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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dass jedes Wort nach draußen drang. »Das meinte ich nicht, Vater«, versicherte er deshalb leise. »Ich denke nur, dass der König …«
    » Du bist ein Schafskopf. Würdest du dich nur halb so viel um Politik kümmern wie um dein Aussehen, so wüsstest du, dass eine Rückkehr in die alte Heimat außer Frage steht. Sobald wir uns von England abwenden, würden die Pikten wie Heuschrecken über unsere Ländereien herfallen und die Grundlage unserer Macht würde damit unrettbar verlorengehen.«
    »Nicht ganz. Uns bleiben noch immer die alten Besitzungen auf dem Festland, die König William unserer Familie zugesprochen hat.«
    »Natürlich.« Renald lachte heiser auf. »Glaubst du denn, Robert Curthose hätte nichts anderes zu tun, als darauf zu warten, dass die Vasallen seines Vaters zurückkehren? Er und unser König mögen Brüder sein, aber wie du weißt, sind sie so gegensätzlich wie Feuer und Eis und missgönnen einander ihre Kronen. Weshalb also sollte der Herzog der Normandie den Gefolgsleuten seines Bruders die Treue halten, noch dazu, wenn sie gegen Mowbray und Carileph gekämpft haben, die seinen Anspruch auf den englischen Thron unterstützten? Nein, Sohn – die alten Besitzungen sind längst verloren. Unsere Vergangenheit mag auf dem Festland liegen, unsere Zukunft jedoch ist hier.«
    »W as für eine Zukunft?«, begehrte Guillaume auf, und er tat es mit derartiger Leidenschaft, dass seine Mutter ihm einen warnenden Blick zuwarf. »W as hat Northumbria uns schon zu bieten, Vater? Wozu kämpfen wir gegen die Pikten, wozu haben wir gegen unsere eigenen Leute einen blutigen Krieg geführt, wenn alles, was dabei herausspringt, ein Flecken karger Boden und ein Haufen nackter Steine mitten im Nirgendwo sind?«
    »Ein Haufen nackter Steine?«, wiederholte der Baron mit bebender Stimme, seine Wut nur mühsam beherrschend. »W illst du oder kannst du nicht verstehen, dass das alles nur zu deinen Gunsten geschieht?«
    »Zu meinen Gunsten?«
    »Gewiss doch. Für dich mag dieses Land nichts anderes sein als ein nebliges, steiniges Ärgernis, und vermutlich hast d u sogar recht damit. Aber es lebt und wächst, und es entwickelt sich. Auf dem Festland sind wir längst an unsere Grenzen gestoßen. Die Kräfteverhältnisse dort sind festgelegt, und es gibt nichts mehr, was ein Edelmann tun könnte, um den Besitz und den Einfluss seiner Familie zu mehren. Hier jedoch«, fügte de Rein hinzu, wobei er Guillaume mit einem vernichtenden Blick bedachte, »sind dem Wagemutigen keine Grenzen gesetzt. Wärst du nicht ein solcher Schwächling, hättest du dies längst erkannt.«
    »Renald, ich bitte Euch«, sah Eleanor sich genötigt einzugreifen. »Lasst Nachsicht walten.«
    Der Baron lachte freudlos und leerte seinen Kelch bis auf den Grund. »V ermutlich habe ich das viel zu lange getan. Sieh dich doch nur einmal an, Sohn.«
    »W arum?«, fragte Guillaume in einem Anflug von Trotz. »W as stimmt denn nicht mit mir?«
    »Als ob du das nicht wüsstest. Ist der samtene Rock dir nicht stets lieber gewesen als das Kettenhemd? Die Jagd nicht lieber als der Krieg? Und hast du die Wärme einer hergelaufenen Magd der kargen Einsamkeit eines Heerlagers nicht stets vorgezogen?«
    »Ihr seid ungerecht, Vater. Auf zahlreichen Feldzügen habe ich Euch begleitet. Und ich habe ebenso tapfer gegen die Barbaren gekämpft wie jeder einzelne Eurer Ritter.«
    »Das ist wahr.« De Rein nickte. »Deine Klinge ist schnell, und sie tötet unbarmherzig. Aber es genügt nicht, so gut wie jeder meiner Gefolgsleute zu sein. Als mein Erbe musst du besser sein als sie, oder du bist des Namens, den du trägst, nicht würdig.«
    »Mein Gemahl«, mahnte Eleanor, die ahnte, wohin dieser Wortwechsel führen würde.
    »Ihr erachtet mich also als unwürdig, Euch einst nachzufolgen?« Guillaumes Gesichtszüge waren purpurrot geworden, sein Mund ein schmallippiger Strich.
    Renald de Rein antwortete nicht, sondern begnügte sich da m it, ausdruckslosen Blickes in den geleerten Kelch zu starren. Für seinen Sohn jedoch war dies Erwiderung genug. Guillaumes Minenspiel wechselte zwischen Entrüstung, Fassungslosigkeit und unsagbarer Wut. Augenblicke lang schien er nach passenden Worten für eine Erwiderung zu suchen, aber er fand sie ebenso wenig, wie er seine Beherrschung wiederfand. Als Zornestränen heiß und brennend in seine Augen zu treten drohten, warf er den Schürhaken von sich, der klirrend auf den Bohlen landete. Dann wandte sich der junge Normanne ab und

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