Das Buch Ohne Gnade: Roman
seines Hinterns und tat, was ihm gesagt worden war. Die Pistole passte perfekt in den Hosenbund und der kalte Stahl des Laufs schmiegte sich zwischen die schweißnassen Hälften seines Hinterns. Die Zeit wurde knapp. Sie mussten so schnell wie möglich aus der Herrentoilette verschwinden.
»Was nun?«, fragte er.
»Wir sehen zu, dass wir rauskommen. Am besten meiden wir die Lobby – dort hängen zu viele Leute herum, die uns bemerken könnten. Ich schätze, wenn wir uns jetzt links halten, dann kommen wir zum hinteren Teil des Hotels. Dort muss irgendwo eine unbewachte Tür sein. Die können wir nehmen und gelangen auf den Parkplatz. Dann bleiben uns nach meiner Schätzung etwa zwei Minuten, um zu meinem Wagen zu rennen und einen Abflug zu machen.«
»Cool«, sagte Sanchez. »Du gehst aber voraus, okay?«
»Genau. Wenn es Verdruss gibt, dann Ziel mit der Kanone auf die Bösen und schieß gefälligst, klar?«
»Aber sicher doch.«
»Bist du cool?«
»So cool wie nie.«
Elvis verzog das Gesicht. »Ja. Okay. Dann bleib hinter mir. Schätze, uns bleibt kaum noch genügend Zeit.«
Er steckte die Pistole auf dem Rücken in seine schwarze Hose, wo sie von seinem glänzenden goldenen Jackett verdeckt wurde. Offenbar passte sie viel besser hinein als Sanchez’ Pistole bei ihm. Er ging voraus zur Tür und zog sie einen Spalt breit auf. Er blickte wachsam in den Korridor. Sanchez schaute ihm über die Schulter. Niemand war zu sehen. Zufrieden machteElvis einen Schritt, um auch den anderen Teil des Flurs zu überprüfen.
RUMMS !
Ehe Sanchez reagieren konnte, kam ein hochgewachsener Mann in einem grauen Trenchcoat in Sicht. Er hatte Elvis mit einem Schlag auf den Nacken erwischt, der ihn in die Knie brechen ließ. Der Mann beugte sich über ihn und traf ihn mit dem Lauf der Pistole, die er in der Hand hielt, noch einmal am Hinterkopf, diesmal jedoch um einiges härter. Elvis sackte auf dem Boden zusammen und rührte sich nicht mehr.
Scheiße! , dachte Sanchez. Zieh deine Kanone und schieß.
Wohl wissend, dass die Zeit nicht auf seiner Seite war, zog er die Pistole aus seinem Hosenbund. Sie kam schneller heraus, als sie hineingerutscht war, weil sie jetzt von dem Schweiß seines Hinterns glitschig geworden war. Während er nach dem Sicherungsbügel tastete, richtete er sie auf den Mann, der sich über Elvis beugte. Er erkannte den Typen auf Anhieb. Es war der Profikiller, dessen Zimmer und zwanzig Riesen er sich angeeignet hatte.
Invincible Angus zuckte kein bisschen, als er sich umdrehte und den Barbesitzer mit einer Pistole auf sich zielen sah. Dafür zuckte Sanchez in einem fort. Er schloss die Augen und betätigte den Abzug und krümmte sich prophylaktisch, weil er wusste, dass es gleich einen lauten Knall geben würde.
Ein lauter Knall ertönte tatsächlich.
Unglücklicherweise hatte Sanchez mit der Pistole in die Decke geschossen. Der wuchtige Rückschlag schleuderte ihn nach hinten und er krachte mit dem Kopf gegen die Wand in seinem Rücken. Der Aufprall schmerzte wie die Hölle, woraufhin die Welt vor seinen Augen verschwamm und er an der Wand abwärtsrutschte.
Als er auf dem Boden zusammensackte, war er bereits bewusstlos.
EINUNDZWANZIG ♦
Julius schloss seine Interpretation von »Get Up I Feel Like Being A Sex Machine« mit dem charakteristischen James-Brown-Schrei. Er versuchte den Spagat am Ende der Tanzeinlage, schaffte es jedoch höchstens ein Drittel des Weges nach unten. Nun stand er regungslos in einer Art halber Hocke und hatte den Arm in Richtung der Jury ausgestreckt.
Trotzdem gefiel es dem Publikum, und die Juroren – die wussten, dass er auf ihrer Liste der fünf stand, die im Finale auftreten sollten – überschütteten ihn mit überschwänglichem Lob. Vor allem Nigel Powell gratulierte ihm dazu, der bislang temperamentvollste Kandidat der gesamten Show zu sein.
Julius’ Anstrengungen hatten seinen engen violetten Anzug enorm strapaziert. Die Hose stand kurz davor, nach dem versuchten Spagat und der sich daran anschließenden Hocke am Hintern zu platzen. Er sog jetzt den Beifall des Publikums gierig auf und war insgeheim froh, der Peinlichkeit entronnen zu sein, sich die Hose zu zerreißen.
Nachdem er die Ovationen dankbar hatte über sich ergehen lassen, stolzierte er zur Bühnenseite und winkte dabei heftig dem Publikum zu. Auf dem Weg hinaus auf den Korridor kam er an den Konkurrenten vorbei, die noch vorsingen mussten. Was für ein Haufen Trottel. Die armen Schweine hatten
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