es geschafft hatte, sie zum Heulen zu bringen, als die Tür aufging und ein junger Mann hereinstürmte.
»Wer sind Sie?«, fragte Simmonds.
»Sind Sie Simmonds?«
»Ja – und um meine Frage zu wiederholen –, wer sind Sie?«
» JD . Und ich werde Ihnen jetzt gepflegt die Fresse polieren.«
Simmonds seufzte. »Wollen Sie mir etwa eine Szene machen?«, fragte er nonchalant. »Für den Fall rufe ich nämlich den Sicherheitsdienst.«
JD machte einen Schritt auf den Schreibtisch zu und beugte sich drohend darüber. »Ihr Wachmann liegt mit gebrochener Nase vorn am Empfang.«
»Dann wollen Sie hier also wirklich eine Szene machen? Okay, der Fairness halber sollte ich Ihnen sagen, dass ich Karate beherrsche«, erklärte
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