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Das Buch des Wandels

Titel: Das Buch des Wandels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Horx
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seiner Arbeitszeit darf, nein muss er für ein eigenes kreatives Projekt verwenden. Etwas, das nur ihn persönlich interessiert, aber etwas mit dem Google-Universum zu tun haben könnte; eine Innovation. Das Gros »lebt« von 10 bis 18 Uhr im Büro, fast jeder ist 24 /7 (rund um die Uhr 7 Tage pro Woche) per E-Mail erreichbar. Viele verbringen auch ihre Abende zu Hause mit Arbeit. Projektarbeit, Portfolioarbeit, Kreationsarbeit. Und haben dennoch Familien.
    Wie die!Kung an ihre Umwelt, die karge, wüstenähnliche Savanne, perfekt angepasst sind, so ist das »System Google« perfekt an eine global-digitale Wissensökonomie angepasst. Es ist prekär, lebendig, adaptiv. Und es zeigt uns: Das Jagen und Sammeln, das Schöpferische und Gemeinschaftliche, das Singen und das Fleisch auslachen kehrt in die Arbeits- und Lebenswelt der Zukunft zurück.
    Die Meister der Veränderung mögen heute noch eine kleine soziale Avantgarde darstellen. Aber das galt vor 150 Jahren, als die industrielle Revolution Fahrt aufnahm und »alles Stehende verdampfte«,
auch für das Bürgertum mit seinen suspekten modernen Sitten. Die »kulturell Kreativen« oder die »kreative Klasse« oder die »Super-Symbolanalysten« oder die »artistischen Arbeiter« oder das »positive Prekariat« – wie immer man die Bewohner des neuen Wertschöpfungsuniversums auch nennen mag, das da inmitten unserer alten Ökonomie heranwuchert: Ihr Lebens- und Arbeitsstil wirkt längst wie ein Super-Mem, das unsere Auffassung von Leben, Arbeit, Karriere von innen heraus verwandelt. Ihre Arbeitswelt ist ein Prototyp, eine Symbiose aus Handwerk, Kunst und übender, konzentrierter Disziplin, bei der man sich nicht selten in den Kokon der Kreativität, in die »Klausur des Schöpferischen« begibt. Organisiert nicht mehr an Werkbänken und den Schreibtisch-Hierarchien von vertikalen Großorganisationen, sondern in einer enormen Vielfalt von Lebens-, Verdienst- und Scheitermöglichkeiten. Unternehmen, bei denen Menschen gerne arbeiten und sich entwickeln, haben Kunden, die das zu schätzen wissen, ein sich-selbst-verstärkender Kreislauf des Positiven. Die alten Pyramiden des Industrialismus werden, wie die imperialen Monumente aus Stein, nicht sofort zusammenbrechen. Aber sie werden fröhlich als Steinbruch für das Neue genutzt.

Gibt es eine neue Utopie?
    Im Jahre 1956 benutzte Robert Solow das Wort »Wissensökonomie« zum ersten Mal. In den sechziger Jahren wurde die magische Formel für »das, was nach der Industriegesellschaft« kommt, durch Peter Drucker und Fritz Machlup auch in die Managementsprache eingeführt (Nico Stehr, heute Professor an der Zeppelin-Universität, brachte den Begriff in die ökonomiewissenschaftliche Diskussion Europas ein). Heute darf das Buzzwort Wissensgesellschaft in keiner Politiker- oder Managerrede fehlen. Warum hat es sich trotzdem nicht im öffentlichen Sprachraum durchgesetzt? Warum bleibt es so seltsam fern und abstrakt?

    Ähnlich wie »Dienstleistungsgesellschaft«, »Informationsgesellschaft« oder der von Daniel Bell entwickelte Topos »postindustrielle Ökonomie« benennt »Wissensgesellschaft« nur einen kleinen Teilaspekt des ökonomisch-sozialen Wandels. Zudem wurde der Begriff oft missverstanden (und auch missbräuchlich benutzt). Die Rede schien eher von einer Verwissenschaftlichung der Ökonomie zu sein: Der technische Fortschritt und die Erkenntnisse der Wissenschaften würden »immer mehr unsere Wirtschaft und unser Leben beherrschen und beschleunigen«. Auf diese Weise wurde das poetische Wort technokratisch verbogen. Es wurde zum Drohwort. Lasst alle Hoffnung fahren, denn die Zukunft gehört nicht in Eure Hand!
    »Wissen« kling immer nach etwas, das der »normale Mensch« nicht erreichen kann. Eine Spur Elitismus schwingt in der Vokabel mit und eine (von der Klassengesellschaft geschürte) Angst: Wir werden immer zu blöd sein, um auf den letzten Wissensstand zu kommen!
    Menschen wollen Wandel jedoch selbst bestimmen und gestalten. Sonst machen sie nicht wirklich mit.
    Auch die Kultur der!Kung ist eine Wissensgesellschaft, deren Überleben entscheidend vom Erfahrungswissen abhängt. Solange es Menschen gibt, gibt es auch Wissen. Und haben wir nicht gelernt, dass Wissen »alle fünf Jahre überholt ist«? Dass es »immer schneller zerfällt«? Das ist alarmistischer Unsinn, wird aber gerne geglaubt. Derjenige, der es behauptet, kann damit allenfalls den eigenen Wissensvorsprung besser behaupten.
    Mein Vorschlag ist,

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