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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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hingegen erkannte Conn sofort.
    Es war Guillaume de Rein.
    Nias Mörder.
    Hätte sich Conn nicht so schwach und elend gefühlt, hätte er vermutlich über die Ironie dieser Situation gelacht. Solange er Renald de Rein gedient und unter Einsatz seines Lebens für ihn in die Schlacht gezogen war, hatte er Guillaume niemals zu sehen bekommen; nun jedoch, da er seine Pflichten vernachlässigt hatte und dafür bestraft werden sollte, stand der Mörder plötzlich vor ihm, ein hämisches Grinsen in seinem blassen Gesicht, das sich für Conn anfühlte, als würde ein glühendes Eisen in eine alte Wunde gebohrt.
    Sein Blick verengte sich, sodass er das Gefühl hatte, nur noch Guillaume zu sehen. Hass züngelte in ihm empor wie eine Flamme, die neue Nahrung erhielt.
    »W as willst du?« Renald de Rein war offensichtlich nicht sehr erbaut über das Auftauchen seines Sohnes.
    »V erzeiht mein unvermitteltes Erscheinen, Vater«, sagte Guillaume und trat näher, wobei der französische Ritter ihm wie ein Schatten folgte. »Aber ich kam nicht umhin zu hören, wie Ihr einen Namen nanntet – einen Namen, den ich in der Vergangenheit öfter zu hören bekam, wie Ihr vielleicht noch wisst.«
    Conn sah den Mörder näher kommen. Sein Herzschlag steigerte sich, Blut rauschte in seinen Ohren. Nur wenige Schritte von ihm entfernt blieb Guillaume stehen.
    »Das ist er also?«, fragte er mit unüberhörbarem Spott in der Stimme. »Das ist der berühmte Conwulf?«
    »Das ist er«, bestätigte der Baron mit offenkundigem Widerstreben.
    »Lasst mich einmal sehen.« Guillaume trat noch näher, worauf Conn den Blick senkte aus Sorge, der Mörder könnte ihn erkennen. Guillaume jedoch packte ihn bei den Haaren u nd riss seinen Kopf ins Genick, damit er ihm ins Gesicht sehen konnte. »Soweit ich es beurteilen kann, ist an ihm nichts Besonderes zu erkennen. Was ich sehe, sind die bäuerischen Züge eines Angelsachsen, nicht mehr und nicht weniger. Ihr müsst Euch in ihm geirrt haben, Vater.«
    Conn hörte kaum, was Guillaume sagte. Er sah das bleiche Gesicht des Frevlers wenige Handbreit vor sich schweben und musste an sich halten, sich nicht mit bloßen Händen auf in zu stürzen.
    »W ie es aussieht, mein guter Conwulf«, fuhr Guillaume gönnerhaft fort, »bist du beim Baron in Ungnade gefallen. So etwas passiert leicht, musst du wissen. Nun wirst du erfahren, was es bedeutet, einen Mann zu enttäuschen, dessen Erwartungen so hoch gesteckt sind, dass man ihnen unmöglich gerecht werden kann.«
    Auch brauchte er sich wohl nicht zu sorgen, der andere könnte ihn erkennen. In Guillaume de Reins Welt existierte niemand außer Guillaume de Rein. Was in London geschehen war, war für ihn nicht mehr von Belang. Er hatte es längst vergessen, ebenso wie Nia. Conn jedoch würde dafür sorgen, dass er sich erinnerte.
    »W as habt Ihr mit ihm vor, nun, da er Euch so sehr enttäuscht hat, Vater?«, wandte sich Guillaume mit vor Häme triefender Stimme an den Baron. »W erdet Ihr ihn für seinen Ungehorsam vierteilen? Oder wollt Ihr ihn lieber hängen, da der Hals eines Angelsachsen doch so geeignet ist für den Strick?« Er lachte heiser, und sein Begleiter und einige Soldaten fielen in das Gelächter ein.
    »Keineswegs. Du solltest wissen, Sohn, dass meine Geduld gegenüber denjenigen, die mich enttäuscht und mein Vertrauen missbraucht haben, beinahe grenzenlos ist. Also werde ich ihm das Leben lassen, schon weil seine Kampfkraft dem Heer erhalten bleiben soll. Stattdessen werde ich mich damit begnügen, ihm das linke Auge auszustechen, damit er in Zukunft nur noch das Rechte sehe. Das soll Baldrics Sohn glei c hermaßen Erinnerung wie Warnung sein, sich mir niemals wieder zu widersetzen.«
    Conn stockte der Atem. In der Vergangenheit hatte er dem Tod so oft ins Auge geblickt, dass er einen Teil seines Schreckens verloren hatte. Die Aussicht, verstümmelt zu werden, entsetzte ihn jedoch sichtlich.
    »Nicht doch«, meinte Guillaume und verzog in geheucheltem Bedauern das Gesicht. »Du solltest dich glücklich schätzen, Angelsachse. Denn der Baron pflegt mit jenen, die ihn enttäuschen, nicht immer so milde zu verfahren. Nicht wahr, Vater ?«
    Das letzte Wort betonte er auf seltsame Weise, aber Conn war zu sehr damit beschäftigt, die Beherrschung zu wahren, als dass er daraus irgendwelche Schlüsse hätte ziehen können. Er begriff, dass er mit dem Rücken zur Wand stand und nichts zu verlieren hatte. Nur noch der eine Wunsch beseelte ihn: wenigstens den

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