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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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schmutzig. Lebten sie vielleicht in einem Waisenhaus? Ebenfalls unwahrscheinlich. Kate wusste, wie solche Kinder aussahen. Selbst die rebellischen unter ihnen hatten etwas Gehetztes, das diesen Jungen fehlte. Wo also wohnten sie? Wer kümmerte sich um sie?
    Sie kamen an eine Kreuzung. Ein spindeldünner dunkelhaariger Mann stand mitten in einer kleinen Gruppe von Menschen und redete laut in einer Sprache, die Kate nicht verstand. Er hatte einen langen schwarzen Bart, trug kein Hemd, und in seiner Hand hielt er eine brennende Fackel. Mit einem lauten Schrei strich sich der Mann die Fackel über seine bleiche, eingesunkene Brust, über seinen Arm und seinen Kopf, und plötzlich stand sein ganzer Oberkörper samt Kopf und Bart in Flammen.
    Kate wollte schon schreien und um Hilfe rufen, als die Zuschauer anfingen zu klatschen. Der Applaus klang gedämpft, denn die meisten Passanten trugen Handschuhe. Und dann sah sie, dass die Haut des Mannes weder verbrannt noch verkohlt war – stattdessen grinste er. Was ging hier vor?
    Dann hörte sie es: »Dracheneier! Echte Dracheneier! Züchten Sie Ihren eigenen Drachen!«
    Eine rotgesichtige Frau mit zotteligen Haaren kam auf sie zu. Ihre Hände und Unterarme waren mit Brandnarben übersät. An ihrem Arm baumelte ein Korb, der mit trockenem Stroh ausgepolstert war, und darin lagen drei riesige Eier. Sie waren dunkelgrün und ledrig. Jedes war so groß wie eine Grapefruit, und von allen stieg Rauch auf.
    »Dracheneier!«, rief die Frau und ging weiter die Straße entlang. »In drei Wochen schlüpfen die Kleinen! Wie wär’s mit einem Drachen als Haustier?«
    Kate drehte sich zu den Jungen um, die sich das Fett von den Fingern leckten und völlig unbeeindruckt schienen.
    »Habt ihr das gesehen?«
    »Was gesehen?«, fragte Jake.
    »Was meinst du mit was ? Den brennende Mann! Die Leute haben geklatscht! Und dann diese Frau, die die … Eier verkauft.«
    Der Junge zuckte mit den Schultern. »Der Mann is Yarkov. Der steckt sich ständig in Brand.«
    »Und ich wette, das sind keine echten Dracheneier«, bemerkte Beetles. »Wahrscheinlich schlüpft’n Huhn raus oder so was.«
    Kate war über ihre Reaktion so verblüfft, dass sie unwillkürlich einen Schritt zurücktrat, woraufhin sie von hinten grob angestoßen wurde.
    »He! Pass doch auf, wo du hintrittst!«
    Sie drehte sich um und sah eine gedrungene, bärtige Gestalt, die sie sofort als Zwerg erkannte. Er hatte über jede seiner Schultern eine tote Gans gehängt. Die langen Hälse der Vögel baumelten schlaff über seinen Rücken. Mit einer verächtlichen Bemerkung über trampelige Touristen marschierte der Zwerg davon. Die Gänseköpfe schlugen im Takt gegen seine Fersen.
    »Das war ein Zwerg«, stieß Kate hervor.
    »Klar war das’n Zwerg«, sagte Beetles, der sich jetzt die Zähne mit einem Holzspan säuberte. »Was soll’s denn sonst gewesen sein?«
    »Aber …«, stammelte Kate, »aber …«
    Und dann endlich begriff sie. Sie erinnerte sich an den Tag, an dem sie und Emma mit Abraham am Feuer gesessen hatten. Der alte Hausmeister hatte ihnen erzählt, dass die magische Welt einmal ein Teil der normalen Welt gewesen war. Dann aber hatte sich die magische Welt von dem Rest gelöst und existierte nun im Verborgenen. Abraham hatte ihnen auch das Datum genannt, an dem diese Trennung vonstatten gegangen war: der erste Tag des 20. Jahrhunderts. Kate war im Dezember des Jahres 1899 gelandet. Das bedeutete …
    »Es ist immer noch da«, sagte Kate. »Magie ist immer noch mitten unter uns.«
    »Hier nich«, sagte Beetles und ruckte mit dem Kopf in die Richtung, in die der Zwerg gegangen war. »Zum magischen Viertel geht’s da lang.«
    »Zeig mir den Weg.«
    Kurz darauf stand Kate am Anfang eines Wohnblocks. Die schlammige Straße war voll von notdürftig zusammengezimmerten Buden, Verkäufer priesen ihre Waren an, Kunden drängten sich wegen der Kälte geduckt vorbei. Dafür, dass es sich um eine Straße voller Magier und Zauberei handelte, sah alles ziemlich normal aus, fand Kate. Dann bemerkte sie, dass eins der Gebäude, ein rötliches Haus mit einem breiten Schaufenster im Erdgeschoss, mit jedem Gebäude, das jeweils rechts von ihm stand, die Plätze tauschte, was zur Folge hatte, dass sich das rote Haus langsam die Straße hinauf bewegte. Und Kate sah ein anderes Haus erschauern, wenn eine Windböe es erfasste, und die Fenster eines dritten Hauses zwinkerten ihr ständig zu – was Kate ganz und gar nicht behagte.
    Und zwischen

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