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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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er ohne Genugtuung, aber auch ohne eine Spur von Mitleid, »wirst du es wohl lernen müssen.«

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25.
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    Feldlager vor Antiochia
Anfang Februar 1098
    Es war dunkel in dem Loch, in das Conn geworfen worden war – eine Grube, die man eigens für ihn ausgehoben hatte und die gerade so groß war, dass er mit angewinkelten Beinen darin sitzen konnte.
    Wie lange er schon darin kauerte, wusste er nicht genau zu sagen – seiner Einschätzung nach war das siegreiche Heer Bohemunds, dem es gelungen war, die schon verloren geglaubte Schlacht bei Al-Bira noch zu wenden, vor rund einer Woche nach Antiochia zurückgekehrt. Für Conn, der in seinem Loch saß, spielte die Zeit keine Rolle, ebenso wenig, wie Tag und Nacht einen Unterschied machten.
    Er war abgemagert infolge der schlechten Ernährung, die man ihm zukommen ließ, und er fror erbärmlich. Und, was noch schlimmer war, er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Immer wieder hörte er Baldrics Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn vor Renald de Rein warnte – warum nur hatte er nicht auf seinen Adoptivvater gehört?
    Der Ausbruch der Berittenen aus der Umklammerung des Feindes hatte dem Schlachtgeschehen die entscheidende Wendung gegeben. Mit dem Mut der Verzweiflung waren die Kreuzfahrer in die ungeschützte Flanke des Gegners vorgestoßen, und ein elendes Morden war entbrannt, schlimmer als alles, was Conn je zuvor erlebt hatte. Über viele Stunden dauerte es a n, und als sich der Tag dem Ende neigte, schien es, als hätte sich der gesamte Grund des Tales mit leblosen Körpern gefüllt – gefallene Muselmanen, aber auch hunderte von Kreuzfahrern, die durch Bohemunds überraschendes Manöver im Stich gelassen worden waren. Irgendwann, so erinnerte sich Conn, war die Kunde durchgedrungen, dass Graf Robert von Flandern und seine Leute, die im Zuge des Kampfgeschehens abgedrängt worden waren, den Sieg davongetragen hätten. Daraufhin ergriffen die verbliebenen Seldschuken die Flucht, und der Tag war gewonnen – nur nicht für Conn.
    Zwei Schergen Renald de Reins hatten ihn mit der Begründung festgenommen, er habe angesichts der feindlichen Übermacht Feigheit gezeigt und seinem Anführer im Augenblick höchster Not die Gefolgschaft verweigert. Bertrands Proteste, Conn hätte unter Einsatz seines eigenen Lebens das seine gerettet, verhallten ungehört – den Rest der Expedition verbrachte Conn in Fesseln.
    Die Rückkehr des Heeres nach Antiochia löste trotz des Sieges keinen Jubel aus. Zu hoch war der Blutzoll, den die Schlacht gefordert hatte, vom Verlust unzähliger Reit- und Lasttiere ganz zu schweigen. Auch war das eigentliche Ziel, Vorräte aus dem Hinterland heranzuschaffen, nicht erreicht worden, sodass sich der Mangel im Lager zu einer regelrechten Hungersnot auswuchs. Brot und Fleisch waren nur noch mit Gold zu bezahlen, und erneut kam es zu Auflösungserscheinungen im Heer, weil die Zahl jener Ritter, die mittellos geworden waren und deshalb mit den Ihren abziehen mussten, von Tag zu Tag wuchs. Die Stimmung im Lager litt entsprechend, und es gehörte nicht viel dazu, sich auszumalen, was vor diesem Hintergrund mit einem Kämpfer geschehen würde, den man der Feigheit und des Verrats bezichtigte.
    Irgendwann – Conn wusste nicht einmal, welche Tageszeit es war – wurden die Steine über seinem dunklen Gefängnis weggewälzt, und der hölzerne Deckel, der die Grube verschloss, wurde angehoben.
    S onnenlicht fiel ein, so grell und blendend, dass es Conn in den Augen schmerzte und er sie mit den Händen abschirmen musste.
    »Rauskommen«, forderte ihn eine barsche Stimme auf, und noch ehe er reagieren oder auch nur etwas erkennen konnte, packten ihn grobe Hände unter den Achseln und zerrten ihn aus der Grube. Conn stieß sich das Kinn und bekam Staub in den Mund. Er hustete und würgte, was seine Häscher arg belustigte. Dann wurde er in die Höhe gerissen und aufgefordert, mitzukommen, was ihn vor große Schwierigkeiten stellte, denn infolge der drückenden Enge seines Gefängnisses waren seine Beine wie taub. Conn versuchte, einen Schritt zu machen, brach jedoch sogleich wieder zusammen. Erneut lachten die Kerle, die er nun blinzelnd als hünenhafte, mit Helmen und Speeren bewehrte Schatten wahrnahm. Mühsam raffte er sich auf die Knie. Als er jedoch versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, fiel er um wie ein nasser Sack, worauf die Wachen ihn kurzerhand ergriffen und mitschleppten. Immer wieder gaben Conns Beine nach, sodass er unentwegt

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