Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
von den Dingen, die zwischen ihnen standen.
Nichts von dem Diebstahl, dessen man ihn verdächtigte, und auch nichts von ihrer Schwangerschaft. Nur grenzenlose Überraschung war in ihren Zügen zu lesen, die fülliger und rosiger geworden waren. Der Blick ihrer dunklen Augen war auch nach all der Zeit noch dazu angetan, Conn alles vergessen zu lassen, was sich um ihn herum befand.
So viel hätte es gegeben, das er ihr sagen und dessen er sie versichern wollte, aber es war nicht die Stunde dafür. Wenn Chaya und das ungeborene Kind leben sollten, so musste gehandelt werden.
»Uns bleibt nicht viel Zeit«, sagte Conn. »Unsere Leute sind in die Stadt eingedrungen, und sie kennen keine Gnade. Du musst mit uns kommen, Chaya, rasch!«
»Aber …« Fassungslos glitt ihr Blick von Conn zu Remy, der in seiner blutbesudelten Rüstung einen furchterregenden Anblick bot, dann zu Caleb und wieder zurück. »Ich … ich kann nicht.«
»V ertrau mir, Chaya«, sprach Conn beschwörend auf sie ein. »Remy und ich werden versuchen, dich aus der Stadt zu bringen. Nur so bist du in Sicherheit, und das Kind ebenso.«
»Und Caleb?«
Conn streifte Chayas Cousin mit einem Seitenblick. »W enn er es wünscht, mag er uns begleiten. Aber ich garantiere nicht …«
»Niemals!«, schrie Caleb. »Das fehlte noch, dass ich einem Christen mein Leben anvertraue!«
»Caleb! Hast du nicht gehört, was er gesagt hat?«, fragte Chaya.
»Ich habe es gehört – und ich gebe nichts darauf. Dies ist m eine Heimatstadt, Chaya. Sie hat schon viele Angriffe überstanden und sogar Erdbeben getrotzt.«
»W enn schon«, widersprach Conn, »die Streiter Christi interessiert das nicht. Sie sind bereits innerhalb dieser Mauern, und ihr Zorn ist groß genug, um jeden zu töten, der nicht ihres Glaubens ist. Willst du einen solch sinnlosen Tod sterben, Chaya? Willst du, dass das Kind in dir einen solch sinnlosen Tod stirbt?«
»Nein«, erklärte sie entschieden und wandte sich Caleb zu. »Cousin, ich bitte dich …«
Sie kam nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, denn eine große Gestalt erschien auf dem Gang, deren buschige Brauen finster zusammengezogen waren und aus deren Augen Zorn funkelte. »W as geht hier vor?«
Conn fuhr herum, Remy zückte sein Schwert so rasch, dass man ihm mit Blicken kaum folgen konnte. Schon lag die Klinge auf der Brust des Mannes, bereit, sie zu durchstoßen.
»Nein!«, rief Chaya entsetzt. »Onkel Ezra!«
Conn begriff, dass der Hüne der Mann war, den Chaya in Antiochia hatte treffen wollen. Der Bruder ihres Vaters, ein Kaufmann namens Ezra Ben Salomon.
»Ich bin Conwulf, Baldrics Sohn, und wir kommen in Frieden, Herr«, erklärte Conn knapp, hoffend, dass der andere ihn verstand. »W enn Euch Euer Leben lieb ist, so flieht. Lasst alles zurück und versteckt Euch, bis der Sturm vorüber ist. Nur diesen Rat kann ich Euch geben.«
Er bedeutete Remy, das Schwert sinken zu lassen, worauf Ezra einige Worte sprach, die Conn nicht verstand.
»W as sagt er?«, wollte er deshalb wissen.
»Es gibt Vorratskeller unter den Häusern«, übersetzte Chaya.
»Dann haltet Euch dort verborgen«, nickte Conn dem Kaufmann zu. »Ich werde versuchen, Chaya aus der Stadt zu schaffen und einen Ort zu finden, wo sie und das Kind sicher sind.«
Ezras dunkle Augen musterten ihn. Die krausen Barthaare d es Kaufmanns bebten, aber er widersprach nicht. Wortlos wendete er sich ab und verschwand die Treppe hinunter. Fast gleichzeitig war draußen auf der Straße Hufschlag zu hören. Fackelschein fiel durch das Fenster, Befehle in französischer Sprache wurden gebrüllt.
»Sie sind bereits hier«, drängte Conn. »W ir müssen verschwinden!«
»Ich werde euch zur Stadtmauer führen«, erbot sich Caleb bereitwillig. »Ohne mich werdet ihr euch in den Gassen verlaufen.«
»W arum tust du das?«, fragte Conn misstrauisch.
»Für dich ganz sicher nicht, Christ, sondern für Chaya.«
Conn überlegte nicht lange. Tatsächlich hatte er keine Ahnung, wo sie waren und welche Richtung sie einzuschlagen hatten. Sie würden Chayas streitsüchtigem Cousin wohl oder übel vertrauen müssen.
»Einverstanden«, sagte er, worauf Caleb die Führung übernahm und ihnen voraus die Stufen hinabhuschte. Conn und Chaya folgten hinterdrein, Remy bildete die Nachhut.
Sie hatten das Ende der Treppe noch nicht erreicht, als Chaya einen lauten Schrei ausstieß.
»W as …?«, wollte Conn fragen – aber die Antwort ergab sich von selbst.
Wie angewurzelt war
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