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Das Buch Gabriel: Roman

Das Buch Gabriel: Roman

Titel: Das Buch Gabriel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dbc Pierre
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Ende. Die gelungenste Veranstaltung nimmt Schaden, wenn man den Gästen am Schluss erlaubt, ungeordnet auseinanderzugehen – ein perfekter Event beginnt und endet punktgenau. Das Ende hat etwas früher einzutreten, als die Gäste sich das wünschen – nur so bleibt das Erlebte wie frisch gepflückt in ihrem Gedächtnis haften, hält die Spannung des noch ungenutzten Potenzials und bewahrt zugleich das notwendige Tröpfchen Bedauern. Zusammen genommen machen diese Elemente den Kern dessen aus, wonach wir beim Genießen suchen – genau wie in der Geschichte von Pike, fällt mir gerade auf. Die Aufgabe des alarum pursuivant besteht darin, das Signal zum Anfang und zum Ende zu geben. Wir würden dich bitten wollen, dir Gedanken darüber zu machen, ob du diese Aufgabe morgen Abend übernehmen willst. Du weißt, dass der alarum , der Appellposten, mit einer Warnschusspistole außerhalb des Festsaals postiert ist. Und sein pursuivant ist traditionell derjenige, der die Gäste sicher zum Appellposten hin und wieder weg geleitet – seine Aufgabe besteht also zunächst darin, die Gäste am Flugzeug abzuholen und sie hineinzuführen; dann, um Mitternacht, zeigt er das Veranstaltungsende an, indem er die Lichter im Saal löscht und die Gäste zurück zum Appellposten bringt, der ihnen während des Rückwegs zum Flugzeug Rückendeckung gibt. Du wirst maskiert sein und ein Cape tragen, beides wird vor Beginn der Veranstaltung im Verwaltungsmobil für dich bereitliegen. Auch Didier und ich werden uns hinter den Kulissen aufhalten und die Abläufe beobachten.«
    Thomas legt eine Pause ein, trinkt seinen Champagner aus und kommt dann mit gesenkter Stimme noch näher: »Wir haben den Eindruck, du könntest in dieser Rolle ausnehmend nützlich sein, und zwar nicht nur, weil du das Gebäude kennst und natürlich diskret bist. Dir sind doch mittlerweile auch einige der Flughafenleute geläufig, oder?«
    »Der eine oder andere.«
    »Ein fetter, schwarz gekleideter Mann mit Hut zum Beispiel?«
    »Hm – das muss Herr Pietsch sein, ja.«
    »Dieser Mann hat nämlich den ganzen Tag am Cateringmobil verbracht und Fragen gestellt. Und zwar keine ganz harmlosen Fragen – das ist einer, der weiß, wie man fragt, wenn du verstehst, was ich meine. Wir sind ein bisschen in Sorge. Einer unserer Leute hat ihn gestern auch unten gesehen, wir wissen also, dass er Zugang zum Komplex hat.«
    Thomas setzt sich aufrecht hin und sieht zu, wie diese Info bei mir ankommt. Ich versuche es mit noch einem Schluck Champagner, gebe aber zügig auf, wobei ich mir Mühe gebe, mich nicht vor Schmerz zusammenzukrümmen.
    »In deiner Position als pursuivant «, fährt Thomas fort, »wirst du dich am Eingang zum Veranstaltungsort aufhalten und könntest dich bei der Kontrolle dieses Mannes und anderer, die möglicherweise auftauchen, als unentbehrlich erweisen. Was meinst du?«
    »Ich werde darüber nachdenken. Und abwarten, was wir von Smuts hören.«
    Einige Sekunden vergehen, in denen wir uns nur ansehen. Dann lenkt Thomas das Gespräch auf zwanglosere Themen, und schließlich beenden wir das Treffen.
    Müde und verwirrt gehe ich durch den Lebensmitteldschungel. Die Abwesenheit von Rauschmitteln bringt eine zusätzliche Flut von Gefühlen und Gedanken mit sich – nebst einem nagenden Hunger. Ich sehne mich plötzlich nach irgendeinem Zuhause.
    Außerdem habe ich das dringende Bedürfnis, der Erlesenheit zu entfliehen.
    Dieser Wunsch wird von meinem Zimmer im Adlon nicht wirklich befriedigt, aber ich begebe mich trotzdem ins Bett, um gedanklich die Optionen durchzugehen, die jetzt die Spitze meines Kegels umlagern. Zuerst widme ich mich der Frage, ob ich dem Basken und Thomas vertrauen kann. Wenn ich eines über den Master-Limbus des modernen Marktes gelernt habe, dann, dass er einen nie ganz von der Angel lässt – kaum glaubt man, seine Schäfchen ins Trockene gebracht zu haben, läuft die Situation aus dem Ruder, und der Limbus bietet sofort eine Lösung an. Genau das passiert hier. Zuerst war das Versprechen auf einen Veranstaltungsort genug für Smuts’ Freilassung. Diese Situation hat sich aufgelöst und wurde von der Bedingung ersetzt, dass nur der Schlüssel zur Räumlichkeit die Garantie für seine Freilassung sei. Und jetzt wird die nächste Bedingung gestellt: Ich soll Gottfried von den Vorgängen fernhalten.
    Alle anfallenden Gebühren des Master-Limbus werden also bezahlt, von unseren eigenen Rechnungen aber keine einzige. Das, achten Sie darauf,

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