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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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    »V erzeiht«, erwiderte Conn und blickte betreten zu Boden, wo er mit der Stiefelspitze im Sand stocherte. »Ich wollte Euch nicht bedrängen, Chaya. Es ist nur …« Er brach ab und suchte nach passenden Worten. »Ich würde Euch gerne helfen, aber das kann ich nicht, wenn Ihr Euch mir nicht anvertraut.«
    Sie benutzte einen Zipfel ihres Kopftuchs dazu, sich die Augen zu wischen. Dabei kehrte ein zaghaftes Lächeln auf Ihre Züge zurück. »Das ist sehr fürsorglich von Euch.«
    »Aber Euer Vertrauen zu mir geht nicht weit genug, als dass Ihr mir Euer Geheimnis offenbaren würdet«, fügte er ohne Bitterkeit hinzu. »Das verstehe ich.«
    »Nein. Mein Vertrauen zu Euch hat nichts damit zu tun, Conwulf, das müsst Ihr mir glauben.«
    »Ich kann es Euch nicht verdenken, Chaya – denn auch ich habe Euch nicht alles anvertraut«, gestand Conn. Fast flüsternd fügte er hinzu: »Andernfalls hätte ich Euch erzählt, was damals in London wirklich geschehen ist.«
    » Das müsst Ihr nicht«, wandte sie ein.
    »Ich habe Euch von Nia berichtet«, sagte er rasch, ehe er es sich anders überlegen konnte, »aber ich habe Euch nicht erzählt, wie sie gestorben ist. Sie wurde ermordet. Brutal vergewaltigt von einem Ritter, der ebenfalls unter dem Banner des Kreuzes reitet.«
    »Conwulf!« Chayas Entsetzen war spürbar. »Ist das wahr?«
    Er nickte, brachte es jedoch nicht fertig, ihr in die schreckgeweiteten Augen zu sehen. »Als ich sie fand, war sie nur noch ein blutiges Bündel, und das Leben war dabei, aus ihr zu entweichen wie Wasser aus einem löchrigen Gefäß.«
    »W ie entsetzlich! Und der diese grässliche Untat verübt hat …«
    »… ist ein Ritter des Kreuzes mit Namen Guillaume de Rein«, vervollständigte Conn grimmig. Es kostete ihn Überwindung, den Namen des Mörders auszusprechen. Aber es lag auch etwas Befreiendes darin.
    »Aber warum habt Ihr …?«
    »Ihr wollt wissen, warum ich mich dem Feldzug dennoch angeschlossen habe?«, erriet Conn ihre Gedanken.
    »Nicht um Eures Glaubens willen, oder?«
    »Kaum.« Conn hob den Blick. Seine Züge waren hart geworden, seine Kieferknochen mahlten. »Nias Mörder ist ebenfalls in diesem Heer, Chaya. Und er wird büßen für das, was er getan hat, das habe ich geschworen.«
    »Ihr wollt Rache? Das ist der Grund Eures Hierseins?«
    Conn nickte schweigend.
    »Aber hat Jesus Euch nicht gelehrt, Euren Feinden zu vergeben?«
    »Das hat er. Aber auch Ihr habt schon bemerkt, dass die Menschen oft nicht das sind, was sie sein wollen. Das gilt für Christen wie für Juden.«
    »Das ist wahr.« Nachdenklich schaute sie hinaus auf das Meer, das in Dunkelheit versank. Der feurige Himmel war verblasst, nur noch hier und dort kündete ein Funkeln auf d em Wasser von der vergangenen Pracht. Wellen brandeten mit ruhiger Gleichmäßigkeit an den Strand, weiße Schaumkronen tragend, die im Mondschein leuchteten. Sterne traten glitzernd hervor, ihnen gehörte die Nacht.
    »Also hatte Baldric recht«, folgerte Chaya schließlich. »Auch Ihr sehnt Euch danach, Euren Frieden zu finden.«
    Conn betrachtete sie von der Seite.
    Ihre kleine Nase und die weich geformten Wangen.
    Die sanfte Stirn und den Ansatz ihres glänzenden Haars.
    Ihre dunkle, vom Mondlicht beschienene Haut.
    Und wie schon vor wenigen Tagen konnte er nicht anders, als sie zu berühren.
    Langsam hob er die Hand und legte sie an das Tuch, das ihr Haupt wie eine Kapuze bedeckte, streifte es vorsichtig ab und entblößte ihr glattes schwarzes Haar, das nachgewachsen war und ihr Gesicht vollendet umrahmte. Sie ließ ihn gewähren, und als sie sich ihm diesmal zuwandte, sah er kein Entsetzen in ihren dunklen Augen, sondern nur Zuneigung.
    Obschon sie Seite an Seite auf dem Felsen saßen, kam es Conn vor, als wären sie unendlich weit voneinander entfernt. Eine Ewigkeit schien zu verstreichen, während sich ihre Lippen aufeinander zubewegten, gehemmt von dem, was zwischen ihnen stand, ihrer Religion, ihrer Herkunft und den Eiden, die sie geleistet hatten. Doch die Zuneigung war stärker.
    Ihre Münder begegneten sich, nur zaghaft zunächst, so als fürchtete jeder, den anderen zu verletzen. Gehauchte Küsse waren es, sanfte Berührungen, die Conn dennoch den Atem raubten. Er schmeckte Chayas weiche Lippen, spürte ihre Wärme, roch den Duft ihres Haars, und zu der Zuneigung, die er empfand, gesellte sich Verlangen.
    Als er merkte, dass Chaya sich diesmal nicht zurückzog, ja, dass sie seine Liebkosungen erwiderte, wurden

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