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Das Buch Gabriel: Roman

Das Buch Gabriel: Roman

Titel: Das Buch Gabriel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dbc Pierre
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Verlassen des Zimmers schicke ich den Enthusiasmen einen Impuls, wegen des Gifts, das sie sicher fürs Endspiel vorgesehen haben, denn dieses Zusammentreffen einzelner Elemente ist viel zu organisch, um bloßer Zufall zu sein. Als ich mich allerdings an dem Pfiff versuche, der zu dem Impuls gehört, spucke ich Smuts voll.
    »Was soll die Scheiße?« Er wischt sich mit dem Ärmel ab. »Reiß dich zusammen. Lass uns einfach kurz mit den Jungs anstoßen, danach werfen wir sie raus. Keine Sorge wegen der Sprache. Hast du irgendwelche Visitenkarten? Japaner lieben Visitenkarten.«
    »Was sollte ich denn mit einer Visitenkarte?«
    Smuts kaut auf der Lippe herum. »Stimmt. Dann verbeug dich einfach andauernd.«
    Wir erreichen den Tisch durch ein Dickicht aufsteigenden Zigarettenrauchs. Der Kleinkind-Boss sitzt nickend da, als wir uns umstandslos in die Gruppe einfügen, und aus der Nähe entdecke ich ein Funkeln hinter seinem Entsetzensrand. Tatsächlich stellt sich am Tisch ein Besser-als-erwartet-Gefühl ein, die Geräusche sind einfach nur die einer Männertheatergruppe, die Männer spielen. Ein Nimbus erhebt sich auf die hiesige Art – er riecht nach Haargel und Reis. Zwischen Nicken und Verbeugen mache ich mir Gedanken darüber, wie außergewöhnlich doch die Nimbus-Suchenden sind. Wie Leuchtfeuer erkennen wir einander über jede Entfernung hinweg. Wir sind eine Aristokratie, gesegnet mit der Fähigkeit, uns durch alle Schichten der Kultur zu bewegen und allein durch geistige Übereinstimmung zu kommunizieren. Ja – wir sind nichts weniger als eine natürliche Aristokratie. 21
    Smuts bestellt Whisky bei der Kellnerin. Sie bringt eine Flasche Suntory, und nachdem der Karo-Mann die Gläser gefüllt hat, stößt mich Smuts ziemlich offensichtlich an, hebt das Glas und bringt einen Toast aus auf den alten Mann: »Dienstag deine Frau gebumst«, sagt er. »Trocken wie ein Ziegelstein.«
    Der Mann stockt, sieht seine Kohorten fragend an.
    »Und ich finde, sie benutzt ihre Zähne zu sehr. An Ihrer Stelle würde ich zu Hause mal nachsehen, viel mehr als ein Stummel ist wahrscheinlich nicht übrig.«
    Anspannung umhüllt den Tisch. Gerade will ich Smuts den Ellbogen in die Seite rammen, als einer der Pferdeschwänze das Glas senkt und in höflichem Englisch sagt: »In Japan sagen wir beim Anstoßen eigentlich Campai .«
    Eine Gelegenheit, die Situation zu bereinigen. Ich lächle pflichtschuldig und hebe das Glas. Aber Smuts kann sich ein dreckiges Grinsen nicht verkneifen.
    Der Alte betrachtet ihn eindringlich. Versucht, sein Gebaren abzuschätzen. Dann strafft er sich und haut das Glas auf den Tisch, wobei er einen Satz vom Stapel lässt, der derart beängstigend klangvoll ist, dass er nur etwas mit Kleinkindern zu tun haben kann, die mit Kettensägen spielen.
    Wir fahren zusammen.
    Der Fehdehandschuh wurde geworfen. Die Schergen nicken, wie Japaner immer zu nicken scheinen, ob sie Ja meinen oder Nein. Nach einer Pause wendet sich der Englisch Sprechende an Smuts: »Yoshida-san erlaubt es immer. Da Sie der Herausforderer sind, werden Sie sich uns natürlich anschließen.«
    Mit einem großen Schluck trinkt Smuts seinen Drink aus und stößt mich an: »Jetzt kannst du sehen, wie ich beim Boss punkte. Tomo ist ein viel zu großer Schisser, als dass er ihnen ihre Lieblingsleckerei zum Essen gegeben hätte. Deswegen haben sie eben so rumgelärmt.«
    »Um was geht’s?«, frage ich.
    »Innereien«, sagt Smuts. »Sie fordern mich zu einem Stückchen Leber heraus.«
    Meine Sinne schärfen sich.
    Smuts hat eine stinkende Fisch- und Koksfahne. Er muss sich am Tisch festhalten, um sein Gleichgewicht zu finden, und läuft dann im Zick-Zack-Kurs zur Küche. In seiner Abwesenheit machen die Männer aus dem Nachfüllen meines Glases eine Zeremonie, wobei sie ihre lockere Unterhaltung aus Schnauben und Grunzen wieder aufnehmen. Immer abwechselnd schmeicheln und beschimpfen sie sich, was sie in ihrer Trunkenheit so sympathisch macht wie alte, Karten spielende Damen. Die drei Vasallen entstammen einer niedrigeren Schicht als der Alte, der in jedem Augenblick seine Cleverness auszustellen versucht; bald bekommen seine Rüffel einen fast komischen Ingrimm, und jedes Mal sucht er zuerst Blickkontakt mit mir, damit wir gemeinsam über einen Witz auf Kosten seiner Vasallen lachen. Obwohl die Männer offenkundig irgendeine Sorte Gangster sind, haben sie sich vom Alkohol in Kinder zurückverwandeln lassen – eine glorreiche Wirkung des Nimbus. Ich

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