Das Buch des Todes: Roman (German Edition)
aus dem Fenster starrte. »Was uns wohl gleich erwartet?«, fragte er.
»Ein Blutbad, was denkst du denn?«, sagte sie. »Wenn das wirklich der Silvinho ist, den ich kenne, hat er sich nicht einfach von irgendeinem Anfänger abstechen lassen. Da herrscht bestimmt das reinste Chaos.«
Es wurde grün. Sanchez fuhr an und war jetzt etwas vorsichtiger. »Woher kennst du diesen Silvinho überhaupt? Und wer hätte ein Interesse daran gehabt, ihn umzubringen?«
»Der Bourbon Kid.«
»Meinst du?«
»Ja. Wir sind übrigens gleich da. Ich kann schon den Rettungswagen sehen. Das muss das Haus sein.«
Jetzt bemerkte Sanchez es auch. Nur ein paar hundert Meter entfernt stand mit blinkendem Blaulicht der Rettungswagen. Vor dem Mietshaus hatte sich eine Menschenmenge versammelt, obwohl es schneite.
»Wo zum Teufel soll ich bitte parken?«, murmelte Sanchez und blickte sich um.
»Da drüben.« Jessica zeigte auf einen freien Parkplatz gegenüber vom Rettungswagen.
»Ah, perfekt! Genau vorm Dirty Donut Café.«
Er parkte ein und Jessica öffnete sofort ihre Tür. »Warum holst du uns nicht ein paar Donuts?«, schlug sie vor. »Ich geh schon mal rauf zu Beth Lansburys Wohnung und schau nach, ob die Luft rein ist. Vielleicht kommt der Mörder ja aus dem Haus gelaufen, während du gerade die Donuts besorgst.«
»Super Idee!« Sanchez freute sich, weil er den Vorschlag nun nicht mehr selbst machen musste. »Willst du was Bestimmtes?«
»Überrasch mich einfach.«
Sanchez kletterte aus dem Wagen und war dankbar, dass die breite Krempe seines Stetsons ihn vor dem Schnee schützte. Als er es endlich auf den Bürgersteig geschafft hatte, war Jessica schon verschwunden. Bestimmt konnte sie einfach die Kälte nicht vertragen.
Um den Rettungswagen herum standen eine Menge Leute, aber von den Sanitätern war weit und breit nichts zu sehen. Ein Stück die Straße hinunter parkte noch ein Streifenwagen, wie Sanchez erleichtert feststellte. Also war er nicht der erste Polizist am Tatort, was die Wahrscheinlichkeit minimierte, dass er vielleicht in seiner Ahnungslosigkeit irgendwelche Spuren vernichtete. Aber was viel wichtiger war: Er musste jetzt ausrechnen, wie viele Donuts er sich leisten konnte.
Der Typ im Laden sah aus, als würde er sich auch selbst gern den ein oder anderen Donut genehmigen. Und ansonsten Bier und Pizza. Sein fleckiges weißes T-Shirt mit DIRTY - DONUTS -Aufschrift saß so eng, dass es aussah wie auf den Körper tätowiert. Ganz offensichtlich fraß dieser Mensch seinen gesamten Gewinn auf.
»Haben Sie heute ein Special?«, fragte Sanchez und ging zum Tresen.
»Klar, die große Box und den Mix.«
»Und was ist dadrin?«
»Zehn Donuts nach Wahl. Nur fünf Dollar.«
»Da bin ich ja mitten im Donut-Himmel gelandet. Den Mix nehm ich.«
Sanchez brauchte ungefähr fünf Minuten zum Aussuchen. Die Auswahl war wirklich beeindruckend. Schließlich kaufte er sogar zwei Schachteln. Eine, um sie gleich mit nach oben zum Tatort zu nehmen, und eine für später.
Als er die zweite Schachtel auf dem Rücksitz verstaut hatte und zu der Menschenmenge vor dem Wohnhaus hinüberging, hörte es auf zu schneien. Jessica war noch nicht zurückgekommen, und die Sanitäter hatten die Leiche noch nicht abtransportiert.
»Polizei, machen Sie bitte Platz«, rief er, zückte den Schlagstock und stieß die Leute damit an. Die Eingangstür war nur angelehnt. In der einen Hand die Donuts, in der anderen den Schlagstock, drehte Sanchez sich um und schob sie mit dem Hintern auf.
Drinnen im Flur trat er die Tür richtig zu, damit niemand ihm folgen konnte. Hier war es auch nicht wesentlich wärmer als draußen. Was für ein beschissenes Haus, dachte er. Dann steckte er den Schlagstock zurück in das Holster an seinem Gürtel und öffnete die Schachtel. Er nahm sich einen Donut mit pinkfarbenem Zuckerguss und biss ein großes Stück ab. Dieser Donut war wirklich so lecker, wie er aussah. Okay, und jetzt? Treppe oder Aufzug? Sanchez dachte an den Gestank im Fahrstuhl des Reviers und entschied sich für die Treppe. Zu Fuß würde es auch länger dauern, bis er oben war, und dann blieb ihm noch genügend Zeit für mindestens zwei weitere Donuts. Vielleicht sogar für drei.
Als er schließlich im dritten Stock ankam, erwartete ihn dort eine unheimliche Stille. War das wirklich das Stockwerk, in dem der Mord stattgefunden hatte? Wieso war es dann hier so ruhig? Hier hätte es doch vor lauter Polizisten, Sanitätern und schaulustigen Nachbarn
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