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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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wieder mit Jake und Beetles auf dem Dach zu sein. Aber dies waren keine Kinderstimmen. Sie klangen rau und kehlig und als ob jedes Wort ihnen Mühe bereiten würde. Dann hörte sie die Stimme der Hexe.
    »Versucht nicht, mich aufs Kreuz zu legen. Sie ist etwas Besonderes.«
    Kate schlug die Augen auf. Sie lag am Boden, Wange und Stirn ruhten auf einem der Teppiche. Ihre Gedanken waren vernebelt. Die Hexe hatte sie betäubt. Etwas war in dem Tee gewesen. Wie lange mochte sie bewusstlos gewesen sein? Neben den Eisenfüßen des Ofens sah sie zwei Paar schmutzige Stiefel.
    »Wir ham noch nie hundert Dollar gezahlt. Das weißte doch.«
    Die Stimme klang wie die eines wilden Tieres, das man sprechen gelehrt hatte. Jedes Wort glich einem Knurren. Kate musste weg hier. Sie betete, dass niemand auf sie achtete, und robbte auf den Eingang zu.
    »Ich sage es euch«, beharrte die Hexe, »diese hier steckt voller Magie. Und es ist mächtige Magie. Mächtiger als alles, was mir je untergekommen ist. Er will sie haben, ganz bestimmt. Glaubt mir: Er will sie haben.«
    »Siebzig Dollar.«
    »Einhundert. Und wenn er meint, dass sie es nicht wert ist, bekommt er sein Geld zurück.«
    »Die Leute sagen ganz verrückte Sachen«, grollte die raue Stimme. »Alle versuchen noch abzustauben, was sie kriegen können, vor der großen Trennung.«
    »Das hat nichts damit zu tun. Hundert Dollar ist fair.«
    »Gut. Aber wenn er nich zufrieden is, kommen wir wieder.«
    Kate wusste, dass ihr die Zeit davonlief. Sie musste es wagen. Sie versuchte, sich hochzustemmen, aber ihre Arme gaben unter ihr nach. Sie war zu schwach. Zu schwach, um zu fliehen. Zu schwach, um zu kämpfen. Ledrige Hände mit scharfen Fingernägeln griffen sie unter die Schultern und hievten sie auf die Füße. Kate sah, wie die Hexe ein Geldbündel abzählte.
    »Bitte …«
    Die Hexe lächelte. Ihre Augen waren noch genauso sanft wie vorhin. »Du hättest um einen Liebeszauber bitten sollen, Kindchen.«
    Kate wurde an der Rückseite des Zeltes ins Freie gezerrt, mitten hinein in die Menschenmenge. Unglücklicherweise half ihr die frische Luft nicht dabei, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Sie versuchte, die Aufmerksamkeit der Passanten zu erregen.
    »Bitte … helfen Sie mir …«
    »Sei still«, knurrte einer ihrer Wächter. »Keiner kümmert sich um dich.«
    Und das schien tatsächlich die Wahrheit zu sein. Denn während die beiden das taumelnde Mädchen durch die Menge zerrten, schauten die Menschen hier und da auf, um nachzusehen, was da vor sich ging, und wandten dann den Blick schnell ab. Kate konnte es ihnen nicht verdenken, denn jetzt, im hellen Tageslicht, konnte sie ihre Kidnapper in voller Größe sehen. Oberflächlich betrachtet, sahen sie aus wie gedrungene, kräftige Männer in dunklen Anzügen und Mänteln, die runden Hüte tief ins Gesicht gezogen. Aber es waren keine Männer. Ihre Haut war die von Tieren, rau, dick und narbig. Ihre Nägel waren lang und scharf, wie Krallen. Die Koteletten an den Seiten ihrer Gesichter bestanden aus abstehenden borstigen Haaren, und ihr Unterkiefer war stark nach vorne gewölbt, wodurch zwei kurze, gelbe Reißzähne sichtbar wurden. Nein, das waren keine Männer. Aber was genau waren sie? Und was hatten sie mit ihr vor?
    »Wohin … wohin bringen Sie mich?«
    »Zum Boss. Jetzt halt die Klappe oder wir reißen dir die Zunge raus.«
    Sie zerrten sie durch eine schmale Gasse. Hier war es dunkel und menschenleer. Die Geräusche der breiten Straße verklangen hinter ihr. Kate wusste nicht, wann sie angefangen hatte zu schluchzen. Es wurde ihr nur mit einem Mal bewusst, dass sie am ganzen Leib zitterte und nicht die Kälte war der Grund dafür. Was ging hier vor? Was würde mit ihr geschehen? Und mit Michael und Emma? Mit ihren Eltern? Wie hatte sie nur so dumm sein können? Warum war sie nicht einfach nach Cambridge Falls zu Dr. Pym gegangen? Sie hatte alle, die sie liebte, dem Untergang preisgegeben!
    Zu allem Überfluss überrollte die Wirkung des Giftes, das ihr die Hexe verabreicht hatte, ihren Körper erneut. Kates Arme und Beine wurden schwer und gefühllos. Sie blieb stehen, aber ihre Entführer schleppten sie einfach mit, zogen und zerrten sie vorwärts, sodass ihre Füße über das Pflaster schleiften. Ihr war klar, dass sie nicht viel länger bei Bewusstsein bleiben konnte. Ihr fehlte die Kraft, um dagegen anzukämpfen.
    Dann hörte sie, wie etwas durch die Luft sauste. Es gab einen dumpfen Aufprall und der Kidnapper

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