Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
Baron, dass Euch der König diesen treuen Dienst nicht vergessen und Euch reich dafür belohnen wird. Beispielsweise, indem Ihr zusätzlich zu Eurem Lehen in Northumbria Eure ehemaligen Besitzungen auf dem Festland zurückerhaltet, zuzüglich einiger neuer Gebiete, die Euch binnen kürzester Zeit zu einem der mächtigsten und wohlhabendsten Männer des Reiches machen werden.«
»Und wenn ich dennoch ablehne?«
»Nun«, gestand Flambard steif, »als guter Christenmensch seid Ihr freilich Eurem Gewissen verpflichtet und müsst wissen, was Ihr tut. Allerdings sehe ich mich genötigt, Euch darauf hinzuweisen, dass Eure Verweigerung der Gefolgschaft nicht ohne Konsequenzen bleiben wird. Für Euch, Eure Familie und Euren Besitz …«
Renald de Rein bebte innerlich. Seine kleinen Augen blitzten den königlichen Berater in unverhohlener Ablehnung an, seine breite Brust hob und senkte sich heftig, seine Hände waren zu Fäusten geballt.
»W ie es den Anschein hat, Mylady«, wandte Flambard sich unvermittelt an Eleanor, »ist Euer Gemahl bei Weitem nicht so klug und vorausschauend, wie wir alle gehofft hatten.«
»Offenkundig«, erwiderte sie nur, und ihre Geringschätzigkeit überraschte selbst Guillaume. Verwundert spähte er zu seiner Mutter hinüber – und erntete ein ermunterndes Lächeln. Für ihren Gemahl schien Eleanor de Rein nichts als Verachtung übrigzuhaben, ihrem Sohn jedoch war sie nach wie vor zugetan und sandte ihm ein aufforderndes Nicken.
Guillaume stand so reglos, als hätte ihn einer der Blitze g etroffen, die draußen über den nächtlichen Himmel zuckten. Atemlos hatte er alles mitangehört, konnte es jedoch kaum glauben. Hatte Ranulf Flambard tatsächlich dazu aufgefordert, des Königs leiblichen Bruder zu töten? Und hatte er als Belohnung dafür die Rückkehr aufs Festland in Aussicht gestellt? Neue Besitzungen und noch größere Macht, Einkünfte in riesigen Mengen?
Guillaume schwindelte ob der Aussichten, die sich plötzlich boten, und als er erneut in die Züge seiner Mutter blickte und die nunmehr drängende Aufforderung darin sah, erinnerte er sich an ihre Worte. Plötzlich wusste er, dass die Gelegenheit, auf die er all die Jahre gewartet hatte, gekommen war.
»Darf ich sprechen, Exzellenz?«, fragte er hastig. Seine Stimme klang dünn und brüchig, die Aufregung war ihm anzuhören.
»Nein«, schnaubte der Baron und schickte ihm einen seiner vernichtenden Seitenblicke. »Du hast nichts zu sagen.«
»Mit Verlaub, ich habe mein Wort nicht an Euch, sondern an den Berater des Königs gerichtet«, widersprach Guillaume tonlos, den Blick starr geradeaus gerichtet, damit er seinem Vater nicht in die Augen sehen musste.
»Und der Berater des Königs gestattet Euch zu sprechen, Guillaume de Rein«, erwiderte Flambard. »W as habt Ihr uns zu sagen?«
Guillaume würgte an dem Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte und ihn am Sprechen hinderte. Unsicher blickte er zu seiner Mutter, die ihm jedoch ermunternd zunickte und ihm abermals zu verstehen gab, dass dies die Gelegenheit war, die es zu ergreifen galt. Ihre Gegenwart gab ihm Kraft und innere Stärke. Er straffte sich und sagte dann mit ruhiger Stimme: »Ich möchte beteuern, dass ich im Gegensatz zu meinem Vater Euer Ansinnen aus tiefster Überzeugung unterstütze. Robert hat sich gegen den König gestellt und damit gegen jedes geltende Recht verstoßen. Selbst jetzt trachtet er n och nach dem Thron von England und ist folglich ein Feind der Krone.«
»W ie schön, dass wenigstens Ihr das erkannt habt, junger Herr«, erwiderte Flambard mit leisem Spott.
»Folglich gehe ich davon aus, dass sowohl Eurer Herrschaft als auch dem Königreich ein großer Dienst erwiesen wird, wenn Euer Bruder nicht mehr unter den Lebenden weilt«, setzte Guillaume seine Ausführungen fort, lauter nun und mit größerer Überzeugung als zuvor. »W enn mein Vater Euch also in dieser Sache seine Dienste verweigert …«
»Ja?«, fragte Flambard lauernd.
»… so bin ich gerne bereit, an seiner Stelle zu tun, was die Pflicht jedes treuen Vasallen ist«, brachte Guillaume den Satz zu Ende und trat einen Schritt vor, sodass der Baron auch optisch ins Hintertreffen geriet.
»Hast du den Verstand verloren?«, rief Renald entsprechend wütend. »Du wirst nichts dergleichen tun!«
»V erzeiht, werter Baron«, mischte Flambard sich ein, »darüber habt Ihr nicht zu befinden. Dem König allein obliegt es zu entscheiden, ob er das ebenso selbstlose wie mutige
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