Das Buch Ohne Gnade: Roman
ließen, als ersteige sie eine unsichtbare Leiter. Sanchez beobachtete aufmerksam, wie die Bewegungen ihrer Arme ihre fest verschnürten Brüste abwechselnd auf und nieder hüpfen ließen. Mein Gott , dachte er. Jeden Moment springt eine von ihnen heraus!
Während er die Kluft am oberen Ende ihrer engen, nur teilweise geschlossenen Jacke studierte, war er überzeugt, eine Brustwarze erkennen zu können, die den Reißverschluss der Jacke überlistet hatte und herausgerutscht war. Er riss die Augen weit auf und begann, Elvis anzustoßen, der rechts von ihm stand.
»Scheiße, Mann – guck doch mal!«, flüsterte er. »Ich glaube, ich kann eine von Candys Brustwarzen sehen!«
Er erwartete, dass sein Freund sich bei ihm für diesen aufmunternden Hinweis bedankte. Stattdessen hörte er eine Frauenstimme. »Danke für den Hinweis, das finde ich hochinteressant«, sagte sie ziemlich kühl.
Sofort wurde Sanchez bewusst, dass es nicht Elvis gewesen war, den er angestoßen hatte, sondern Emily. Er schaute sich um und sah, dass Elvis hinter ihm stand und sich mit Janis Joplin unterhielt. Er spürte, wie seine Wangen sich vor Verlegenheit röteten.
»Oh – tut mir leid«, murmelte er. »Ich dachte, Sie seien jemand anders.«
»Ist schon gut«, erwiderte Emily mit einem leisen Lachen.
» YO , ELVIS !«, rief Sanchez über die Musik seinem Freund zu. » SCHNELL ! ICH GLAUBE, ICH KANN EINE BRUST-WARZE UNSERER GUTEN ALTEN CANDY SEHEN !«
Elvis ließ Janis mitten im Satz stehen und kam herüber. Er blickte über Sanchez’ Schulter und schielte auf Candy, um zusehen, ob sein Freund mit seiner Vermutung Recht hatte. Nach ein paar Sekunden nickte er bestätigend.
»Hübsch.«
Ob Julius’ Auftritt gut genug war, um ihn zum Sieger des Wettbewerbs zu machen, würde Sanchez nie erfahren. Er und Elvis klebten während der letzten Minute des Songs mit ihren Blicken an Candys vorwitziger Brustwarze.
Sanchez war ein leidenschaftlicher Fan von Candy Perez, seit sie mit ihrem Son. »I Love Chubbies« die Hitparade angeführt hatte. Er hatte einmal ein Poster von ihr an die Wand des Tapioca geheftet. Es war nur knapp eine Stunde hängen geblieben, ehe jemand es gestohlen hatte. Damals hatte er sich maßlos über den Diebstahl geärgert, doch das war jetzt vergessen. Wer immer das Poster stibitzt hatte, sollte es in Gottes Namen behalten und sich darüber freuen. Er hatte jetzt etwas Besseres: den Anblick von Candys Brustwarze, der für alle Ewigkeit in seinem fotografischen Gedächtnis gespeichert war. Er brauchte nur daran zu denken und ihm wurde schwindelig. Bei all dem, was an diesem Tag vorgefallen war, hatte er zum Essen keine Zeit gehabt und der Hunger in Verbindung mit Candys Anblick machte ihn benommen.
Als Julius seinen Auftritt beendete und alle – Candy inklusive – aufhörten herumzuhüpfen, verspürte Sanchez einen Anflug von Enttäuschung. Doch er applaudierte und jubelte lauter, als er es bei den vorangegangenen Darbietungen getan hatte.
»Hast du das mitgekriegt?«, sagte er und stieß Elvis abermals an. »Affengeil. Ich habe praktisch ihre ganze Titte gesehen, Mann! Absolut hammermäßig!«
»Elvis ist dahinten«, erwiderte Emily.
»Hm? Oh.« Abermals spürte er, wie seine Wangen rot anliefen. Elvis unterhielt sich erneut mit Janis Joplin. »Sorry. Ich dachte, Sie seien er.«
»Ich weiß.«
»Aber haben Sie das gesehen? Erstaunlich, nicht wahr? Sie hat fantastische Titten.«
»Elvis ist immer noch dahinten.« Emilys Stimme hatte einen deutlich frostigen Unterton.
»Ja, ich weiß. Aber ich muss das mit jemandem teilen, also tun Sie nur für eine Minute so, als seien Sie ein Kerl, okay? Mein Gott, das ist doch nicht zu viel verlangt, oder?«
Emily lachte. »Sie wollen, dass ich so tue, als sei ich ein Mann? Okay.« Sie überlegte einen Moment lang, ehe sie wieder zu reden begann. »Wissen Sie, dass ich sie heute Morgen unter der Dusche gesehen habe?«
»Wie bitte?«
»Ja. Sie war, na ja, völlig nackt – und mit einer anderen Frau zusammen. Sie haben rumgemacht.«
Sanchez hörte, was Emily erzählte, und fühlte sich noch benommener. Seine Beine gaben nach und plötzlich, obgleich er Emilys Stimme deutlich hörte, konnte er sie nicht mehr sehen.
»Sanchez? Ich habe nur einen Witz gemacht. Ich habe das erfunden. Ich habe nur versucht, wie ein Mann zu reden, wie Sie mich gebeten haben. Sanchez? Sanchez? « Sie wiederholte seinen Namen mehrmals, ehe sie plötzlich die Stimme erhob und laut rief: »Hey,
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