Das Buch Rubyn
gibt.«
»Dafür gibt es Trolle«, brummte Emma.
»Na, wenn ich die Wahl hätte, würde ich Trolle jederzeit vorziehen.«
»Dr. Pym«, setzte Michael an, »können Sie uns sagen, wohin wir gehen?«
»Das wirst du schon bald sehen, mein Junge.«
Und dann marschierte er mit seinen schnellen, langen Schritten weiter.
Die Kinder wussten, dass sie hier waren, um nach der Karte zu suchen, von der in Hugo Algernons Brief die Rede war, diejenige, der auch ihre Eltern vor zehn Jahren auf der Spur gewesen waren. Es blieb ihnen auch nicht verborgen, dass Dr. Pym eine Idee hatte, wo sie suchen sollten, aber bislang hatte der Zauberer über das Ziel ihrer Reise geschwiegen.
»Wenn ich euch sagen würde, wohin wir gehen«, hatte er noch in dem kleinen Klippenhaus in Spanien gesagt, »würde ich euch damit nur beunruhigen.«
Als ob diese Ankündigung allein nicht schon reichen würde, um uns Angst zu machen, dachte Michael.
Sie eilten weiter, durch ein Labyrinth aus Straßen, über eine Brücke nach der anderen, und während sie so gingen, warf Michael Emma einen verstohlenen Blick zu. Heute Morgen nach dem Frühstück hatte er seine neue Autorität als ältester Wibberly zu untermauern versucht. Er wollte die Sache klären, bevor sie »zu ihrer Mission aufbrachen«, wie er sich ausdrückte, weil – so meinte er – ihr Überleben davon abhing, dass Emma seinen Anordnungen widerspruchslos folgte.
»Wir sind beide zwölf Jahre alt«, sagte sie.
»Ja, schon. Aber nur noch drei Tage. Ich bin ja eigentlich schon dreizehn.«
»Bis dahin sind wir gleichberechtigt.«
»Aber Kate hat mir die Verantwortung übertragen, weißt du noch? In Miss Crumleys Büro, da hat sie gesagt: Pass auf Emma auf .«
»Wahrscheinlich, weil ihr Blick zuerst auf dich fiel. Wenn sie mich angesehen hätte, hätte sie vermutlich gesagt: Emma, pass auf Michael auf. Er kommt nicht ohne dich zurecht. «
»Das bezweifle ich.«
»Ach, ist ja auch egal.« Emma tätschelte seinen Arm. »Ich passe trotzdem auf dich auf.«
Dann war sie fortgegangen und hatte Kiesel ins Meer geworfen. Und damit war die Sache erledigt gewesen.
»Wir sind da«, sagte Dr. Pym jetzt.
Sie kamen aus einer der zahlreichen Gassen und standen an einem Kai. Vor ihnen erstreckte sich die schier endlose schwarze Wasserfläche. Michael hatte das Gefühl, an eine Grenze gelangt zu sein. Hinter ihnen lag Malpesa mit all den Lichtern und dem Lärm, aber vor ihnen war nur Dunkelheit. Das einzige Geräusch war das sanfte Klatschen der Wellen gegen den steinernen Kai.
»Uns bleiben noch ein paar Minuten«, sagte Dr. Pym. »Die Brücke wird nicht erscheinen, bis die Nacht endgültig hereingebrochen ist.«
»Was für eine Brücke?«, fragte Michael.
»Das wirst du schon sehen, mein Junge. Aber da das wohl unser letzter ruhiger Moment für heute sein wird, wollte ich die Gelegenheit nutzen, und dir etwas geben.«
Mit diesen Worten zog der Zauberer einen Gegenstand aus der Tasche, er hatte die Form und die Größe einer Murmel und bestand aus milchigem, blaugrauem Glas. Ein dünner Draht verlief durch die Murmel und war an einem Lederband befestigt, als ob der Besitzer sie wie einen Anhänger um den Hals tragen sollte.
»Dies erreichte mich vor ein paar Wochen in meinem Haus in Cambridge Falls. Es war keine Nachricht beigefügt, aber auf dem Umschlag stand: »Für den ältesten Wibberly.«
»Und wer hat es geschickt?«, fragte Emma.
»Das, meine Liebe, ist eine gute Frage. Wer weiß davon, dass ihr drei in Cambridge Falls wart? Zuerst fallen mir da der grässliche Magnus und seine Gefolgsleute ein. Aber so etwas Seltsames sieht ihm eigentlich nicht ähnlich. Eine andere Möglichkeit, und das ist nur eine von vielen, wäre –«
»Unsere Eltern«, sagte Michael. Den Absonderlichkeiten der Zeitreise war es zu verdanken, dass ihr Abenteuer in Cambridge Falls stattgefunden hatte, bevor sie überhaupt geboren worden waren, und Dr. Pym hatte ihren Eltern erzählt, was geschehen war – oder besser: was geschehen würde. »Glauben Sie, es ist von unseren Eltern?«
»Ich weiß es nicht. Das ist ja einer der Gründe, warum ich mir Sorgen mache.«
»Und der andere Grund?«
»Dass ich keine Ahnung habe, was dieses verflixte Ding ist. Aber da ich keinerlei Fluch oder sonstiges Übel darin ausmachen konnte, denke ich, es ist an der Zeit, es dir zu übergeben.«
Emma hatte unwillkürlich danach gegriffen, aber der Zauberer fiel ihr in den Arm.
»Meine Liebe, es war an den ältesten Wibberly
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