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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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den normal aussehenden Männern und Frauen schlenderten Zwerge durch die Straße. Sie rauchten ihre langen Pfeifen und niemand nahm Notiz von ihnen. Es gab noch andere Kreaturen, die kleiner waren als Zwerge. Sie hatten keine Bärte, trugen aber Fellmützen. Sie standen in kleinen Grüppchen zusammen und diskutierten, wobei sie ständig mit ihren dünnen Fingerchen aufeinander zeigten. Kate betrachtete sie voller Faszination, bis eine Frau mit einem Korb an ihr vorbeiging und ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Das Gesicht der Frau war lieb, wie das einer freundlichen Großmutter, und Kate wollte sie schon anlächeln. Doch dann sah sie, dass sich der Inhalt des Korbs bewegte: Er war bis zum Rand mit sich windenden Schlangen angefüllt.
    »Komm weiter«, sagten Jake und Beetles. Sie nahmen sie rechts und links am Arm und führten sie von den Schlangen weg.
    An der ersten Bude wurden Perücken aus Feenhaar verkauft, und zwar in verschiedenen Farben: Gold und Silber, Schneeweiß und ein außerordentlich schreiendes Pink. Am Stand daneben gab es Mittelchen, mit denen man Flüche rückgängig machen konnte, direkt danach folgte einer, wo man welche kaufen konnte – für Warzen, Furunkel, Hexenschuss … Es gab drei oder vier Stände, in denen Wahrsager ihre Kunst feilboten. Eine Hellseherin war in Kates Alter und betrachtete sie aufmerksam, als sie vorbeiging. An einer Ecke wurden Kröten verkauft – von einem Mann, der selbst wie eine aussah und seine Waren mit einer tiefen, krächzenden Stimme ausrief. Vor einem großen Zelt hämmerten vier schwitzende Zwerge mit nackten Oberkörpern rhythmisch auf Ambossen. Es war ein mächtiges Geklirre und Gehämmer, während ein fünfter Zwerg am Blasebalg stand und das Feuer der Schmiede so anfachte, dass Kate doch tatsächlich ihren Mantel aufknöpfte. In einem anderen Zelt gab es Eier – nicht nur Dracheneier, sondern auch Einhorneier, Greifeneier, Mantikoreier und welche von Wesen, von denen Kate noch nie etwas gehört hatte. Aus einem Zelt, dessen Eingang mit einem schweren Tuch verhängt war, quoll dicker grüner Rauch hervor und breitete sich gallertartig auf den Pflastersteinen aus. Kate folgte dem Beispiel der beiden Jungen und stieg vorsichtig über die Rauchtentakel hinweg. An einem weiteren Stand standen Tausende mit Korken verschlossene Glasflaschen, und die Jungen erklärten, dass man hier Wandelzauber kaufen konnte. Damit konnte man sein Äußeres verändern, und viele der allzu auffälligen aussehenden magischen Kreaturen bedienten sich ihrer, wenn sie unter Menschen waren. Als Kate und ihre Begleiter vorbeigingen, trank gerade ein hochgewachsener, dünner Mann, dessen Haut mit grünen, schimmernden Fischschuppen überzogen war, eine Phiole leer und verwandelte sich in einen gedrungenen, korpulenten Mann mit braunen Haaren. Und dann war da noch die Bude mit den aufgestapelten Holzkisten und dem Schild, auf dem stand: »Alles, was beißt.« Als sie zum dritten Mal an diesem Stand vorbeikamen, obwohl sie immer nur geradeaus gegangen waren, erklärten ihr die Jungen, dass einige Verkäufer diesen Trick anwandten: Sie ließen den eigenen Stand immer wieder vor den Kunden auftauchen. Schließlich gab es noch Zelte, in denen Männer und Frauen in dunklen Umhängen und mit seltsamen Tätowierungen auf Gesicht und Händen sich eng aneinandergekauert über brodelnde schwarze Kessel beugten, aus denen es nach toten Fischen, verbrannten Haaren und Erbrochenem roch. Um diese Zelte machte Kate einen großen Bogen.
    Die Straße beschrieb eine Kurve und wurde allmählich schmaler und dunkler. Beetles zupfte Kate am Ärmel.
    »Wir sollten umkehren.«
    »Warum? Da gibt es doch noch mehr …«
    »Hier is Gnom-Land. Hier is es nich mehr sicher.«
    »Wer sind die Gnome?«, fragte Kate.
    »Die Gnome sind die Gnome. Das is die Bande, die diesen Teil der Bowery kontrolliert. Die sind erst seit’n paar Monaten hier, aber sie sind echt böse.«
    »Echt böse«, wiederholte Jake.
    »Wir sollten umkehren und zu Rafe gehen.«
    »Ja, keine Mätzchen mehr. Rafe will bestimmt mit dir reden.«
    Kate gab keine Antwort. Ein Gedanke hatte sich in ihrem Kopf festgesetzt: Konnte womöglich jeder Zauberer oder jede Hexe sie durch die Zeit nach Hause schicken? Vielleicht musste sie gar nicht zu Dr. Pym. Vielleicht war es nicht nötig, nach Cambridge Falls zu fahren. Ihr Blick fiel auf eine Frau mit einem dunkelgrünen Schultertuch, die vor einem Zelt saß, dessen Inneres hinter einer Abdeckung aus

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