Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
Dreifachen. Und für Carlito und Miguel auch.«
»Kommt sofort.«
Sanchez suchte bedächtig nach dem besten Whisky, den er im Sortiment hatte, und schenkte drei Gläser für seine neuen Gäste voll. Er sah, wie seine Hände dabei zitterten, und er bemühte sich, die Drinks schnell auszuschenken, damit niemand es bemerkte. Die Gläser waren so gleichmäßig voll, wie Sanchez es unter den gegebenen Umständen bewerkstelligen konnte, und als er fertig war, stellte er die drei Gläser auf den Tresen neben ein Glas Whisky, aus dem er selbst getrunken hatte.
» Salud y dinero, Jungs«, plapperte er und zwang sich zu einem verkrampften Grinsen. El Santino fixierte ihn mit einem harten Blick.
»Sanchez?«, sagte er.
»Ja?«
»Halt die Fresse.«
»Sicher. ’tschuldigung.«
Der große Mann machte keine Anstalten, seinen Drink anzurühren, und seine beiden Leibwächter machten sich nicht die Mühe, zur Theke zu kommen.
»Ich frage mich, Sanchez – hatte Jefe etwas für mich? Hm?«
»Ja. Er hatte etwas für dich.«
Sanchez war klug genug, El Santino nicht zu belügen, nicht einmal ansatzweise. Der Mann war berüchtigt dafür, Unwahrheiten zu riechen, und er verzieh keinen Täuschungsversuch.
»Und warum hat er es mir dann bis jetzt noch nicht gebracht?«, fragte der große Mann und starrte Sanchez einmal mehr direkt in die Augen. »Warum behält er es so lange für sich?«
Es ist sinnlos, dachte Sanchez. Er musste die ganze Geschichte erzählen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, und das auch noch ohne Gottes Hilfe.
»Ein Mann namens Marcus das Wiesel hat ihn beklaut. Aber ich helfe ihm dabei, es wiederzubeschaffen.«
» Du hilfst Jefe dabei?«
»Ja. Ich kenne jemanden, der darauf spezialisiert ist, gestohlenes Zeug wiederzufinden. Einen Jungen mit Beziehungen.«
Für einen Sekundenbruchteil ließ der Blick aus El Santinos Augen die Befürchtung in Sanchez aufkeimen, der Mexikaner könnte ihn verdächtigen, mehr über den Diebstahl des blauen Steins zu wissen, als er verriet.
»Ich verstehe«, sagte El Santino. »Und wie viel zahlt dir Jefe dafür, dass du die gestohlenen Sachen wiederbeschaffst?«, fragte er.
»Zwanzigtausend.«
El Santino ließ sich zu einem sehr knappen und sehr falschen Grinsen hinreißen.
»Ich sag dir was, Sanchez. Wenn du meine Ware vor Jefe findest, dann bringst du sie auf direktem Weg zu mir, und ich gebe dir fünfzigtausend. Wir kennen uns schon eine ganze Reihe von Jahren, du und ich, und ich vertraue dir.«
»Sicher, geht klar. Was immer du sagst.«
»Gut«, sagte der riesige Gangster und nahm endlich sein Glas Whisky hoch. »Du weißt sicher, warum ich dir vertraue, Sanchez, oder?«
Der Barmann spürte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. Er hasste es, peinliche Fragen beantworten zu müssen, selbst wenn sie von El Santino kamen, und wie immer wartete er auch diesmal bis zum letzten möglichen Moment, bevor er antwortete, in der Hoffnung, dass der andere ihm zuvorkommen und sich die Frage selbst beantworten würde. Was El Santino denn auch tat.
»Ich vertraue dir, Sanchez, weil du nicht dumm genug bist, um zu versuchen, mich aufs Kreuz zu legen. Du kennst mich gut genug, um es sein zu lassen. Und das ist offen gestanden so ziemlich das Einzige , was ich an dir mag.« Er stockte, dann fügte er hinzu: »Du weißt ja, wo du mich findest.«
Er kippte den dreifachen Whisky hinunter, setzte das Glas krachend auf dem Tresen ab und marschierte auf dem gleichen Weg aus der Bar, auf dem er hereingekommen war, flankiert von Carlito und Miguel, die ihre Whiskys nicht angerührt hatten.
Sanchez nahm die beiden Gläser und schüttete sie mit zitternden Händen in die Flasche zurück. Seine Knie schlotterten, und er sandte Dankgebete zu dem, der in Santa Mondega als Gott verehrt wurde, dass Jefe die Tapioca Bar keine zwanzig Minuten vorher zusammen mit Jessica verlassen hatte.
Es war aus zwei Gründen extrem vorteilhaft. Zum Ersten hätte El Santino Jefe – und eine Reihe unschuldiger Beobachter – mit hoher Wahrscheinlichkeit getötet, wenn der Kopfgeldjäger ohne den blauen Stein vor ihn getreten wäre. Und zum Zweiten, weil es bedeutete, dass Sanchez und Elvis die fantastische Summe von fünfzigtausend Dollar verdienen konnten, falls Elvis den Stein vor Jefe fand, statt der zwanzigtausend, die Jefe ihnen geboten hatte. Natürlich ergab sich immer noch das Problem, was Jefe tun würde, wenn sie ihn aus dem Geschäft herausdrängten – doch darum konnte sich
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