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Das Buch Ohne Gnade: Roman

Das Buch Ohne Gnade: Roman

Titel: Das Buch Ohne Gnade: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymus , Michael Kubiak
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anständigen Ersatzplan hat, falls er nicht ausgewählt wird. Sonst ist unser ganzes Projekt im Eimer.
    Zu einem lauten Dröhnen verstärkt, hallte Powells einschmeichelnde Stimme ein drittes Mal laut und deutlich durch den Saal.
    »Der nächste Konkurrent, der es ins Finale geschafft hat –das wäre dann Nummer drei von fünf, wie Sie sicher mitgezählt haben – ist der Mann mit der hässlichsten roten Lederhose, die ich je gesehen habe … der Blues Brother! «
    Während das Publikum tobte und begeistert mit den Füßen trampelte, sah Sanchez einen als einer der Blues Brothers verkleideten Farbigen aus der Schar der hoffnungsvollen Konkurrenten auftauchen. Er trug einen schwarzen Anzug über einem weißen Oberhemd mit schmaler schwarzer Krawatte und eine dunkle Sonnenbrille. Auf dem Kopf hatte er, deutlich zu erkennen, Frank Sinatras abhandengekommenen Hut. Er ging zu Nina Forina hinüber und machte dabei einen, wie Sanchez fand, reichlich belämmerten Eindruck. Sie gratulierte ihm mit einer höflichen Umarmung und einem Küsschen auf die Wange, woraufhin er in der Reihe der Finalteilnehmer seinen Platz neben Janis Joplin einnahm. Sanchez kratzte sich am Kopf und versuchte, irgendeinen Sinn in Powells Anspielung auf die »rote Lederhose« zu erkennen. Der Blues Brother trug einen schwarzen Anzug – schwarzes Jackett und schwarze Hose. Vielleicht war der Chef-Juror farbenblind? Erklärte das möglicherweise, weshalb er sich für einen farbigen Blues Brother entschieden hatte?
    Sanchez hatte, loyal wie er war, gehofft, dass Elvis in die Endrunde kam, aber dass er nicht unter den ersten drei Kandidaten war, bedeutete, dass die Chancen seines Kumpels sich gefährlich verringert hatten. Idealerweise wären die beiden letzten Finalisten Elvis und Julius. Elvis könnte dann ganz bewusst im Finale verlieren, sodass Julius sich nur noch gegen drei andere Konkurrenten durchsetzen müsste.
    In Wahrheit waren dies jedoch nur unbedeutende Überlegungen, die vom eigentlichen Problem ablenkten. Sanchez’ Hände schwitzten heftig. Zu wissen, dass blutgierige, fleischfressende Zombies zum Hotel strömten, war schlimm genug. Aber zu wissen, dass seine einzige Chance, den Devil’s Graveyard lebendig verlassen zu können, in den Händen eines James-Brown-Imitators lag, erfüllte ihn nicht gerade mit Zuversicht.
    Oben auf dem großen Fernsehschirm wartete Powell darauf, dass das aufgeregte Publikum sich beruhigte, ehe er die nächste Entscheidung der Jury verkündete.
    »Unser vierter Finalist hat uns alle mit seiner Darbietung geradezu überwältigt. Er ist voller Energie und zweifellos einer der besten Interpreten dieses Wettbewerbs. Ladys und Gentlemen, der vierte Teilnehmer am Finale ist … James Brown! «
    Sanchez war zutiefst erleichtert. Er hatte gleichzeitig die verzweifelte Hoffnung, dass Julius tatsächlich der Retter war, den Gabriel angekündigt hatte. Es wäre wirklich toll, wenn der Typ wirklich das ist, als was er sich ausgibt , flüsterte er mit zusammengebissenen zähnen, während Julius die Schar der Möchtegernstars hinten auf der Bühne verließ. Er hüpfte herum wie ein total Geistesgestörter und stieß dabei die für James Brown typischen heiseren »Heh! Heh!«-Schreie aus. Der Plan galt also noch. Was auch immer zum Teufel der Plan sein mochte.
    Und wieder setzte nach dem Applaus erwartungsvolle Stille ein. »Und schließlich«, verkündete Powell. »Unser fünfter Kandidat konnte sich schon gleich nach der wahrscheinlich besten Gesangsdarbietung der Vorrunde als sicherer Finalteilnehmer betrachten. Ladys und Gentlemen, als fünften Finalisten begrüßen wir … Judy Garland! «
    Das Publikum brach in noch lauteren Jubel aus als bei den vorangegangenen vier anderen Finalisten, nur dauerte der Applaus diesmal bei Weitem nicht genauso lange. Er versiegte, als offenbar wurde, dass Judy Garland sich nicht auf der Bühne befand. Schon bald übertönte das verwirrte Raunen des Publikums die nur noch sporadisch laut werdenden Beifallsbekundungen. Alle schauten sich suchend um, als erwarteten sie, dass die fehlende Sängerin aus irgendeiner Nische oder hinter den anderen hoffnungsvollen – und nun tief enttäuschten – sich auf der Bühne drängenden Konkurrenten auftauchte.
    »Judy Garland?«, fragte Powell forschend. »Ist Judy Garland noch im Saal?«
    Nina Forina stimmte mit ein. »Judy Garland? Vielleicht ist sie längst wieder nach Kansas zurückgekehrt«, sagte sie mit einem übertriebenen Lachen.

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