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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ihres ganzen verschlagenen Volkes ist.«
    Conn schüttelte trotzig den Kopf, aber er widersprach nicht. Zu viel Enttäuschung war in ihm. Zu viel Schmerz. »Ich will sie nicht verlieren, Pater«, flüsterte er und starrte in die eisige Dunkelheit. »Ich habe schon einmal einen Menschen verloren, den ich liebte und in den ich meine Hoffnung gesetzt habe.«
    »Der Menschen Geist ist wankelmütig, und ihr Fleisch ist schwach, deshalb solltest du dein Vertrauen und deine Hoffnung stets nur auf den Allmächtigen richten. Und was die Jüdin betrifft – du hast sie bereits verloren, Conwulf. Je eher du das einsiehst, desto besser ist es für dich.«
    C onn nickte betreten. Dann setzte er sich langsam in Bewegung.
    »W ohin willst du?«, rief Berengar ihm verdutzt hinterher.
    Conn antwortete nicht. Er hatte keine Ahnung, wohin er gehen sollte, ein festes Ziel hatte er nicht. Aber er wollte auch keine Ratschläge mehr bekommen, so gut gemeint sie auch sein mochten.
    Unter den tief hängenden Ästen knorriger Zedern hindurch erreichte er nach einer Weile eine der Hauptstraßen, die sich durch das Lager zogen und zu deren Seiten große Mannschaftszelte errichtet worden waren. Überall brannten Feuer, und es roch nach gebratenem Fleisch, in Umhänge und Kapuzen gehüllte Gestalten kauerten um die Flammen. Von irgendwo war Gesang zu hören, dazu Flötenspiel und eine Laute. Eine Weihnachtsweise, sanft und voller Wehmut.
    »Conwulf!«, rief plötzlich jemand.
    Conn blieb stehen. An einem der Feuer hatte sich eine kräftige Gestalt erhoben, in der er Herlewin erkannte, einen normannischen Knappen, mit dem zusammen er öfter den Schwertkampf geübt hatte.
    »Herlewin.« Conn nickte dem Normannen zu.
    »Da hat jemand nach dir gefragt«, berichtete der Knappe. »Ein junger Bursche.«
    Ein junger Bursche!
    Unwillkürlich musste Conn an Chaya denken. War sie womöglich ins Lager gekommen? Suchte sie nach ihm?
    »W ann ist das gewesen?«, fragte Conn. »Und wo ist er hin?« Er bemühte sich um Gelassenheit, konnte seine Aufregung jedoch nicht ganz verbergen.
    »W ir haben ihn zu Herrn Baldrics Zelt geschickt, dort müsstest du ihn finden. Frohe Weihnacht!«
    »Dir auch, Freund«, sagte Conn und wandte sich mit pochendem Herzen ab. Um möglichst rasch zurückzugelangen, nahm er nicht den Umweg durch den abgestorbenen Zedernhain, sondern die direkte Strecke, die durch eine Seitengasse f ührte. Unwillkürlich begann er dabei zu laufen. Falls es tatsächlich Chaya war, die ihn als Mann verkleidet besuchte, wollte er nicht, dass Berengar davon erfuhr. Der gestrenge Mönch hätte sonst womöglich …
    »He du!«, rief ihn plötzlich jemand aus einer der dunklen Nischen an, die sich zwischen den Zelten erstreckten.
    Conn hielt inne. »Sprichst du mit mir?«
    »Bist du Conwulf, Sohn von Baldric?«, fragte die Gestalt, von der er nur undeutliche Umrisse wahrnehmen konnte und die ein nur mit Mühe verständliches Französisch sprach.
    »Der bin ich«, bestätigte Conn – und sah unvermittelt eine gekrümmte Klinge in der Dunkelheit aufblitzen.
    »Dann stirb!«, zischte der Schatten, und noch ehe Conn wusste, wie ihm geschah, setzte der Fremde bereits auf ihn zu.
    Die Klinge zuckte heran und berührte seinen Hals, aber Conns durch unzählige Kampflektionen gestählte Reflexe ließen seinen Oberkörper zurückpendeln und brachten ihn außer Reichweite der gefährlichen Waffe. Der Angreifer stieß eine Verwünschung in einer fremden Sprache aus. Er hatte in die Attacke derart viel Schwung gelegt, dass er nun, da er ins Leere lief, ins Taumeln geriet. Sein Gleichgewicht zurückzuerlangen kostete ihn wertvolle Augenblicke, die Conn für sich nutzte. Er bekam die Waffenhand des Burschen zu fassen und verdrehte sie, sodass der Dolch auf dem Boden landete. Zeternd wand sich der Angreifer in Conns Griff, doch der ließ ihm keine Chance mehr. Mit einem Fausthieb schickte er seinen Gegner zu Boden und presste ihm dessen eigenen Dolch an die Kehle.
    »W as sollte das?«, fuhr er ihn an.
    »Ich … will dich töten!«, erklärte der Kerl in seinem schlechten Französisch.
    »W arum?«, knurrte Conn. »Ich habe dir nichts getan! Ich kenne dich noch nicht einmal.«
    Trotz der Dunkelheit, die in der Gasse herrschte, konnte Conn inzwischen das Gesicht des Angreifers erkennen. Er war e in wenig jünger als er selbst, vielleicht zwanzig Winter, hatte kurz geschnittenes schwarzes Haar und fast ebenso schwarze Augen, aus denen Conn namenloser Hass entgegenschlug

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