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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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sah den letzten Troll durch das Tor auf sich zustürmen.
    Er wollte aufstehen, aber seine Beine gehorchten ihm nicht.
    Er sah zu, wie der Troll näher und näher kam und mit seiner riesenhaften Gestalt das Blau des Himmels verdeckte.
    Der Wächter warf sich dem Ungetüm entgegen. Er schien den Troll förmlich umarmen zu wollen, aber der schleuderte ihn von sich, sodass er durch die Luft segelte und gegen einen Holzpfosten prallte. Michael wartete auf den Angriff des Trolls, aber der rührte sich nicht. Dann sah er, dass das Schwert des Wächters aus dem Nacken des Trolls ragte. Geistesgegenwärtig rollte er sich zur Seite, als das Ungetüm nach vorn kippte.
    Sekunden später zog der Wächter Michael auf die Füße, schützte ihn mit seinem eigenen Körper und rannte mit ihm an den rauchenden Leichen der Kreischer vorbei, vorbei an den kämpfenden Elfen, die Stufen zum Bergfried hinauf. Erst im Inneren ließ der Mann ihn los. Emma schlang ihre Arme um Michaels Hals und klammerte sich an ihn, wobei sie ihn gleichzeitig ausschimpfte, weil er zurückgeblieben war. Einen Moment lang stand Michael einfach nur schwer atmend da. Das rote Glühen aus dem Tunnel war intensiver als je zuvor. Der Lärm der Schlacht wurde von den dicken Steinmauern gedämpft.
    Gabriel schlug die Tür zu und verbarrikadierte sie.
    »Was machst du denn da?« Michael löste sich aus Emmas Umklammerung. »Wenn du die Tür verriegelst, können die Elfen doch nicht hinein!«
    »Die Elfen werden im Hof die Stellung halten.«
    »Aber –«
    »Es ist ihre eigene Entscheidung«, sagte Gabriel. »Wir steigen den Turm hinauf. Vielleicht kommt noch rechtzeitig Hilfe …«
    » Nein! «
    Michael, Emma und Gabriel wandten sich um. Der Wächter war auf ein Knie gesunken. Lange Streifen aus Blut befleckten seine Arme und Beine. Michael hatte nicht einmal bemerkt, dass er verwundet war.
    »Es gibt einen Weg nach draußen.« Der Atem des Mannes klang gepresst, das Gesicht war in Schweiß gebadet. »Ihr müsst durch den Vulkan gehen. Um den Krater des Vulkans führt ein Pfad auf die andere Seite. Es ist der einzige Ausweg.«
    Als er geendet hatte, sank er nach vorn. Michael rannte zu ihm. Noch im Laufen zog er die Chronik des Lebens aus seiner Tasche.
    »Halten Sie durch! Ich kann Sie retten …«
    »Nein … Dafür bleibt keine Zeit.«
    »Aber …«
    »Nein!« Der Mann packte Michael am Arm. Seine Stimme sank zu einem Flüstern. »Gib gut acht! Das Buch wird dich verändern. Vergiss nie, wer du bist.«
    Michael nickte, obwohl er keine Ahnung hatte, was der Mann damit meinte.
    »Bitte, lassen Sie mich Ihnen helfen …«
    »Ich habe einen letzten Wunsch: Bitte sag mir, ob ich meinen Schwur erfüllt habe.«
    Michael konnte kaum sprechen; ein dicker Kloß saß in seiner Kehle. »Ja.«
    »Dann kann ich meinen Brüdern mit erhobenem Haupt gegenübertreten.« Als Michael den Mann betrachtete, hatte er den Eindruck, dass ein riesiges, unsichtbares Gewicht von seinen Schultern abfiel. Mit letzter Kraft stieß der Wächter Michael von sich. »Und jetzt geh. Geh!«
    Michael folgte Emma und Gabriel die Stufen hinunter. Nur einmal schaute er zurück. Der Mann lag bewegungslos da. Seine Augen starrten ins Leere.
    Der Wächter. Die Elfen im Hof. Wilamena.
    Wie viele noch?, fragte sich Michael. Wie viele müssen meinetwegen noch sterben?
    Mit tonnenschwerem Herzen steckte er das Buch in seine Tasche und rannte durch den Tunnel.

Der Tunnel gabelte sich.
    »Wo lang?«, fragte Emma.
    Sie, Michael und Gabriel waren tief in den Berg eingedrungen. Die Höhle, wo Michael mit dem Drachen verhandelt hatte, lag weit hinter ihnen. Mit jedem Schritt wurde die Hitze schlimmer, während sich die Luft zu einem giftschwangeren, roten Nebel verdichtete. Zweimal hatte der Vulkan so heftig gebebt, dass Michael und Emma sich an die Wand lehnen mussten, um nicht umzufallen. Emma bemerkte trocken, dass der Kahlkopf sich wohl beeilen müsse, weil der Vulkan sie sonst umbringen würde, bevor es ihm gelang.
    Jetzt standen sie an einer Gabelung.
    »Wir dürfen nicht den falschen Weg wählen«, sagte Gabriel. »Ihr wartet hier.« Er stürmte in den rechten Gang.
    Michael sank zu Boden.
    Emma kniete sich neben ihn.
    »Es ist nicht deine Schuld.«
    Michael schwieg.
    »Du wolltest ihn retten. Er hat abgelehnt.«
    »Es … es war gut, dass er abgelehnt hat.«
    »Was redest du denn da? Warum war es gut?«
    »Er hat seine Brüder verraten, seinen Schwur gebrochen. Mit dieser Schuld musste er Jahrhunderte lang

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