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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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eines der vielen kleinen Dinge, die er an ihr liebte.
    »W as bringt dich denn auf den Gedanken?«
    »Ich habe dein Gesicht gesehen. Du hattest Angst, ich könnte nicht gekommen sein.«
    »Unsinn.« Conn schüttelte den Kopf.
    »Du konntest den Gedanken, mich eine weitere Woche lang nicht zu sehen, nicht ertragen«, beharrte sie.
    »V on wegen«, widersprach Conn, der ihr den Triumph nicht gönnen wollte. »Ich wäre einfach zurück in die Stadt gegangen und nächste Woche wiedergekommen.«
    »Du lügst. In Wahrheit denkst du in jedem Augenblick an m ich, und die Vorstellung, mich eine ganze Woche lang nicht zu sehen, ist dir unerträglich, nicht wahr? So jedenfalls«, fügte sie leiser hinzu, »geht es mir.«
    Statt etwas zu erwidern, zog er sie abermals an sich und küsste sie. Das Glück, das er in diesem Augenblick empfand, machte alle Gefahr und alles Elend um sie herum vergessen – bis ein erneutes Rascheln im Gebüsch ihre Ruhe störte.
    Conn fuhr herum und sah ein weiteres Frauengesicht aus dem Farn auftauchen, blasser und herber und – zumindest in seinen Augen – nicht annähernd so schön wie Nias. Es gehörte Emma, ihrer Aufseherin und wahrscheinlich der einzigen Freundin, die sie auf Erden hatte.
    »Pst, ihr beiden«, sagte die Magd, die anders als Nia kein Eisen um den Hals trug. »Ich störe euch nur ungern, aber ihr solltet euch vorsehen. Wenn de Bracy euch entdeckt …«
    »De Bracy ist weit weg«, entgegnete Conn geringschätzig.
    »Außerdem wird in der Burg Besuch erwartet, wie du weißt«, fügte Nia feixend hinzu, »da hat er sicher anderes zu tun, als nach den Leibeigenen zu sehen.«
    »W ie ihr meint.« Emma schnitt eine Grimasse. »Aber treibt es nicht zu bunt, ihr beiden, hört ihr?«
    »Nun hau schon ab!«, zischte Nia und wedelte mit der Hand, als wollte sie ein lästiges Insekt verscheuchen. Die Magd wurde daraufhin noch ein bisschen röter im Gesicht und verschwand kichernd zwischen den Bäumen.
    »Sie wird aufpassen, wie jedes Mal«, war Nia überzeugt, während sie sich wieder Conn zuwandte. »Und sie wird dafür sorgen, dass mein Korb gefüllt ist, wenn ich am Abend in die Burg zurückkehre, damit de Bracy nichts bemerkt.«
    Conn nickte dankbar. Guy de Bracy war ein Edler am Königshof, ein in die Jahre gekommener Kämpfer, der schon unter dem alten König William gedient und dabei einen Arm verloren hatte. Daraufhin war er mit dem Posten des Seneschalls betraut worden, zu dessen Pflichten auch die Aufsicht über die Sklaven gehörte, die in der Burg ihren Dienst versahen.
    S o wie Nia.
    Sie war noch ein Kind gewesen, als sie aus ihrem walisischen Heimatdorf verschleppt worden war. Im Zuge des Eroberungskrieges, den des Königs Soldaten in den Westen der Insel getragen hatten, hatte ein normannischer Edler einen Vorstoß unternommen, der den britannischen Feind einschüchtern und ihn in die Schranken weisen sollte. Mehrere Dörfer waren niedergebrannt, die Männer hingemetzelt, die Frauen geschändet und die Kinder verschleppt worden – so auch Nia, die schließlich auf den Sklavenmarkt von Birmingham gelangt war, wo sie mehrfach den Besitzer gewechselt hatte und schließlich an einen Getreuen des Königs verkauft worden war.
    Auf diese Weise war sie nach London gekommen und musste als normannischer Besitz leibeigene Dienste verrichten. Der Reif aus Eisen, den sie um den Hals trug, erinnerte sie Tag und Nacht daran. Dass sie die Burg überhaupt verlassen durfte – wenn auch nur in Begleitung einer Freien –, lag daran, dass sie von ihrer Mutter einst in der Kräuterkunde unterwiesen worden war und der alte, vom Reißen geplagte de Bracy die Wirkung eines guten Suds oder einer wohltuenden Salbe überaus zu schätzen wusste.
    Auf einem ihrer Streifzüge durch den Wald, die sie allwöchentlich unternahm, um frische Kräuter und Wurzeln zu sammeln, war Conn ihr schließlich begegnet. Ohne es zu wollen oder etwas dagegen tun zu können, hatten sie sich ineinander verliebt.
    Conn mochte alles an ihr.
    Ihr feengleiches Aussehen, ihr langes Haar, ihren fremdartigen Akzent, in dem ein Hauch von Unbeugsamkeit und Wildheit mitschwang. Vor allem aber war es ihr Wesen, das ihn in Bann schlug – die unbekümmerte Leichtigkeit, mit der sie all das Schreckliche hinnahm, das ihr widerfahren war, und ihr trotz aller Widrigkeiten ungestillter Hunger nach Leben. Noch vor nicht allzu langer Zeit war Conn ein anderer gewesen. Gleichgültig hatte er von Tag zu Tag gelebt, sich e inen Dreck um andere

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